
sofort von einer zahlreichen Bootsflotte umringt, und von seinem
Geschütz und Steuerruder befreit wurde. Man behandelte die Engländer
freundlich, und fragte, ob sie jetzt Freunde der Holländer
seien und ob das Schiff der East-India-Company gehöre, schlug
aber ihre Gesuche um Anknüpfung des Verkehrs rund ab.
Es ist den Holländern ein Vorwurf daraus gemacht worden,
dass sie ihren Einfluss auf die Landesregierung benutzt haben, um
alle anderen Nationen vom Verkehr mit Japan fern zu halten. Wenn
dies in früheren Zeiten geschah, so ist es kaum verwunderlich,
denn ihre Stellung war eine rein commercielle, keine politische.
Von Jahr zu Jahr wurde es schwerer, den Handel mit Wortheil zu
betreiben; wie sollten sie unter diesen Verhältnissen die Concurrenz
nicht abzuwehren suchen! Man hat aber auch ihren Einfluss auf
die japanische Regierung überschätzt: noch zur Zeit des Titsingh
und Doeff stand das politische System des J y e y a s in voller Kraft,
und sie sprechen es deutlich aus, dass die Japaner sich nicht leicht
von einer Regierungsform trennen würden, welche das Reich 200
Jahre in Frieden erhalten und zu nie gekannter Blüthe erhoben
hatte, und welche die Ausschliessung der Fremden fo rd e r te , dass
Japan keiner Einfuhr von aussen bedürfe, und den Verkehr mit
den Holländern nicht des Gewinnes halber dulde, der für- ein so
grosses Land ganz ohne Belang, wenn überhaupt vorhanden sei.
Ihre eifrige Verwendung für andere Nationen hätte ihnen bei dem
argwöhnischen Charakter der Japaner leicht den eigenen Handel
kosten können, welcher schon auf den allergeringsten Umfang redu-
cirt war, denn sie erhielten kaum für e in Schiff genügende Rückfracht.
Dass sie unter diesen Umständen auf alle fremden Eindringlinge
eifersüchtig, und dass ihnen die Engländer besonders verhasst
waren, welche sie überall verdrängt und ihren Handel in Ostindien
zu Grunde gerichtet hatten, ist nicht befremdend. Als später unter
den veränderten^ Verhältnissen des Welthandels die niederländische
Regierung die japanische zur Eröffnung des Landes zu bewegen
suchte, blieben ihre Bemühungen ohne allen Erfolg. Japan wäre
vielleicht noch heute den Fremden verschlossen, wenn man den
Verkehr nicht ertrotzt hätte.
Der Handelsvorsteher Blomhoff sowohl als seine Nachfolger
in späteren Jahren wurden bei ihren Hofreisen in Y e d d o jedesmal
bis in das Kleinste über die Gestaltung der Verhältnisse in
der westlichen Welt ausgefragt. Das immer häufigere Erscheinen
europäischer und amerikanischer Fahrzeuge in den früher so einsamen
japanischen Gewässern musste die Aufmerksamkeit der Regierung
erwecken. Hunderte amerikanischer Wallfischfänger trieben sich in
jenen Meeren herum, und immer öfter wurden Schiffbrüchige an
die Küste geworfen. Um die Absperrung aufrecht zu erhalten hatte
die Regierung angeordnet, dass alle Schiffbrüchigen von den Behörden
festgenommen und unter Bedeckung nach N a n g a s a k i geschickt
werden sollten, wo man ihnen bis zur Ausheferung gewöhnlich
eingezäunte Tempelgründe zum Wohnorte anwies. Sie
wurden mit Kleidung, Nahrung, Arzneien und allen anderen Bedürfnissen
reichlich versehen, aber freilich am freien Verkehr mit der
Bevölkerung verhindert. Wo Schiffbrüchige schlecht behandelt
worden sind scheinen sie es selbst verschuldet zu haben; die Japaner
sind eine gesittete Nation, in deren Wesen es nicht hegt,
ohne Veranlassung Unglückliche zu kränken. Wenn rohe Matrosen
aus Erbitterung über die von dem Gesetze vorgeschriebene Beschränkung
brutal und gewaltsam gegen die japanischen Beamten auftraten
, so bheb diesen wohl nichts übrig, als Zwang zu gebrauchen
und sie gefangen zu setzen171). Die Gefängnisse in Japan bestehen
aber in mehr oder minder geräumigen vergitterten Zehen, unter
denen man die kleineren wohl Käfige nennen kann, und es mag
vorgekommen sein, dass unbändige Matrosen, deren man nicht
Meister werden konnte, in solchen eingesperrt und auch wohl
transportirt worden sind. Dass sie zuweilen die ärgsten Excesse
begangen haben ist unzweifelhaft; entweihten doch z. B. die in
den Tempeln eingeschlossenen amerikanischen Matrosen dort die
m ) De r Handelsvorsteher Levyssohn, der von 1845 bis 1850 in Desima und bei
allen Verhören der schiffbrüchigen Amerikaner und Engländer während dieser Zeit
gegenwärtig war, sagt darüber Folgendes: «Während meines Aufenthaltes in Japan,
wurden mir 550 Schiffbrüchige von der japanischen Regierung übergeben, und durch
mich ausgeliefert. Sie waren alle von der japanischen Regierung mit Lebensmitteln,
Kleidung und selbst mit ärztlicher Hülfe versehen, und nur solche, die sich wider-
spänstig zeigten,,mit Gefängniss bestraft worden. Die übrigen wurden in Tempeln,
gleich den Niederländern auf D esima eingeschlossen, die Tempelhöfe umpfählt, um
den Zulauf von Neugierigen abzuhalten und Ruhestörungen zu vermeiden. Ich kann
nicht glauben, und mir ist so, etwas nicht bekannt geworden, dass japanische
Matrosen noch in Japan gefangen gehalten, noch weniger, dass solche in Käfigen
im Lande herumgefuhrt werden.« S. Levyssohn: Bladen over Japan. Haag 1852.
v. Siebold: Urkundliche Darstellung der Bestrebungen von Niederland und Russland
zur Eröffnung Japans. Bonn 1854.