
•28. AUg„st. Die grosse Liukiu-Insel, deren Höhe die Schiffe am achtundzwanzigsten
Morgens erreichten, wurde wegen des dichten Nebels
nicht sichtbaje Der Wind nahm zu und erzeugte eine hohe. See;
während der Nacht und am folgenden Tage zogen'mehrere Regenböen
herauf, so dass wiederholt alle Mann aufgepfiffen, und Segel
gekürzt und eingenommen werden mussten; die Atmosphäre war
hier offenbar aus dem Gleichgewicht, und ihre Aufregung theilte
sich den Schiffen mit wo es wenig Ruhe gab. Am neunundzwanzigsten
Nachmittags wurde der Wind wieder schwächer, und
30. August, am dreissigsten trat völlige Stille ein, so dass Capitän Sundewall um
zehn Uhr Morgens die Maschine der Arkona heizen liess. Schon
Tages zuvor war ein verdächtiges Fahrzeug in Sicht gewesen, eine
Brigg, die auch jetzt trotz der Aufforderung der Arkona die Flagge
nicht zeigte. Als diese aber’jetzt unter Dampf auf sie lossteuerte,
hisste sie die englische und signalisirte, sie heisse Windhover,
komme aus F u t s a u und gehe nach Sydney.. Capitän Sundewall
hess sie ohne weitere Untersuchung gehen, doch blieb es auffallend,
dass sie den entgegengesetzten Cours steuerte. Die Ofificiere bemerkten,
dass ihr Verdeck für ein Handelsschiff ungewöhnlich klar
sei und dass sie nicht alle Geschütze zeige. Vielleicht hatte sie eine
Ladung chinesischer Kuli’s für Amerika an Bord, und mochte deshalb
die nähere Berührung mit dem Kriegsschiffe zu meiden suchen.
31. August. Den 31. August gingen die Schiffe unter Dampf weiter. In
der Nacht zum 1. September wurde der Schooner losgeworfen,
aber, da die Brise bald nachliess, schon am Morgen wieder in das
Schlepptau genommen. Gegen Abend wurde der Wind wieder etwas
stärker und dabei auffallend heiss, die Luft war sehr drückend.
•2. septbr. Den 2. September Morgens gegen vier Uhr weckte der Ruf
»Alle Mami auf, klar zum Manöver« sämmtliche Bewohner der
Arkona aus dem Schlafe. Die See ging hoch, der Himmel war
bezogen, der Wind blies heftig aus O. N. 0 . und es begann zu
regnen. Schon war der Frauenloh ausser Sicht, nachdem um
drei Uhr bei dem heftigen Seegange die Trosse gerissen, an der
er geschleppt wurde. Das Gross-Marssegel der Arkona wurde
dicht gerefft, fast alle übrigen Segel eingenommen und die Feuer
gelöscht, da die Schraube gegen den heftigen Wind nicht ankämpfen,
die Maschine aber leicht beschädigt werden konnte. Sämmtliche
Pforten wurden geschlossen, was zu bergen war geborgen. und alle
Vorbereitungen getroffen um einem grossen Sturme zu begegnen,
denn- der Wind gewann zusehends an Stärke. Da die Küste von
N ip p o n leewärts in grösser Nähe lag, so suchte der Commodor mit
Hülfe der Segel zu halsen, d. h. das Schiff gegen den Wind zu
drehen und über Süden nach Osten zu lenken — aber vergebens;
der auf das Heck und den Kreuzmast immer stärker drückende
Luftstrom wirkte den Segeln entgegen, und die Arkona gehorchte
nicht mehr ihrem machtlosen Steuer. Um sieben begann das Schiff
sich stark auf die Seite zu legen. Noch war die Luft hell genug
um zu sehen, wie die Wo^en sich Hügeln gleich hintereinander in
Reihen thürmten, vom eigenen Gipfel m milchweissem Schaume
herabstürzend. Das Barometer fiel mit ungewohnter Schnelligkeit
und man wurde inne, dass der gefürchtete T a if u n - so heissen
die mächtigen Wirbelorcane, denen um diese Jahreszeit hier selten
ein Schiff entgeht - wirklich losgebrochen war. Um acht Uhr
wurde es so dunkel, dass man das Ende des Schiffes nicht mehr
sehen konnte; Meer und Wolken schienen sich zu verschlingen. Die
Wogen standen Mauern gleich und der Sturm peitschte den Wasserschaum
wie dichten Nadelregen durch die Luft. See- und Regenwasser
ergoss sich in Strömen über das Deck und durch alle
Oeffhungen in die Batterie hinunter; Wind und Wellen rauschten
nicht mehr, Alles bebte und donnerte, so dass man sein eigenes
Wort kaum hörte und die Commandos von Mann zu Mann weiter
gegeben werden mussten. Nur mit der grössten Anstrengung und
che queer über Deck gespannten Seile fassend konnten sich die
Matrosen fortbewegen.
Der Wind ging nach Osten herum, und die Segel flogen mit
lautem Krachen berstend in Fetzen über Bord. Raaen und Spieren
sausten von den Masten nieder, und in der Takelage schlugen die
Tauenden den Leuten die Köpfe blutig. Mit zerrissenen Kleidern
und halb besinnungslos stiegen viele von oben herab, und so gross
war die Gewalt des Windes, dass einem Matrosen in den Wanten
das wollene Hemd buchstäblich in Fetzen vom Leibe geblasen wurde.
Eine See schlug in die zu Backbord hangenden Boote; der erste
Cutter und die Jolle füllten sich mit Wasser, die Davids brachen
unter der Last und beide Boote versanken.
Die Arkona schlängerte, vom Winde leewärts fest in die
Wogen gedrückt, nur wenig, und holte selten stark nach Backbord
über, obgleich die Neigung nach Steuerbord über 30 Grad
betrug. Eine gewaltige VIeile nach der anderen rollte donnernd