
182 Die neuen Verträge der Engländer, Russen, Franzosen, Holländer, Portugiesen.
sollten britische Unterthanen vom Hg Januar 1862 und in O sa k a
vom gleichen Datum 1863 an des Handels wegen sich aufhalten
dürfen. An allen diesen Plätzen dürfen sie Grundstücke pachten
und Häuser darauf bauen oder kaufen; die Grenzen, innerhalb deren
sich die Fremden von den Hafenstädten entfernen dürfen, werden
bedeutend erweitert, die öffentliche Religionsübung freigegeben.
Der Handelsverkehr zwischen britischen Unterthanen und Japanern
soll ganz frei sein und ohne Dazwischenkunft japanischer Behörden
stattfinden; alle nicht verbotenen Waaren dürfen gegen Erleguhg
der festgesetzten Zölle ein- und ausgeführt werden. Fremdes
Geld soll in Japan Cours haben und Gewicht um Gewicht gegen
japanisches umgetauscht werden; für das erste Jahr übernimmt
die Regierung die Umwechselung der fremden Münzen. Alle japanischen
Münzen, ausser den kupfernen, dürfen exportirt werden.
Die englische Regierung kann in N a n g a s a k i , H a k o d a d e und K a n a -
g a v a Magazine für ihre Schiffsbedürfnisse anlegen, welche sie zollfrei
einführt, ausser solchen, welche an Japaner verkauft werden. —
Die übrigen Artikel beziehen sich auf die früher gemachten Zugeständnisse,
die Erhebung von Zöllen und Hafengeldern, die Anstellung
von Lootsen u. s. w. Ein angehängtes Handelsregulativ
stellt die Ein- und Ausfuhrzölle für die. erlaubten Artikel und die
von den einlaufenden Schiffen zu beobachtenden Formalitäten fest.
Dieser Vertrag kam deshalb so schnell zu Stande, weil
Mr. Harris den Winter zuvor die ganze Arbeit gethan und nun
dem englischen Bevollmächtigten seinen Secretär Herrn Heusken
zur Verfügung gestellt hatte, welcher mit den Verhältnissen und
Persönlichkeiten vertraut war und jede Schwierigkeit rasch aus dem
Wege zu räumen wusste. — An demselben Tage, da Lord Eigin
vor Y e d d o erschien, hielt Admiral Putiatine, der vierzehn Tage
zuvor mit seinem Geschwader in K a n a g a v a angekommen war, ebenfalls
seinen Einzug in die Hauptstadt. Der von ihm Unterzeichnete
Vertrag und diejenigen, welche kurz darauf Baron Gros für die
französische und Herr Donker Curtiüs für die holländische Regierung
abschlossen, hatten mit den amerikanischen und englischen
fast gleiche Bedeutung, ebenso der portugiesische, welcher im
Sommer 1860, kurz vor dem Eintreffen des preussischen Geschwaders,
unter Mitwirkung des holländischen Bevollmächtigten zu
Stande kam.
Die neuesten politischen Ereignisse in Japan.
Es wäre von grösser Bedeutung, wenn man sich genaue
Kenntniss von der inneren politischen Lage Japans,zur Zeit jles
Eindringens der westlichen Nationen und von der Entwickelung der
Verhältnisse seit diesem Ereigniss verschaffen könnte. Dass die
Macht des S io g u n schon seit einem halben Jahrhundert, vielleicht
schon länger im Sinken war, ist unzweifelhaft. Unter der langen
Regierung des J y e - n a m , der 1787 den Thron bestieg, scheinen die
Zügel erschlafft, und namentlich die Einrichtungen ausser Gebrauch
gekommen zu sein, durch welche der Lehnsadel in Zaum gehalten
wurde. Sein Nachfolger bemühte sich zwar bei Antritt der Regierung
(1842), das alte System mit voller Strenge zur Geltung
zu bringen, — er schickte wieder regelmässig Aufpasser an die Höfe
der Lehnsfürsten, liess die Schauspielhäuser schliessen, untersagte
alle öffentlichen Lustbarkeiten und beschränkte den Kleiderluxus —
denn auch beim Volke hatten sich Freiheiten eingeschlichen, welche
die Zucht und Sitte früherer Zeiten nicht kannte, — _aber die alte
Ordnung scheint nie wieder rechten Bestand gewonnen zu haben
und bei dem Erschejnen Perry’s gänzlich zusammengebrochen zu
sein. Wo seitdem der Schwerpunct der Macht hegt, wie die kämpfenden
Partheien zusammengesetzt und welche ihre Tendenzen sind,
kann man nicht mit Sicherheit erfahren. Bei der Wendung, welche
die Dinge in neuester Zeit genommen haben, sollte man denken,
jeder Tag müsste neue Aufschlüsse über die politische Lage
des Landes bringem, und doch erklären die fremden Vertreter m
Japan auch heut noch, im Dunkeln über den Gang der Ereignisse
zu sein. Die Bewegung dauert fort und scheint an Intensität
gewonnen zu haben; aber die jetzige Stellung des S io g u n z u den
ü a im io ’s und ihre Absichten den Fremden gegenüber bleiben räthsel-
haft. Allem Anscheine nach gab es am Hofe schon zur Zeit von
Perry’s erster Landung (1853) eine der herrschenden Linie feindliche
Parthei, an deren Spitze einer der Titularbrüder des S io g u n ,
der Fürst von Miro, stand, und der sich alle D a im io ’s anschlossen,
welche entweder wirklich der Zulassung der Fremden
entgegen waren, oder unter diesem Vorwande den Umsturz des
bestehenden Regimentes herbeizuführen und die Selbstständigkeit
wieder zu gewinnen dachten, deren sich ihre Vorfahren im fünfzehnten
und sechszehnten Jahrhundert erfreuten. Diese Parthei hat
wiederholt und zum Theil gewaltsame Versuche gemacht, um an
das Ruder zu gelangen; sie ist stark genug, um die Macht des