
erhörende Gottheit«, es soll in Japan 33 Wallfahrtsorte dieses
Namens geben, Tempel erlösender Fürbitte, welche sämmtlich
besucht zu haben den japanischen Frommen als grosses Verdienst
gilt. — Bei dem Tempel von A sa k sa soll ein milchweisses Pferd
unterhalten und täglich zu dem Bilde der Gottheit geführt werden;
die Bonzen fragen dann ob sie ausreiten will und führen es wieder
in den Stall. .— .' Seitwärts von dem Zugange erhebt sich eine hohe
thurmartige Pagode mit mehreren weit auskragenden Dachetagen.
Der Tempel selbst steht ganz frei auf einem grossen ebenen
Platz, wo unter Bäumen Schaubuden aller Art aufgeschlagen sind.
Da giebt es Jongleure, Menagerieen, Theater und Puppenspiele,
unter Anderen auch ein grosses Wachsfigurencabinet das selbst bei
uns Aufsehn machen würde. Die Anordnung war vortrefflich: ein
grosses viereckiges Gebäude, in welchem der äusseren Waiul zunächst
ein nicht allzu breiter Gang für die Beschauer frei blieb;
man sah von dort in lauter einzelne, nach vorn offene Gemächer
hinein, deren jedes eine Gruppe oder Scene aus dem häuslichen
Leben enthielt; — der Blick umfasste immer nur e ine dieser Abtheilungen
und wurde durch nichts gestört. Die Figuren waren von
solcher Lebendigkeit und Treue in Stellung und Ausdruck, dass
selbst das geübte Auge im ersten Augenblick die Wirklichkeit,
lebende Bilder vor sich zu sehen glaubte. Da war ein altes Pärchen
das sich in S a k i gütlich gethan hatte, mit seelenvergnügtem lallendem
Ausdruck, ein anderes Ehepaar das sich raufte, und viele ähnliche
Scenen mit frappantester Darstellung der Affecte. Zarte Schönheit
nachzubilden hatte man mit weisem Verständniss' des Vermögens
dieser Technik nicht versucht, es war lauter »Genre«. Als Hauptstück
der Schaustellung schien ein Bild der Geisteraustreibung in
der Neujahrsnacht zu gelten, einer altjapanischen Sitte, die heut
noch selbst in den vömehmsten Häusern streng gehalten werden
soll: der Hausherr geht in allen Gemächern herum und wirft Bohnen
aus, worauf die bösen Geister entweichen. Sie waren hier halb
thieriseh gebildet, mit rothem behaartem Körper, Krallen und
Hörnern, und flohen entsetzt nach allen Richtungen. Man begegnet
dieser Darstellung in vielen japanischen Bilderbüchern. Im kaiserlichen
Palast soll der erste Minister die Ceremonie vollziehen.
In einer anderen Bude sind lauter Greuel, Schrecknisse und
Gespensterspuk nachgebildet, und zwar manche Scenen mit so
grässlicher Naturwahrheit dass Jeder unwillkührlich zurückschaudert.
Rechts vom Eingang tritt man auf modernden Brettern über eine
sumpfige Stelle, in der ein verwesender Leichnam steckt; das hohläugige
Gerippe — kein wirkliches — liegt unter Schlamm und
Pflanzenresten halb verborgen, so dass die Phantasie noch mehr
als das Auge sieht, und um den Blick recht hinzulenken scharrt und
pickt ein lebendiger Rabe daran herum. Es ist nur ein schmaler
Durchgang, nach dem Innern des Gebäudes dunkel, nach aussen
von einem Bretterzaun geschlossen, — so dass durch die von der
Seite hineinreichenden Baumzweige der Himmel glänzt, — und so
unheimlich und natürlich decorirt, dass man die Schaubude ganz
vergisst. — In dem nächsten Raum hing ein Gekreuzigter mit dem
Messer in der Brust, dann kam ein Galgen mit blutigem Haupt,
ferner Spukscenen, wo durch Beleuchtung und grausenhafte Gestalten
das Mögliche in entsetzlichen Wirkungen geleistet war.
Hier bewegten sich einzelne Figuren: Gespenster stiegen aus alten
Tonnen und guckten über Zäune, auch Katzen und anderes nächtliche
Gethier spielten mit. — Man musste das raffinirte Studium des
Grässlichen in der Natur und der menschlichen Einbildungskraft bewundern.
Einen komischen Eindruck dagegen machte die auf einer
kleinen Bühne gespielte Schlussscene: zwei Schatzgräber oder Diebe
bringen eine Kiste., aus der ein humoristisches Gespenst hervorsteigt
um jene mit possenhaftem Spuk zu peinigen.
An der einen Seite des freien Platzes steht eine Reihe eleganter
Schiessbuden. Die Vorderseite ist offen; dort sitzt der Eigen-
thümer auf der Matte mit einer Reihe zierlich gearbeiteter Miniaturbogen
und Pfeile vor sich. Im Grunde des Gemaches sind vor
einer Drapirung Holzscheiben von der Grösse eines Thalers und
etwas grössere aufgehängt; die vorn breiten Pfeile prallen mit hellem
Klang davon ab. Einige von uns bemühten sich vergebens die
Ziele zu treffen, aber der Eigenthümer schoss, dazu aufgefordert,
lächelnd und ohne sich von seinem Platze zu rühren ein Dutzend
Pfeile hintereinander auf die thalergrosse Scheibe. Es sah aus wie
ein magnetisches Kunststück, denn der Schütze schien nicht einmal
zu zielen, sondern legte nachlässig und fast ohne hinzusehen einen
Pfeil nach dem anderen auf die Sehne.
Der bunte Jahrmarkt des K u a n k o n - Tempels ist sehr anziehend
und bot bei jedem späteren Besuche neue Unterhaltung; er
scheint das ganze Jahr durch zu währen und ein Hauptvergnügungsort
für die Bewohner der Hauptstadt zu sein. Bunte Gruppen