
258 Aussichten. Schreiben an die Regierung. IV.
doch für schwierig auszuweichen, wenn sich preussische Kriegsschiffe
vor Y e d d o legten. In ähnlicher Weise äusserte sich Herr Heusken,
der hn Namen seines Chefs die Abschrift einer erst vor wenigen
Tagen — am 2. September — an denselben gerichteten Note der
japanischen Minister des Auswärtigen übergab, aus welcher hervorging,
dass dieselben zur Zeit wenigstens ausser Stande zu sein
glaubten, sich auf einen Vertrag mit Preussen einzulassen. Mit den
Portugiesen hatten sie zwar erst vier Wochen vor Ankunft der
Arkona nach heftigem Widerstreben einen Ilandelstractat geschlossen,
doch kam dieser nur deshalb zu Stande, weil sie den Holländern
einige Jahre zuvor ausdrücklich versprochen hatten mit Portugal
wieder in Verkehr zu treten, und der holländische Resident jetzt
auf Erfüllung der eingegangenen Verpflichtungen bestand.
Ungeachtet dieser wenig versprechenden Eröffnungen richtete
Graf Eulenburg sogleich eine Note an die japanischen Minister,
worin er seine Ankunft und den Zweck seiner Sendung anzeigte,,
und den Wunsch aussprach am Lande zu wohnen. Der französische
und der amerikanische Vertreter stellten ihm beide in der zuvorkommendsten
Weise ihre Häuser zur Verfügung, doch war das
Personal der Expedition für solche Gastfreundschaft zu zahlreich, und
der Gesandte musste es vorziehen, die; ja p a n i s c h e Reg i e rung
um Anweisung einer passenden W ohnung für sich und sein Gefolge
zu ersuchen. Herr Heusken übernahm die Besorgung des Schreibens,
welches deutsch abgefasst und von einer holländischen Uehersetzung
begleitet war. — Noch an demselben Abend erschien ein Beamter
— natürlich in doppelter Ausgabe — an Bord der Arkona, welcher
erklärte, mit der Antwort des Ministeriums beauftragt zu sein,
und vorgelassen zu werden verlangte; Graf Eulenburg Hess die
Herren von dem wachthabenden Oöicier und dem Attache du jour
in der Vorcajüte empfangen. Ihr Auftrag war mündlich: ein Haus
zur Aufnahme des Gesandten werde eben eingerichtet und solle
am folgenden Mittag bereit sein; wolle derselbe um diese Zeit
landen, so werde er gebührend empfangen werden; man möge die
Zahl der erforderlichen Sänften und Pferde angeben. Sie erhielten
zur Anwort, man wisse die Höflichkeit zu schätzen, mit der sie sich
beeilt hätten noch an demselben Tage und so spät Abends die gewünschte
Zusage zu überbringen, die Etiquette erfordere aber eine
s ch r i f t l i ch e Erwiederung, welche auch zur Vermeidung aller
Missverständnisse wünschenswerth sei. Die Japaner wandten ein,
IV Antwort der Minister. Landung. 259
dass dadurch bedeutende Verzögerungen entstehen würden, da am
folgenden Tage der französische Minister-Resident eine Audienz
beim T a i k ü n 2) habe; erst am Freitag könne das Antwortschreiben
abgefasst, und müsse dann noch in das Holländische übersetzt
werden. Sie erklärten sich aber bereit, der Regierung die Wünsche
des Gesandten zu melden. ip j|D ie Unterhaltung wurde holländisch
geführt , die Japaner hatten ihren Dolmetscher bei sich; ihr Benehmen
war durchaus anständig, fein und gesetzt, sie sprachen ruhig und
bestimmt,' ohne zu stocken. »Wir sehen Sie zum ersten Male«,
hiess es, » u n d Sie empfangen uns wie alte Freunde«. Dabei schienen
die Vorgesetzten Erfrischungen, namentlich Goldwasser und Cigarren,
ihren Beifall zu haben. Man trank sich gegenseitig zu, und sie
verliessen das Schiff* in der besten Laune.
Schon am 6. September kam die schriftliche Antwort, sie c. s eptbr.
war japanisch verfasst und von einer holländischen Uehersetzung
• begleitet. Der Gesandte sass grade bei Tische und man führte die
Japaner in die Officiersmesse, wo sie es sich bei Champagner und
Liqueüren eine Zeit lang gefallen Hessen, dann aber dringend baten,
wie die Abgeordneten am Tage zuvor in der Vorcajüte empfangen
zu werden; man that ihnen nach aufgehobener Tafel gern den Willen
und sie entfernten sich befriedigt. Das Schreiben der Regierung
enthielt nichts Neues; Graf Eulenburg liess sagen, dass er am
Sonnabend an das Land zu gehen denke und um einen Beamten
bitte, welcher den Booten den Weg zeigte.
Sonnabend den 8. September Morgens regnete es in Strömen, & S cp ib » .
so dass die Abfahrt von der Arkona um zwei# Stunden verschoben
werden musste. Erst um Mittag bestieg man die Boote, welche — in
Kreuzesform geordnet — auf das Land zuruderten, während die mit
Flaggen festlich geschmückte Arkona den schuldigen Salut gab. Vorauf
fuhr die erste Pinasse, dann der Cutter, dann die Gig des Geschwaderchefs
mit dem Gesandten, dann die zweite Pinasse, auf den Flanken
die beiden Barcassen. Alle Boote waren armirt. Die Fahrt-— fünf
Seemeilen — nahm bei dem schlechten Wetter und der starken
!) Der Ausdruck » T a Ik ü n » für S iogun ist ganz neuen Datums, und kommt erst
seit dem Abschluss des englischen Vertrages 1858 vor. Er scheint ausdrücklich für
die Fremden erfunden und in Japan nur den mit ihnen verkehrenden Beamten bekannt
zu sein. Da dieser Ausdruck schon gewissermaassen in die europäischen Sprachen
übergegangen ist, so muss er in den folgenden Blättern wohl heibehalten werden,
um so mehr als der richtige Titel S iog u n nur wenig bekannt ist.