
dem O - g a v a und dem Festungsgraben, des höher gelegenen T a ik ü n -
Palastes durch ein künstliches Schleusensystem in • Verbindung zu
stehen scheinen. In allen Canälen der niedrig gelegenen Stadttheile
und m den zahlreichen in sie mündenden Abzugsgräben steigt und
fällt das Wasser mit der Ebbe und Fluth; die letzteren werden zur
Ebbezeit meist ganz trocken.
Das S ie o umschliesst die Paläste der kaiserlichen Titular-
brüder, des Gouverneurs von Y e d d o und anderer Ho chwürden-
träger. Das S o to - S ie o besteht in seinem nordwestlichen und südlichen
Theile fast ganz aus den Y am a sk e ’s von D a im io ’s und hohen
Beamten., nur wenige Strassen werden von Krämern und Handwerkern
bewohnt; nordöstlich verläuft es sich aber in das grosse
Handelsquartier, welches fast den ganzen ebenen Raum zwischen
dem Schloss und dem O - o a v a ausfüllt. Von einer »dreifachen
Ringmauer« kann streng genommen nicht die Rede sein; die innerste
Enceinte des T a ik ü n -Palastes ist nur südöstlich von dem
S i e o , an allen anderen Seiten aber von dem S o t o - S ie o begrenzt,
das gegen Nordosten offen ist. Das S ie o dagegen ist gegen das
S o t o - S ie o vollständig abgeschlossen, und man muss allerdings
eine dreifache Mauer passiren, um von Süden oder Norden kommend
durch das S o t o - S ie o und das S ie o nach dem T a ik ü n - Palaste
zu gelangen.
Das grosse Stadtviertel zwischen dem Schloss und dem Fluss
ist der Mittelpunct von Handel und Wandel und von mehreren
Canälen durchschnitten. Heber einen derselben führt die »Brücke
von N e p p o n « ! | N i p p o n - B a s i , | j - von wo alle Entfernungen im ganzen
Lande gemessen werden. Sie ist der Endpunct des T o k a id o , der
grossen Heerstrasse vom Westen und Süden des Reiches; ’ eine
andere führt von hier nach dem Norden von N i p p o n . Der T o k a id o
ist die einzige breite Strasse dieses sehr bevölkerten und von Kaufleuten
aller Art bewohnten Stadttheiles, alle übrigen sind
eng; jedes Haus ist ein Laden, die meisten zweistöckig,, doch pflegt
das obere Stockwerk nur niedrig zu sein und zum Aufbewahren
der Kaufmannsgüter und Fabricate zu dienen. Am O - o a v a und
den in ihn mündenden Canälen liegen ganze Reihen feuerfester
Pack- und Lagerhäuser, und auch in den Strassen sieht man viele
feuerfeste Gebäude. — Dieses Stadtviertel bildet mit dem Schloss
und seiner Umgebung den eigentlichen Kern der Hauptstadt, hier
ist jedes Fleckchen bewohnt. In den angrenzenden Stadttheilen
ringsum. wechseln die stark bevölkerten Quartiere der Krämer und
Handwerker mit weitläufigen Tempelanlagen und den Grundstücken
einzelner D a im io ’s . Erstere hegen meist auf den Höhen, beschattet
von immergrünen Gehölzen, umgeben von ausgedehnten Friedhöfen,
und auch die Grundstücke der Grossen umschliessen hier prächtige
Park- und Gartenanlagen. Ueberall sieht man Grünes, fliessendes
Wasser und die mannichfaltigsten Bauten. Die Vorstädte dehnen
sich nach allen Richtungen weit in das Land hinaus und haben
Mellon manches Dorf verschlungen; man kann den Hauptverkehrsadern
folgend noch meilenweit zwischen zusammenhängenden Häuserreihen
wandern, gelangt aber durch die Nebenstrassen bald in
die lachendste Landschaft; Acker- und Gartenbau ziehen sich hier
und da bis mitten in die volkreichsten Quartiere, so dass die Grenzen
der Stadt schwer zu bestimmen sind.
Die Uferlinie von Y e u d o gegen das Meer ist unregelmässig
halbkreisförmig, das Wasser so seicht, dass Schiffe von zwanzig
Fuss Tiefgang mindestens fünf Seemeilen von der Küste ankern
müssen. Bis zwei Meilen vom Ufer beträgt die Tiefe nur zwei bis
drei Fuss; zur Zeit der Ebbe liegen ganze Strecken trocken, und
selbst für Boote geringer Grösse ist das Fahrwasser schwer zu
finden. Der Boden ist ein lehmigei unergründlicher Schlamm, durch
den Wechsel von Ebbe und Fluth beständig aufgerührt, daher das
Wasser trübe und schmutzig, mit Ablagerungen, welche die beiden
Flüsse zuführen, geschwängert und sehr fischreich. Hier und da
stehen verwitterte Pfähle, von denen gierige Cormoranten starren
Blickes ihrem Raube lauern. Wenige Fischerboote beleben diesen
Theil der Rhede, die ganze Scene hat etwas Oedes und Wüstes.
Etwa drei Seemeilen vom Ufer hegen einige alte Schiffe, nach
europäischem Muster in Japan gebaut, in trübseligem Zustande,
halb abgetakelt und ganz unbrauchbar, und selbst die von der
Königin von England 1858 geschenkte Dampfyächt erscheint äusserlicli
alt und verbraucht, weil die Japaner als unverbesserliche Hasser
jeden Anstriches gleich nach der Uebergabe alle Farbe abgekratzt
haben. Dagegen sehen alle japanischen Dschunken, die niemals
angestrichen werden, so sauber und neu aus wie blank gescheuerte
Bötticherwaare. Die meisten ankern in der breiten Mündung des
O - o a v a , wohin längs der Nordseite der Bucht ein schmales Fahrwasser
von geringer Tiefe führt. Jenseit der ersten Pfahlbrücke
scheint der Fluss nur für Kähne schiffbar zu sein.