
kleinen Trinkschalen, die Präsentirbretter und Rauchapparate, vor
Allem aber scheint ein schönes Schreibzeug die besondere Liebhaberei
des wohlhabenden Japaners zu sein; man sieht sie in der grössten
Mannichfaltigkeit, und durchgängig hübsch und geschmackvoll. In
der Mitte des flachen Kastens steht der steinerne Reibenapf mit
vergoldetem Rande, daneben oberhalb ein zwerghaft kleines Kännchen
von Silber oder ciseürter Bronze, mit haarfeiner Tülle — um das
Wasser tropfenweise aufschütten zu können; zu beiden Seiten
längliche Abtheilungen für die Federpinsel. Der aufgestülpte Deckel
schliesst leicht und bequem, und zeigt gewöhnlich auf dunkelem
Grunde ein sorgfältig gearbeitetes Gemälde; das Innere ist Goldlack,
häufig mit Blumen, Blättern und Thieren gemustert. Solche werden
überhaupt vorzugsweise in Lackarbeit dargestellt, daneben sieht
man aber auch Figuristisches und Landschaften; -¿Z. der F u s i y a m a
mit glänzend silbernem Gipfel spielt hier eine grosse Rolle. Die
Japaner lieben in ihren Verzierungen das Willkührliche, Zufällige.
Regelmässig und symmetrisch sind nur ihre grösseren, ernsten, alle
Formen von B e d e u tu n g , — so unter kleineren Gegenständen die
Wappen, in denen selbst Thiere und Pflanzen wo möglich in den
Kreis, das Viereck geschmiegt sind. Alle V e r z ie r u n g dagegen
soll interessant, lustig sein, und hier lassen sie der Phantasie und
Laune freies Spiel. So wird oft eine rechteckige Oberfläche durch
willkührlich gezogene schräge oder Zackenlinien in ganz unregelmässige,
schiefwinklige Abschnitte, getheilt, von denen der eine
Goldlack und der nebenstehende schwarz oder farbig ist. In irgend
einer Ecke scheint der Mond öder fliegt ein Zug Vögel, der sich
dann oft über die Kante weg auf eine der anstossenden Seitenflächen
fortsetzt. So reichen auch Gräser, Schilf, Bambus - und Baumzweige
häufig vom Deckel oder Boden auf die aufrechtstehenden Seiten
herüber. Regelmässige Muster sieht man selten, und dann sind
sie ganz, unscheinbar und dienen als Grund.
Eine in Europa besonders beliebte Art der japanischen Lackarbeit,
die mit Perlmutter eingelegte, wird im Lande selbst wenig-
geschätzt; kostbar dagegen ist eine bei uns minder bekannte Art,
die auch in China vorkommt und dort SursAu-Läck heisst. Dieser
wird, bald ganz roth, bald buntfarbig, in dicken Schichten auf
das Holz aufgetragen und dann mit der Hand geschnitzt. Es giebt
verschiedene Arten davon, auch solche, die gepresst statt.geschnitzt,
und viel weniger kostbar sind.
Ausser den beschriebenen giebt es im T o k a i d o und seinen
Nebenstrassen noch hunderterlei andere Kaufläden, die vielfach
besucht wurden und immer neuen Stoff der Unterhaltung und Belehrung
boten, so namentlich die Saamenhandlungen für die Botaniker
und der jenseit N i p p o n - b a s i gelegene Fischmarkt für den Zoologen.
Selbst unser Geologe, dem bei der Unmöglichkeit, Ausflüge in das
Innere des Landes zu machen, hier wenig Anlass zur Thätigkeit
gegeben war, fand in den Kaufläden manches Specimen der einheimischen
Gebirgsarten und Minerale. Das ganze Stadtviertel wurde
nach allen Richtungen durchwandert, und man lernte dabei viel
vom Charakter und den Sitten des Volkes kennen. Dolmetscher
hatten wir auf diesen Spaziergängen niemals bei uns, und die Unterhaltung
mit den Eingeborenen blieb immer mangelhaft; aber alle
Japaner haben eine seltene Leichtigkeit der Auffassung, sie verstehen
den geringsten Wink und wissen sich durch Gebehrden auszudrücken,
bemühten sich auch uns die japanischen Namen der Dinge beizubringen
und fragten dagegen nach den deutschen, oder vielmehr preussischen,
»pleussischen« Worten, denn eines deutlichen R ist ihr Organ nicht
fähig. Sie schrieben dann das Erlernte emsig auf, und selbst unter
den K a u fleu ten fanden sich schon einige, die das lateinische
Alphabet dazu benutzten, welches den meisten höheren Beamten
ziemlich geläufig ist. Die japanischen Silbenalphabete eignen sich
zum Schreiben fremder Worte durchaus nicht7). — Ueberall wurde
man freundlich empfangen und mit Thee und Pfeifen bewirthet;
man sass oft Stunden lang in den Läden, namentlich in den Buchhandlungen;
die Leute kramten bereitwillig Alles aus, blieben immer
gleich freundlich und höflich, und freuten sich wenn man sie öfter
besuchte. Auch die Frauen und Mädchen, die sich erst schüchtern
versteckten, kamen allmälich zum Vorschein; sie beguckten und
befühlten neugierig unsere Kleider und Wäsche, und betrugen sich
allgemein mit züchtigem, offenen Anstande, wie Frauen die eine
geachtete Stellung im Hause einnehmen. Ein blanker Metallknopf,
eine bunte Glasperle und dergleichen ausländischer Tand machten
die Wonne der Kinder und jungen Mädchen, und selbst Erwachsene
befestigten solchen Flitter mit Stolz an ihre Brief- und Tabakstaschen.
Europäische. Erzeugnisse waren zur Zeit unseres Aufenthaltes noch
fast gar nicht nach Y e d d o gekommen, nur Wiener Streichhölzer
in den bekannten bunten Büchsen mit dem Doppeladler gab es in
. 7) S. S. 6 Anm. 4. und S. 27 Anm. 27.