
Die japanischen Inseln sind durchaus ' gebirgig, an weiten
Ebenen fehlt es ganz. Von welcher Seite man sich dem Lande
nähern mag, gewahrt man hohe Küsten. Bewaldete Höhen wechseln
mit fruchtbaren Thälern, angebautes Hügelland mit unwirthbarem
Felsgebirge. Fast überall ist das Land wasserreich, leidet aber
Mangel an schiffbaren Flüssen.
Das Klima ist eines der glücklichsten der Erde und weit
gemässigter als unter gleichen Breiten in ändern Welttheilen, die
Sommerhitze niemals unerträglich, der Winter kurz und milde. Im
Frühjahr und Herbst regnet es viel, besonders im Mai und Juni, und
im November. Im December tritt klares Wetter ein, im Januar und
Februar wechseln schöne Tage mit Regen und Schnee. Am kältesten
ist es im Januar, dann sinkt die Temperatur im mittelen Theile des
Reiches zuweilen unter den Gefrierpunct. Niemals aber dauert die
Kälte lange, und auch anhaltende Dürre ist unbekannt. Die Luft
ist weich und milde und in Folge beständiger Strömungen immer rein
und frisch, die Witterungswechsel treten-zum grossen Vortheil des
Ackerbaues in allen Jahreszeiten sehr regelmässig ein. Besonders
günstig sind die Luft- und Bodenverhältnisse der Entwickelung des
Pflanzenreiches. Wenige Länder können sich mit Japan im Reichthum
der Formen messen, wenn auch an Reichthuin der Arten tropische
Gegenden voranstehen. Während die Vegetation der meisten
Inselländer mit der der benachbarten Continente übereinzustimmen,
aber ärmer an Gattungen zu sein pflegt, daher gewöhnlich als von
der continentalen ahstammend.betrachtet wird, scheint die japanische
Flora eine ursprüngliche und reicher als die des benachbarten
Quadranten u. s.w. werden auch in Japan gemacht. Mit solchen Hülfsmitteln ausgestattet,
sind unter Leitung der Hof-Astronomen auf Befehl des S i o g u n vom Anfänge dieses.
Jahrhunderts an alle Landschaften und Inseln vom eigentlichen Japan — das zu den
drei grossen Inseln N i p p o n , K iu s i u und S ik o k gehörige Gebiet — in dem Maasstabe
von ■55500' aufgenommen, und die Hauptpuncte der 68 Provinzen und andere wichtige
Puncte astronomisch bestimmt worden, wobei die Länge vom Meridian der Sternwarte
von M ia k o berechnet ist. Die Küsten, welche mit Ketten vermessen wurden, sind
nicht nur ganz genau nach ihrer natürlichen Bewegung auf den Karten eingetragen,
es äst auch ihre Formation berücksichtigt und die felsigen und sandigen Meeresufer
sind deutlich darauf angegeben.«
Copieen dieser'Karten über einen grossen Theil des Reiches sind im Besitze des
Herrn von Siebold, welcher bis jetzt aus persönlichen Rücksichten angestanden hat
sie zu veröffentlichen. Die Originale werden im japanischen Staatsarchiv aufbewabrt
und auf das strengste verheimlicht.
Festlandes zu sein. Camelien, Cryptomerien und viele andere Geschlechter
werden als Japan eigenthümlich und eingeboren angesehen.
Neben den einheimischen Gewächsen haben sich auch viele fremdländische
eingebürgert,.« -so unter anderen der Theestrauch, die
Orange6) , der Tabak ’), der Maulbeerbaum. Die Japaner sind Meister
in der Baumzucht und vielen anderen Zweigen des Feld - und Gartenbaues,
und haben sich z u allen Zeiten bemüht, fremde Nutzpflanzen
in ihrem Lande zu acclimatisiren. Der Charakter der Flora ist
schwer zu beschreiben, sie enthält Elemente aus allen Zonen: aus
der kalten die Nadelhölzer — Japan ist reicher an Coniferen-Arten
als irgend ein Land der Welt — aus der gemässigten viele unseren
Laubbäumen verwandte Gattungen, aus der subtropischen die immergrünen
Laubhölzer, aus der tropischen vor allen Bambus, Palmen,
Cicadeen. Analog ist die Vegetation der Sträucher und Stauden-
gewächse und die überaus reiche Cryptogamen-Flora.
Weniger mannichfaftig ist die japanische Thierwelt; der
überall verbreitete Anbau mag ihrer Verbreitung hinderlich sein.
Eigenthümliehen Zügen begegnen wir auch hier: der Riesenmolch,
der Kupferfasan und einige andere Arten kommen nur in Japan vor.
Im allgemeinen ist die Fauna die der gemässigten Zone; Allen giebt
es nur im Süden des Reiches, die Raubthiere aus dem Katzen-
geschlechte fehlen wie bei uns fast ganz. An Fischen und See-
thieren haben die japanischen Gewässer einen Reichthum und eine
Mannichfaltigkeit wie wenige andere: kalte und warme Meeresströme
•) Ueber die Einführung der prange wird eine Anecdote erzählt, welche dem,
japanischen Charakter ganz gemäss ist. Der M i k a d o , der von den goldenen Früchten
gehört hat, sendet einen Vertrauten aus seiner Umgebung nach China, um den Baum
zu holen. Dieser bleibt zehn Jahre aus, kehrt endlich mit dem Orangenbaum glücklich
nach Japan zurück, findet aber seinen Herrn nicht mehr und entleibt .sich aus Gram
auf dessen Grabe. — Der Held dieser Sage ist T a t s im a M o k i , ein Sprössling des
koreanischen Prinzen A m a n o F ib o k o von S i n r a , der um 27 n. Chr. an der Spitze
einer Einwanderung nach Japan kam. Er überreichte dem M ik a d o geheiinnissvoile
Geschenke — einen kleinen Säbel, eine steinerne Pike, Opfergeräthe, Spiegel und
Edelsteine, welche bei dem M i k a d o -Hause blieben, für Geisterschätze und sehr heilig
gehalten wurden. Vielleicht sind dii's die späteren Reichsinsignien, deren Ursprung
man auf die oberste japanische Gottheit zurückführt. — T a t s im a M o r i ’s Tod setzen
die Annalen in das Jahr 71 n. Chr.
7) Der Tabak ist von den Portugiesen eingeführt und seit lange im allgemeinsten
Gebrauch. Die Japaner haben zugleich mit der Pflanze auch ihren Namen von den
Europäern angenommen.