
besucht, trägt seine Kisten und Ballen auf dem Rücken; sie sind
gewöhnlich in ein weites. Tuch gepackt, dessen Enden vor der
Stirn zusammengebunden werden. — Uebrigens schafft man in Y e d d o
Lasten auch vielfach auf Handwagen und sehr unförmlichen Büffelkarren
fort. .Was aus der Stadt herausgeht wird auf Packpferde
verladen, deren langen Zügen man in allen Vorstädten begegnet. —
Reiten darf nur der S a m r a i ; jedem Pferde läuft, es mag noch so
schnell gehen, wenigstens e in Stallknecht voraus, welcher mit
lautem Jauchzen die Menge zum Ausweichen auffordert. Höhere
Beamten lassen ihre Pferde am Zügel führen und haben gewöhnlich
noch mehrere Begleiter bei sich, die ihnen Piken und Hellebarden,
die Insignien ihrer Würde vorauftragen; die höchsten Staatsbeamten
und die D a im io ’s erscheinen nur bei Feuersbrünsten zu Pferde auf
der Strasse und werden sonst in N o r im o n ’s getragen. Die Form,
Farbe und Grösse dieser Sänfte, besonders auch die Wölbun.. g®: des
Tragebalkens und die Zahl der Träger zeigt den Rang des Besitzers
an; auch die Menge der Begleiter und die Anordnung der oft mehrere
tausend Mann starken Escorte richtet sich nach seiner Stellung.
Bei vornehmen Männern schreiten Herolde voran, dann folgt eine
AbtheilunOg Soldaten,' dann die Pikenträog er mit lanögen Lanzen
und Hellebarden. Die Spitzen derselben stecken in Lederfutteralen
und sind sehr verschieden geformt, im japanischen Adels-
lexicon findet man bei jeder Familie die ihr zukommenden Insignien
und Feldzeichen abgebildet. In Futteralen ist alles Spitze
und Schneidende, so auch häufig selbst die Flinten verborgen,
welche gewöhnlich die Leibwache führt, gfi Der Sänfte zunächst
gehen auf beiden Seiten die Leibdiener, dahinter das Leibpferd,
prächtig gesattelt und aufgezäumt und von zwei Stallknechten geführt,
dann wieder Bewaffnete und eine Menge Diener mit lackirten
Körben, Kisten und Kasten, welche die Rüstung, das Sterbekleid
und andere Anzüge, ein Theeservice, Küchen- und Reisegeräth,
kurz Alles enthalten sollen, dessen ein vornehmer Mann in jeder
Lage des Lebens bedürfen kann um siandesgemäss aufzutreten.
Bei sehr hoch gestellten Personen folgen m eh r e r e Leibpferde, und
ihre ersten Beamten in Sänften oder zu Ross, auch diese wieder
von ihren Pikenträgem und Dienern begleitet. Die Kleidung aller
Trabanten ist von einerlei Schnitt und Farbe, hat aber nichts das
bringt Blatt 3 , eine Strasse in Y e d d o darstellend, die im Text beschriebene Staffage
th eil weise zur Anschauung.
an Uniform erinnert; auf dem Rücken und den Aermeln tragen sie
in einem kleinen Rund in den Stoff eingefärbt das Wappen ihres
Herrn, das sich auch auf den Kasten und Körben in Vergoldung
oder farbig wiederholt. Die Begleiter marschiren paarweise, der
ganze Zug bewegt sich in lautloser Stille; bei vornehmen Leuten
sollen die voraufgehenden Herolde » S it a n ir o « d. h. »Auf die Knie«
rufen, worauf sich Alles niederwürfe eine Sitte, die wir trotz vielen
Begegnungen mit D a im io - Zügen niemals beobachtet haben. Das
Volk weicht ehrfurchtsvoll aus , pflegt sich aber sonst nicht viel
um die Grossen zu kümmern; nach unserer Beobachtung blieben
die Meisten ruhig bei ihrer Beschäftigung. Jede Durchbrechung des
Zuges ist unerlaubt; es gilt auch für unanständig eilig vorbeizureiten,
man soll stillhalten und sogar vom Pferde steigen. Die Fremden
kehren sich an diese Regeln nicht und haben dadurch den Stolz
des einheimischen Adels vielfach verletzt, die Trabanten warfen uns
bei solchen Begegnungen oft wüthende Blicke zu und-zeigten in
Mienen und Gebehrden den verbissenen Grimm; die Herren seihst
schlossen meist die Stores ihrer Sänften, guckten zuweilen aber
auch neugierig heraus und nickten, wenn man sie grüsste, freundlich
wieder. Man hegegnete solchen Zügen in den Strassen von Y e d d o
täglich, denn die Sitte fordert das grosse Cortege bei jeder Entfernung
ans dem Hause, selbst hei jedem Besuch in der Nachbarschaft;
nur wenn sie »N a ib ü m « , d. h. incognito ausgehen, haben die
Grossen ein minder zahlreiches Gefolge. Auf den Reisen von und
nach ihren Besitzungen werden die Lehnsfürsten von vielen tausend
Menschen begleitet; ihre Züge bedecken nach Kämpfer’s Erzählung
die Landstrasse oft mehrere Tagereisen weit.
Besonders belebt sind die Strassen von Y e d d o an Festtagen,
deren die Japaner viele von mannichfacher Bedeutung haben. Jede
Oertlichkeit besitzt ihren Schutzpatron; die ihnen geltenden Feste
sind besonders geräuschvoll und geben Anlass zu theatralischen
Vorstellungen, zu Aufzügen und bunten Mummereien. Komische
Masken durchziehen dann die Strassen; und treiben bettelnd und
musicirend ihre Ppssen; auch Bänkelsänger kommen zahlreich herbei,
besonders die Y am am b o ’s und B ik um i ä) , wandernde Bergmönche
und Nonnen, welche überall gern gesehen sind und reichliche
Spenden erhalten. Die Y am am bo ’s ziehen mit ihren Frauen und
Kindern quacksalbernd, musicirend und Beschwörungen übend durch
•) S. »Ansichten aus Japan, China und Siam«, I. Heft, Blatt 3.