
Die Pferde sind klein und sclileclit gebaut'; sie -gehen meist
Pass und Galopp und nur ungern Trab, sind aber sehr geschickt
im Klettern, wozu die steilen und abschüssigen Wege und die
vielen Treppen überall Gelegenheit bieten. Man reitet nur Hengste
und muss stets auf der Iiut sein, denn fast alle sind bissig und
greifen einander gern mit den Zähnen und Hufen an. Grosse
Schwierigkeit machte in der ersten Zeit das Aufsteigen von der
* linken Seite, denn der Japaner setzt sich von der rechten zu Pferde;
sie stellten sich oft ganz ungebehrdig beim Nahen der fremden
Gestalten, bockten, schlugen und bissen wüthend um sich, und
schüttelten Manchen schon auf dem Hofe wieder abgjjiijj der Fall
auf die harten Steine war nicht grade sanft, doch hatten diese
Kämpfe für die Zuschauer viel Ergötzliches... Glücklich wer einen
europäischen Sattel oder wenigstens Steigbügel besass, denn die
einheimischen sind auf langen Ritten eine wahre Tortur. Die Japaner
haben sich übrigens von den Vorzügen des englischen Sattels überzeugt,
imd schon zur Zeit unserer Anwesenheit begegnete man
solchen in Y e d d o , wie sie denn alles wirklich Practische gern
annehmen. Bald nach dem Eintreffen des Herrn Harris in der
Hauptstadt baten die Burrro’s, ihnen sein auf europäische Weise
beschlagenes Pferd auf einige Stunden zu leihen, und es stellte
sich heraus, dass sie den Beschlag kennen lernen und in Japan
einführen wollten. Bisher band man den Pferden Strohschuhe um
die Hufe, die auf allen Landstrassen zu haben sind, sich aber sehr
schnell abnutzen; es ist eine volksthümliche Art die EntfernumOren
zu messen — nach den verbrauchten Strohschuhen.
Sehr genussreich und erfrischend waren unsere nachmittäglichen
Spazierritte in die Umgegend. Man kann sich keine anmuthi-
gere Landschaft denken, das Bild wechselt bei jedem Schritt. Das
Terrrain ist hügelig und von vielen Thälern und Senkungen durchschnitten,
die Höhen mit frischem, üppigem .Grün, mit dem prächtigen
Baumwuchs der Friedhöfe und Tempelgründe bedeckt; die
Abhänge theils angebaut, theils mit Strauchwerk und Gehölzen
sehr malerisch und anscheinend wild bewachsen, doch soll dies die
japanische Art der Braache sein: wenn der Acker erschöpft ist,
bepflanzt man ihn mit Bäumen zu Erzielung von Brenn- und Nutzholz..,^:
Die Cultur selbst'^"mit Ausnahme der Reisfelder — ist
malerisch wie bei uns in Gegenden des kleinen bäuerlichen Besitzes,
nur die Vegetation unendlich reicher und üppiger. An jeder
besonders hübschen Stelle, bei jeder schönen Aussicht liegt ein
Theehäuschen, wo der Japaner es sich im kühlen Schatten bei Thee
. und Tabak wohl sein lässt und mit Frau und ■ Kind die Natur
geniesst. Jede Bauernhütte hat ihr Blumengärtchen. Ueberall findet
man Gehöfte, Dörfer und Tempel, überall Wasserreichthum und-
Anbau. Den Boden der flachen Thäler bedecken die Reispflanzungen,
an abschüssigen Stellen werden andere Feldfrüchte und mancherlei
Gemüse gebaut; die Aecker sind gepflegt wie Gartenbeete, kein
Unkraut zu sehen. Der Dünger gährt in bedachten Gruben und
wird auf Lastpferden in verschlossenen Fässern nach allen Richtungen
geführt, in den flachen Gegenden auf schmalen Kanälen zu Boot
fortgeschafft.
Die Landschaft ist nicht grossartig, aber sehr lieblich und
heimlich, voll reizender Abwechselung: hier eine Bauernhütte im
Bambusgehölz mit dem dichten, hellgrünen Graslaub, dort ladet
ein schattiger Gang hochstrebender Cryptomerien nach der im
grünen Bosket versteckten M ia | | | | so . heissen die S in t o - Tempel.
Bald zieht sich der Weg durch Laubgehölze von heimischem Ansehn,
bald reitet man zwischen Camelien -, Taxus - und Podocarpus - Hecken,
zwischen Lorbeer, Myrthen und Azaleen hin; die zierliche Chamaerops
excelsa - . Japans einzige Palme — sieht verstohlen aus dichtem
Gebüsch hervor. Die Flora ist unendlich formenreich, die Belaubung
bald weich und durchsichtig, bald schwer und dicht, bald fahl und
stumpf, bald frisch, glänzend und gesättigt, bald flaumig und fein
gefiedert, bald breit und massig. Im September, wo' sich der
hier heimische Zuckerahorn und das Azaleenlaub dunkelpurpurroth
färben, wird die Farbenpracht der Landschaft- berauschend. Das
wellige Terrain und die Mannichfaltigkeit des Anbaues erzeugt die
schönsten Linien im Vorder- und Mittelgründe,, und in der Ferne
erhebt der F u s iy am a sein beschneites Haupt hoch über die vorliegenden
F a k o n e -Berge.
Das Wetter war in der zweiten Hälfte des September regnerisch.;
die Luft aber weich und milde und die Beleuchtungen, wenn
es schön wurde, ganz herrlich. Unsere Ritte gingen gewöhnlich
nach der uns zunächst hegenden südlichen und westlichen Umgebung
von Y e d d o ., Das. bei A k a b a n e fliessende Gewässer aufwärts verfolgend
wendet sich der Weg bald in scharfem Winkel nach Süden;
eine Strecke weit ziehen sich Häuserreihen an beiden Ufern hin,
dahinter liegen Höhen mit abschüssigen Strassen. Die Ufer werden