
bilden, von zweierlei Art, cylindrisch runde und concave, die in
Reiben mit einander abwechseln wie die sogenannten Mönche und
Nonnen mittelalterlicher Gebäude in Europa. Zuweilen sind die Dachsteine
des Eirstbalkens und der von da herablaufenden Wülste mit
schneeweissem Mörtel sehr sauber zusammengefügt, — es sieht auf
dem schwärzlichen Grunde aus wie ein Spitzenmuster. Die Häuser
des T o k a i d o haben meist einfache Dächer von graden Linien; bei
grösseren Gebäuden — Tempeln, Thoren und dergleichen — ist
der Dachstuhl sehr complicirt, die Linien nach allen Seiten
geschweift. Bei den Schindeldächern liegen die einzelnen sehr
dünnen Holzplättchen in mehreren Lagen wie dichte Schuppen
aufeinander, so dass man kein Ritzchen gewahrt; die Arbeit ist
zugleich zierlich, fest und elastisch, und widersteht,- ohne mit
Steinen beschwert zu sein, jedem Regen und Sturm.
Das Colorit der japanischen Strassen ist einförmig: schwarzgraue
Dächer, hier und da mit weisser Spitzenverzierung, feuerfeste
Häuser von schwarzem oder weissem Stuck; alles Uebrige ist-
Holzwerk, dessen natürliche Farbe vom hellen Gelb des frischen
Tannenholzes durch alle Nüancen des Roth- und Schwarzbraunen
bis zum verwitterten Grau wechselt. Vor vielen Kaufläden hangen
braunrothe oder indigoblaue Gardinen herab; nur die vielgestaltigen
Aushängeschilder, welche deren Bestimmung meist symbolisch
anzeigen und dem Fremden eben so unverständlich sind als
die sie begleitenden Schriftzeichen, glänzen in bunten Farben.
Hier winkt ein frei in der Strasse stehender Kobold in den Spiel-
zeagladen, dort baumelt ein gigantischer Fächer, bunte Fahnen
wehen von langen Bambusstangen; vor den grösseren Kaufhäusern
aber steht meist ein hohes Balkengerüst, von dem unter zierlich
geschnitzter Bedachung ein langes Schild mit goldener oder rother
Inschrift auf buntem Grunde herabhängt; zuweilen thront auf dem
Firstbalken ein phantastisch geschnitzter Drache mit geringeltem
Schuppenschweif. Die wenigen grellen Farben beleben angenehm
den nüchternen Grundton, der Eindruck des Ganzen ist durchaus
harmonisch.
Viel umfangreicher als alle anderen Häuser des T o k a i d o . sind
die Seidenhandlungen. Die ganze Front des unteren Stockwerkes ist
nach der Strasse zu offen und nur gegen die Sonne durch blaue
Gardinen verhängt, auf denen die Firma in grossen weissen Schriftzügen
prangt. Den Estrich bedecken, wie überall, feine. Matten,
auf denen viele jugendliche Commis kauern, einige mit den Büchern
beschäftigt, andere den vor ihnen sitzenden Kunden die Waare
vorlegend. Vornehme Käufer werden in das obere Stockwerk geführt.
Das untere bildet eine weite, tiefe Halle, deren Decke viele
Holzpfosten tragen; Waare ist nirgend zu sehen und wird erst auf
Verlangen aus den Kasten und Fächern hervorgeholt. Man findet
hier schöne Crepps und schwere geblümte Stoffe, ferner feingestreifte
Zeuge in milden graublauen und bräunlichen Nüancen, welche dem'
europäischen Geschmack Zusagen würden. Aber die Stücke sind
von sehr geringer Breite und nur zwanzig bis dreis'sig Fuss lang,
wie sie wohl zu japanischen; aber nicht zu europäischen Frauenkleidern
ausreichen, und man findet selten zwei von ganz gleichem
Muster. Das Gewebe ist fest und gleichmässig, aber meistens ohne
Glanz, und sieht daher sehr anspruchslos, oft bei den kostbarsten
Stoffen wie Baumwolle aus.
Alle übrigen Kaufläden sind kleiner als die Seidenhandlungen,
bieten aber fast durchweg Gegenstände von grossem Interesse. Bei
den Waffenschmieden findet man lange und kurze Schwerter aller
Art in grösster Manniclifaltigkeit. der Klingen, Hefte und Scheiden,
kein einziges, bei feststehender Grundform, dem anderen ganz
gleich. Das japanische Schwert kann vielleicht für die. schönste
Hiebwaffe gelten; die Klinge ist wuchtig und leicht gekrümmt,
das Heft mit Rochenhaut überzogen und darüber oft mit dicken
seidenen Schnüren beflochten, das ovale Stichblatt von Eisen, die
Scheide von Holz und mannichfach verziert und beschlagen. Am
reichsten sind der Knauf und das Stichblatt gearbeitet, theils erhaben
und kunstvoll ciselirt, theils gravirt und mit Gold, Silber und
bunten Legirungen eingelegt, bald in verschlungenen Linearmotiven,
bald in charaktervoller Darstellung von Blättern, Blumen, Masken,
Hausrath, von Menschen- und Thiergestalten. Meistens wird die
eingelegte Arbeit mit der gravirten und erhabenen verbunden, und
man sieht vollständige Genrebilder, ja ganze Landschaften im kleinsten
Raum. Aehnliche Verzierungen sind auf beiden Seiten des
Heftes befestigt und unter den Seidenschnüren oft halb verborgen.
In den Scheiden der kleineren Schwerter steckt unterhalb des Stichblattes
gewöhnlich ein kleines Messer mit verziertem Metallgriff;
darunter sitzt ein metallener Buckel durch welchen eine seidene
Litze gezogen ist, — eine Art Portepee wie es scheint, — die keinen
praktischen Nutzen hat. Der Lack der Scheide ist bald schwarz,