
verwundete schlitzten sich, unfällig zu fliehen, den Leib auf, die
übrigen acht entkamen. Man fand in der Sänfte den blutigen Rumpf,
aber nicht den Kopf des I k a m o , welchen die Mörder entführten.
Jener erste, der mit dem abgeschlagenen Haupte eines seiner
Gefährten floh, hatte sich geopfert um den übrigen die Arbeit zu
erleichtern.
Der wahre Verlauf des Ereignisses wurde nicht sogleich
bekannt; die japanischen Minister erklärten den Gesandten, der
Regent sei verwundet, und nahmen ihre Glückwünsche zu dessen
Rettung entgegen. Demgemäss berichteten auch die englischen
Zeitungen in China und Singapore, und die preussische Gesandtschaft
erfuhr den unglücklichen Ausgang erst bei ihrem Eintreffen in Y e d d o .
I k am o war nach einiger Zeit auch am tlich verschieden.
Nach den officiellen Angaben der japanischen Minister wurde
man keines der entflohenen Mörder habhaft; im Vertrauen aber
theilten die B ü h y o ’s den Gesandtschaften mit, sie wären ergriffen
und hätten Alles gestanden; die That sei ein Racheact des Fürsten
von M ito und von dessen Trabanten verübt. Nähere Aufschlüsse
konnte man nicht erlangen; die Regierung hüllte sich in Geheimniss
und traf nur fernere Maassregeln für die Sicherheit der Legationen.
Die Wachen wurden bedeutend verstärkt und alle Zugänge mit
Feldstücken besetzt: zugleich bat man die Fremden in Y e d d o , sich
in diesen unruhigen Tagen nicht auf der Strasse zu zeigen, und
unterwarf ihren Verkehr mit den Eingeborenen noch grösserer
Beschränkung als vorher und der strengsten Contrölle E ä zu ihrer
Sicherheit« und nicht minderen Unbequemlichkeit. Schon damals
muss ein allgemeiner Angriff auf die Fremden von Seiten der » M i t o -
LoNrne«, der fanatisirten Soldaten des verbannten Fürsten befürchtet
worden sein, darauf deutet das ganze Benehmen der Regierun°\
M i t o stand offenbar an der Spitze einer mächtigen Parthei, welche
den unmündigen T a i k ü n und dessen Anhang zu stürzen drohte;
es hiess allgemein dass er durch die Ermordung der Fremden die
Minister in einen Krieg mit den westlichen Mächten zu verwickeln
und dann über, seine Gegner zu triumphiren hoffe. Fast alle seitdem
in Japan an Ausländern verübten Morde sind seinen Leuten zur
Last gelegt worden. — Die Hauptstadt war in den Tagen nach
I k am o s Tode in der grössten Aufregung; die Wachen wurden
verdoppelt'und alle Strassenthore geschlossen, angeblich um die
Mörder zu fangen, in der That aber wohl in der Erwartung eines
bewaffneten Angriffs. Es hiess in Y e d d o , M it o habe sich mit seinen
Anhängern in ein festes Bergschloss geworfen und trotze von da
aus offen der Regierung des T a ik ü n , - Was das Haupt des Regenten
betrifft, so sollen die Mörder dasselbe zuerst ihrem Herrn gezeigt
und dann nach M ia k o gebracht haben, wo es zwei Stunden lang
auf dem Richtplatze für Staatsverbrecher mit einer Inschrift ausgestellt
gewesen wäre: »Der Kopf des Verräthers, der den heiligsten
Gesetzen des Landes entgegen die Fremden in Japan zugelassen
hat«. Darauf sei es wieder verschwunden und einige Zeit nachher,
in ein schmutziges Tuch gewickelt, über die Hofmauer von I k am o ’s
Palast in Y e d d o geworfen worden. So erzählt das Gerücht, —
und japanische Bravos wären solcher fanatischen Wagniss und
Brutalität wohl fähig. Die bei dem Attentat Gefallenen sollen in
der Hauptstadt ein ehrenvolles Begräbniss erhalten, und durch ihre
kühne That und todesmuthige Vasallentreue im ganzen Lande grossen
Ruhm geärntet haben. —
Nach diesem Allem kann man sich nicht wundern, wenn die
japanische Regierung die Verträge mit ungünstigen Augen ansah;
sie machten ihr’nur Noth und Sorgen nach aussen und innen, und
Hessen, in ihrer Anschauung, auch für die Zukunft keinen möglichen
Vortheil absehen. Allem Anschein nach waren die beiden letzten
TAiKÜne und der Regent als Opfer dieser Verträge gefallen, und
dass die Besorgniss vor einem Bürgerkriege keine leere Ausrede
war, dass eine starke und der bestehenden Regierung sehr gefährliche
Parthei existirte, dass die Verträge wirkhch zu einer tiefgreifenden
Umwälzung geführt und das Fortbestehen der alten
S i o o ü n -Herrschaft in Frage gestellt haben, ist durch die n e u e s t e n
Ereignisse zur Evidenz bewiesen worden. Zur Zeit unserer Ankunft
in Y e d d o waren sich die Fremden noch nicht klar darüber. Die
japanische Regierung gestand damals nicht, dass der M i k a d o und
ein Theil des Lehnsadels ihr Schwierigkeiten bereite, — sie nannte
»die öffentliche Meinung« als den Feind der Verträge, und gewisser-
maassen auch mit Recht; die Menge des Volkes litt, wenigstens
für den Augenbhck, unter ihren Folgen, Die unverhältnissmässige
Wohlfeilheit der Producte in Japan hatte eine massenhafte Ausfuhr
veranlasst, und die daraus folgende Preiserhöhung einzelner Artikel
zog eine Vertheuerung aller übrigen nach sich. Dieser Umstand
drückte sehr hart auf die ärmeren Classen und besonders auf die
niederen Beamten, welche bei geringer Besoldung, die auch