
über alle gewöhnlichen Sachen, die laufenden Geschäfte, während
alle aussergewölinliehen dem S io g u n vorgelegt werden müssen. Bei
diesem sollen die fünf Minister Vortrag haben, aber keine Angelegenheit
zwei Mal Vorbringen dürfen. In neuester Zeit ist offenbar die
Macht des S io g u n durch diesen Reichsrath sehr beeinträchtigt worden;
schon dem russischen Capitän Golownin, der in seiner langen Gefangenschaft
(1810 —1812) viel zuverlässige Nachrichten gesammelt
hat, wurde von japanischen Beamten erzählt, dass der Siogun keine
Entscheidung ohne Zustimmung des G o r o d z io treifen könne, ebensowenig
aber auch dieses ohne den S io g u n . Neuere Schriftsteller
wollen, dass imEalle einer Meinungsverschiedenheit der S io g u n der
Beistimmung seiner drei Titularbrüder bedürfe, um seine Ansicht
geilen den Reichsrath durchzusetzen, und p © • 7 dass er sogOar abdanken
müsse, wenn ihn diese nicht einstimmig unterstützten, ¿ß dass aber
im entgegengesetzten Ealle der Urheber des fraglichen Vorschlages
im G o r o d z io , ja zuweilen die ganze Versammlung sich entleiben
müsse. Letzteres ist gewiss falsch. Nach Golownin’s Nachrichten
durfte der . . • ■ S io g u n die Mitglieder des G o r o d z io nach. Gutdünken
berufen und entfernen und übte dadurch grosse Macht über dessen
Beschlüsse. Dieser oberste Reichsrath scheint zum Theil aus Lehnsfürsten,
zum Theil aus Mitgliedern des kaiserlichen Hofadels zu
bestehen; ob in ihrer Anzahl din bestimmtes Verhältniss obwaltet,
ist ungewiss. Das G o r o d z io ist wahrscheinlich identisch mit dem
sogenannten Rathe der »Fürstlichen alten Männer«. Es giebt ausSer-
dem noch eine zweite Versammlung der »Jungen alten Männer«,
die aus fünfzehn Mitgliedern zu bestehen und über wichtige Criminal-
sachen zu entscheiden scheint’23).
An der Spitze der verschiedenen Zweige der Verwaltung
stehen die B u n t o ’s ,24), welche meist den höchsten Familien des Hofadels
angehören; viele führen den K a m i -Titel — auch apanagirte
i£s) Vielleicht ist dieses das sogenannte K okusi ,. von welchem ein englischer
Schriftsteller der neuesten Zeit redet, nach dessen Angabe diese Versammlung aus
achtzehn oder vierundzwanzig Mitgliedern, zum Theil aus dem höchsten Lehnsadel
bestehen, den Mikado in Y eddo vertreten imd die Regierung des Siogun beaufsichtigen
soll. Diese Nachricht stimmt so wenig zu allem Anderen, das bis jetzt
über die japanische Staatsverfassung bekannt geworden ist, dass man ihr unmöglich
Glauben beimessen kann.
124) B unyo oder O -B unyo. Das 0 vor einem Worte erhöht den Rang, Kinder
setzen es vor das Wort Vater, Mutter; — wenn man mit einem Einwohner von
Y eddo spricht, pflegt man aus Höflichkeit 0 - Y eddo zu sagen u. s. w.
Mitglieder des Lehnsadels scheinen darunter zu sein. Alle hohen
Staatsbeamten heisseil B u n y o , So die Gesandten, Generale, Unter-
Staatssecretäre, Regierungspräsidenten, Steuerdirektoren u. s. w.
Bestimmte Carrieren scheint es nicht zu ■ geben, ein Staatsrath kann
plötzlich zum Admiral ernannt werden; doch scheinen einige Aemter,
auch abgesehen vom militärischen Range, in bestimmten Familien
erblich zu sein11“ ).
Diejenigen B u n y o ’s , welche Statthalter der kaiserlichen Gebiete
sind, haben dort eine ganz ähnliche Stellung wie die D a im io S'
auf ihren Territorien; sie haben dieselben Rechte und dieselbe Verantwortung,
müssen auch wie Jene ein um das andere Jahr in Y e d d o
zubringen und während ihrer Abwesenheit die Familie dort lassen.
Die Statthalterstellen sind deshalb immer doppelt besetzt: der fun-
girende Beamte berichtet alle Angelegenheiten an seinen in Y e d d o
wohnenden Doppelgänger, welcher die Verbindung mit der Centralbehörde
vermittelt. Sie werden wie die Lehnsfürsten von officiellen
Aufpassern und geheimen Spionen überwacht. - Die B u n y o s regieren
die grosse Schaar der Ober- und Unter-BANYOsen und der niederen
Beamten oder Y a k u n i n c 126) , deren Familien denen der B u n y o s
durch eine Art Vasallenverhältniss erblich verbunden zu sein scheinen.
Sie sind ihre persönlichen Beamten, für welche sie verantwortlich
sind wie der Lehnsadel für die seinigen; sie bilden ihren Hofstaat,
begleiten sie in ihre Stellungen und stehen wahrscheinlich auch
unmittelbar in dem Solde der B u n y o ’s , s o dass die Regierung
sowohl in Rücksicht auf die Verantwortung als auf die Besoldung
nur mit den höheren Beamten zu thun hat. Jeder kaiserliche Statthalter
n immt, seine Unterbeamten mit sich in die Provinz und zurück
mit in die Hauptstadt; nur einige Stellungen, wie die der niederen
Polizei und andere, welche den Verkehr mit dem Volke vermitteln
oder grosse Ortskenntniss erfordern, sind nicht an die Person der
B u n y o ’s gebunden. Es giebt in den kaiserlichen Gebieten auch
Militärgouvemeure und Domänenrentmeister, welche immer an Ort
und Stelle bleiben und nicht zum Aufenthalte in Y e d d o verpflichtet
sind.
ia,i) So z. B. die des kaiserlichen Leibarztes. Es ist Ehrensache ein solches
' Amt nur an einen“ dazu Fähigen zu vererben; findet sich ein solcher nicht in der
Familie, so adoptirt das Familienhaupt den Geschicktesten der zu finden ist mit
Uebergehung der eigenen Söhne.
Ä Yaku- nin heisst Beamter , wörtlich Amtmann.