
denn sie suchten die Kauflust durch neue ungesehene Sachen immer
wieder auizustacheln und brachten zuweilen sehr artige Kleinigkeiten
als Geschenk. S e b i , der weit über der gewöhnlichen Rotte
der Krämer stand, verehrte seinen besten Kunden hin und wieder
eine Schachtel mit Küchen oder bemalten Wachskerzen, zierlich
mit rothen und silbernen Papierschnüren zugebunden, wie das bei
Geschenken in Japan üblich ist, und mit einem Stückchen getrockneten
Fisches begleitet, der bei keiner Gabe fehlen darf und an
die alte einfache Lebensweise der Eingeborenen erinnern soll. _
Was die Preise betrifft, so behandelten die Krämer uns offenbar
als vornehme Leute, die nach japanischer Sitte Alles doppelt bezahlen
müssen. Die B u n y o ’s erwiederten auf unsere Klagen wegen Ueber-
theuerung sehr kaltblütig, dass Leute ihres Standes, wenn ihnen eine
Sache gefiele, immer den geforderten Preis zahlten; das Dingen
scheint gradezu unanständig zu sein, der vornehme Japaner bezahlt
und verachtet den Krämer. Die europäischen Kaufleute in Y o k ü h am a
beklagten sich bitter über die Unzuverlässigkeit der japanischen,
welche bei ihren Lieferungen nach Muster in den Ballen und Kisten
gute, probehaltige Waare nur obenauf, inwendig aber lauter geringe
zu packen pflegten; werden sie auf einer Betrügerei ertappt, so
lachen sie, und begreifen nicht dass man zürnt. Das Ehrgefühl und
die Scham der Rechtschaffenheit scheint diese Classe gar nicht
zu kennen.
Ein merkwürdiger Schlag sind die Stallknechte, B e t t o ’s . —
Die in A k a b a n e ab- und zugehenden Mitglieder der Expedition jnie-
theten, die beständig dort bleibenden kauften sich meist Pferde; zu
jedem braucht man einen B e t t o , der für die Wartung sorgt und
bei Ausflügen seinem Herrn voranläuft. So- war denn unser Stall-
personal sehr zahlreich. Die B e t t o ’s sind muntere durchtriebene
Burschen, sehr tüchtig in ihrem Dienst, aber schwer zu lenken,
rechte Naturmenschen wie sie der Umgang mit Thieren zu erziehen
pflegt, von prächtiger Gestalt, «mit breitem Brustkasten und eisernen
Muskeln, immer lustig und guter Dinge, voll Feuer und Frische,
Bei unseren Ritten sprangen sie, es mochte noch so schnell gehen,
immer in muthwilligen Sätzen voran, oft triefend und aufgelöst’
doch immer lachend und jauchzend: es war ein prächtiger Anblick,
besonders wenn sie, bei schnellem Laufen den Rock um die Lenden
gürtend, mit nacktem Oberkörper und Schenkeln dahinrannten.
Man sah Stellungen und Bewegungen, eine Entwickelung männlicher
Schwungkraft und Gewandtheit, zu denen unser tägliches Leben
niemals Gelegenheit bietet. Der B e t t o muss beim Anhalten immer
gleich bei der Hand sein, uin den Pferden, die es in Japan so verlangen,
die Mäuler auszuwaschen. j — Zu Hause waren sie nicht viel
werth; der Stall musste von unseren Leuten beaufsichtigt werden,
sonst verjubelten die B e t t o ’s das Futtergeld; es gab fortwährend
Zank und Aerger. Man war gezwungen die Zahltage für jeden
anders zu legen, denn häufig verschwanden sie nach empfangener
Löhnung auf einige Tage und Nächte ganz, trieben sich in den
Schenken herum, und kamen nicht eher wieder bis Alles durchgebrächt
war, — sie sahen dann sehr hohläugig und verschwärmt
aus, thaten reuig und demüthig, und schworen hoch und theuer
sich bessern zu wollen. Die B e t t o ’s spielen, trinken und lieben
das schöne Geschlecht, sind zu jedem Wagniss, zu jeder Schlägerei
aufgelegt, aber ihrem Herrn unbedingt ergeben. Beim Antritt des
Dienstes erhielt jeder einen Rock mit dem Namenszuge oder Wappen
seines Gebieters auf dem Rücken; — sie thaten es nicht anders,
identificirten sich dann aber auch ganz mit ihrem Ernährer. Sie
haben ein lebhaftes Ehr- und Standesgefühl; glaubte einer sein
Recht verletzt, so musste sein Herr ihm Genugthuung verschaffen,
und wenn das nicht nach Wunsch geschah, gingen wohl alle seine
Freunde mit ihm davon. So blieb der Stall oft ohne Bedienung. ~ •
Wie in Japan jeder Stand, selbst jede Verbindung von mehreren
Menschen, so haben auch die B e t t o ’s ihr gemeinsames Oberhaupt, das ’
schwere Abgaben von ihnen erhebt, für ihre Interessen und ihr Unterkommen
sorgen, und sie, wie es heisst, in Zeiten der Dienstlosigkeit
ernähren muss. In unserem Stall nahm der Stallknecht des Gesandten
sogleich die Stellung eines »Ober- B e t t o « an und behauptete über
seine Kameraden eine gewisse Autorität. Es scheint auch sehr
feine Standesunterschiede unter ihnen zu geben. So geschah es
dass Einer von uns seinen B e t t o wegen grösser Unlenksamkeit
fortjagte, und einen anderen in Dienst nehmen wollte, der häufig
mit den Miethpferden gekommen war und sich durch sein ruhiges
und gesetztes Wesen vortheilhaft vor den anderen auszeichnete:
dawidersetzten sich aber alle übrigen; das sei ein »A kim d o - B e t t o « , ein
Kaufmannsstallknecht, mit dem sie nicht dienen könnten; auch er
selbst gestand demüthig seine Incompetenz. — Da nun Kaufleute
nicht reiten dürfen, so' lieh man uns offenbar Packpferde; andere
waren wohl auch in Y e d o o nicht zu vermiethen.