
Aeusseren. Auf einen dritten Stuhl neben diesem setzten sich
abwechselnd die beiden B u n y o ’s , und in der Mitte kniete M o r it a m a
auf dem Boden. Hinter dem Minister kauerten zwei Beamte, die kein
Schreibzeug hatten, aber aufmerksam zu horchen schienen. Vor
jedem der Stühle stand ein'kleiner Tisch, wo geschmackvoll gekleidete
Knaben Thee, Backwerk und Birnen auftrugen; sie schritten
lautlos und feierlich in tactartig abgemessener Bewegung einer hinter
dem anderen her, die lackirte Tasse in der Höhe des Kinnes tragend,
und setzten sie mit ehrerbietiger Verbeugung nieder; — so verlangt
es die Sitte des vornehmen Hauses.
Das Empfangszimmer glich in seiner Einrichtung denen in
A k a b a n e : helle Tapeten, feine Matten, geschliffenes Holzwerk, —
Alles auf das äusserste sauber und gepflegt, dabei einfach geschmackvoll
und nicht ohne vornehmen Anstrich; die nur für den Empfang
der Europäer aufgestellten Stühle und Tische waren schwarz lackirt.
Zum Thee und nach der Collation rauchen die-Japaner ihre kleinen
Pfeifen, deren metallener Kopf dem kleinsten Eichelnäpfchen gleicht;
mehrere Diener sind beständig mit dem Stopfen derselben beschäftigt
und reichen sie ihren Herren. Auf den Tischen stehen kleine Metallbecken,
worin unter weisser Asche Holzkohlen glimmen, denn jede
Pfeife dauert nur wenige Züge. Die Europäer halten sich an Manila-
Cigarren, und viele Japaner gewöhnen sich auch schon daran, f e
Der Anzug des Ministers war sehr kleidend, eine Art Mantille von
schwarzem Krepp über dem kurzen seidenen Rock, die Farben des
Untergewändes und der Beinkleider nüchtern und anspruchslos. Sein
Benehmen konnte man ernst und feierlich nennen, aber nicht steif;
er wusste zu lächeln, wenn das Gespräch eine scherzhafte Wendung
nahm. Die Unterhaltung drehte sich anfangs um gleichgültige Gegenstände,
den letzten Sturm, die preussischen Schiffe, die Ereignisse
m China, das Klima und die Erzeugnisse von Japan. Der Gesandte
gab dem Gespräche zuerst eine ernste Wendung, und die Unterredung
wurde nun ganz geschäftlich.
Der Munster entwickelte mit grösser Klarheit eine Uebersicht
der Handelsverträge, welche Japan nach zweihundertjähriger völliger
Isohrung in den letzten sechs Jahren abgeschlossen hatte, Die
öffentliche Meinung spreche sich so bestimmt gegen diese Verträge
aus, welche nach seiner Ansicht zum Wbhle des Landes gedeihen
sollten, dass die Regierung kaum die eingegangenen Verpflichtungen
erfüllen, neue aber unter keiner Bedingung eingehen könne. Er hob
besonders die in Folge der starken Ausfuhr entstandene Theuerung
hervor: alle Schichten der Bevölkerung sähen mit Unruhe und Be-
sorgniss in die Zukunft. Die Regierung glaube zwar, dass sich das
Land in einem Uebergangsstadium befinde, und dass die durch den
fremden Handel bisher verursachten Uebelstände mit der Zeit verschwinden
würden; für den Augenblick aber sei die Gewalt der
öffentlichen Meinung unüberwindlich. Der Abschluss des Vertrages
mit Portugal beruhe auf einem der holländischen Regierung vor
längerer Zeit gegebenen schriftlichen Versprechen; mit Preussen
aber, das in Japan gekannt und geachtet sei und mit welchem es
gern in freundschaftliche Beziehungen treten würde, könne erst
dann ein Vertrag gemacht werden, wenn die öffentliche Meinung
sich beruhigt und berichtigt habe. Er gebe diese Erklärung mit
Bedauern, aber der T aikün befehle -es so; der Gesandte möge seine
Regierung davon .in Kenntniss setzen-
In seiner Erwiederung hob Graf Eulenburg zunächst Preussens
Machtstellung an der Spitze von Norddeutschland hervor, welche
sein Vaterland zu denselben Vortheilen berechtige, die Japan den
anderen Grossmächten bewilligt habe. Mit England, Frankreich,
Russland und Nordamerika seien Handelsverträge geschlossen worden,
und Preussen allein solle zurückstehen. Hätte Japan bei seiner
Absperrung beharrt, so würde man sich nicht beklagen; da es aber
mit allen grösseren Mächten in Verkehr getreten sei, die den Wunsch
danach ausdrückten, so könne Preussen in dieser Weigerung nur
ein Zeichen unfreundlicher Gesinnung sehen. Die japanische Regierung:
habe Unrecht sich von der öffentlichen Meinung leiten zu
lassen; es sei im Gegentheil ihr Beruf dieselbe zu verbessern, sie
möge deshalb auf dem einmal für richtig erkannten Wege fortschreiten.
Auch ein grosses europäisches Reich habe sich Jahrhunderte lang
durch hohe Zölle gegen fremde Producte abgesperrt und die öffentliche
Meinung sei dort dem freien Handel noch heute abhold; aber
der jetzige Herrscher hege die Ueberzeugung dass derselbe zum
Wohle seines Volkes führen werde, und verlasse deshalb jetzt das
alte System. Mit je mehr Nationen Japan Verträge mache, desto
schneller würden die Uebelstände schwinden. Man möge nicht
fürchten, dass ein Vertrag mit Preussen schon in nächster Zukunft
eine sehr vermehrte Ausfuhr herbeiführen werde: die Norddeutschen
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