
sich der ganzen Mannschaft. Das Verdeck und die Schiffswände
werden glühend heiss, die Zersetzung des Seewassers in den unteren
Räumen und die dichte Bevölkerung erzeugen bei dem Mangel an
Luftzug eine wahrhaft fürchterliche Atmosphäre. Der Körper findet
nirgend Erfrischung, denn Baden wäre der Haifische wegen gefährlich.
Auch das Essen und Schlafen, sonst zwei Hauptbeschäftigungen
des Seefahrers, werden zur Qual, das Peinigendste aber ist der
unlöschbare Durst.
Solche Zeit erlebten wir im südchinesischen Meere. Nur Morgens
und Abends konnte man auf Deck sein; den Tag über brannte
die senkrechte Sonne unerträglich, und auch die Luft im Schiffsräume
war erstickend. '•
•g u st. Am 17. August liess Capitän Jachmann, da sich kein Wind
in der Luft zeigte, für Herrn von Martens ein Boot bemannen
^um Seethiere zu fangen; mehrere andere Passagiere schlossen
•sich an. Man entfernte sich mit langsamen Ruderschlägen vom
Schiffe; die Fluth war spiegelglatt, dunkelblau, krystallklar und
durchsichtig; noch aus grossen Tiefen strahlten die Seethiere
m köstlichem Earbenspiel glitzernd das Sonnenlicht zurück. Hier
und da schwammen Cocosnüsse und verfaulende Baumstämme herum,
voll von Holothurien und anderem Seegewürm, darunter, anscheinend
den Schatten, wahrscheinlich aber Nahrung suchend, tummelten
sich Schwärme kleiner bunter Fische, in allen Farben des
Regenbogens glänzend. Herr von Martens fing Krabben, Seewanzen,
Fische, Muscheln, Würmer; vor allen aber galt die Jagd
den Seeschlangen, an welchen diese Meere reich sind. Sie schlängeln
sich mit grösser Behendigkeit an der Oberfläche des Wassers
hin, und tauchen unter, sobald man sich nähert; doch gelang es
emige zu fangen, die grösste beinah drei Fuss lang. Diese Schlan-*
gen sind giftig. Eine grössere Art, die gegen sechs Fuss lang
und gelb und braun geringelt ist, vereitelte alle Nachstellungen; sie
tauchten schon in grösser Entfernung vor dem Boot unter, und
schwammen tief unter dem Wasserspiegel wenn man zur Stelle
gelangte. Die Jäger entfernten sich weiter und weiter von der
Fregatte, und es war ein sonderbares Gefühl, auf der unabsehbaren
Fläche in dem kleinen Boote herumzutreiben, am ganzen Horizont
keine Spür von Leben ausser den weissen Segeln unserer Thetis.
Die unendliche Weite des Meeres erscheint bei Windstille besonders
grossartig. Diese Excursion dauerte mehrere Stunden und
war für alle Theilnehmer das erfreulichste Intermezzo dieser pein-
vollen Tage.
Am achtzehnten endlich erhob sich ein leichter Südwest- is. August,
wind, wir segelten die folgenden Tage mit einer Durchschmtts-
geschwindigkeit von vier bis sechs Knoten. Ein amerikanischer
Clipper begleitete die Fregatte mehrere Tage lang, und verliess sie,
nachdem er sich durch Signal eine Ortsbestimmung erbeten, am
dreiundzwanzigsten, um nach Hongkong zu segeln. — Am vierund-24. August
zwanzigsten wurde, während wir schwache Fahrt machten, plötzlich
mitten im glatten Wasser in kurzer Entfernung vor dem Bug der
Fregatte eine starke Brandung sichtbar. A ir waren weit von allen
Küsten entfernt, und nach den Seekarten musste hier tiefes Wasser
sein; Capitän Jachmann liess aber beidrehen und ein Boot" zu
Wasser bringen, das mit dem Loth in der ganzen Breite der Brandung
keinen Grund finden konnte. Unterdessen hatte die Strömung
das Schiff unversehens auch schon mitten hinein getrieben, und es
wurde abermals ohne Erfolg bis auf hundert Faden Tiefe gelothet.
Dieselbe Erscheinung wiederholte sich noch mehrere Male an den
folgenden Tagen, und ist nur durch heftige Strömungen zu erklären,
die in ungleichen Richtungen aufeinandertreffen. Der Zusammenstoss
erzeugt die krausen kurzen Wellen, die man sonst nur über unterseeischen
Riffen zu sehen pflegt.
Am sechsundzwanzigsten erreichten wir die F u k i a n -Strasse, 26. August,
und die Küste von China kam in Sicht; schwere Wolkenmassen
lagerten auf den fernen Gebirgen. Nachmittags ging es bei einer
Felseninsel vorbei, deren Spitze eine hohe Pagode krönte; in den
Buchten Wälder von Dschunkenmasten. Der Abend war kühler
als gewöhnlich: herrlicher Mondschein, dabei starkes W etterleuchten
im Osteü und Westen - - über Formosa und dem Festlande. Der
Wind ging allmälich herum, so dass wir mehr nördlich liegen, und
den folgenden Tag sogar kreuzen mussten. In dieser Gegend wimmelte
das Meer von chinesischen Fischerdschunken, welche der
Fregatte oft sehr nahe kamen und sich fast überfahren Hessen. Ihr
Bau ist mehr malerisch als practisch; sie sind gute Segler, aber
heftigem Sturme nicht gewachsen. Alle Dschunken ächt chinesischer
Bauart haben einen flachen Boden ohne Kiel, und ragen vorn
und hinten hoch aus dem Wasser. In der Mitte wird das Verdeck
bei schwerer Ladung fast von den Wellen bespült und ist dort
fest verschlossen. Sie haben mehrere, zuweilen vier bis fünf