
unter ihr fort; das gute Schiff bäumte sich jedesmal mächtig empor
und glitt dann, seinen äussersten Bord in das Wasser tauchend,
ruhig in das Wogenthal hinab. Nur zweimal wälzte sich eine unbändige
See, den Galion umschlingend, vom Bugspriet her über das
ganze Yerdeck, und stürzte brausend in die Batterie, in das Zwischendeck
hinab. Dort waren die Geschütze^ und alles Bewegliche durch
stärkere Taue gesichert worden; aber in den Kammern der Passagiere
sah es entsetzlich aus, denn diese hatten, nur an schönes
Wetter gewöhnt und mit der Macht der Elemente nicht, vertraut,
sich wenig vorgesehen, und nun flog Alles was nicht niet- und nagelfest
war, in lustigem Tanze durcheinander. Weder Tisch noch Stuhl,
weder Coje noch Hangematte boten einen sicheren Ruheplatz; ein
Stück nach dem anderen machte sich von den Wänden und aus den
Winkeln los, wohin sie gestaut waren: Hutschachteln, Gläser, Dinten-
fässer, Spiegel und Kasten wurden lebendig, flogen in unberechenbaren
Richtungen umher und nahmen die halsbrechendsten Posituren
an; glücklich wem nicht eine schwere Schiffscommode auf den Leib
taumelte. Am Pussboden wogte das Wasser mehrere Zoll hoch,
darin schwammen Bücher, Bürsten, Stiefel und Gigarrenbüchsen,
und wer nicht Acht gab zerschnitt sich die Füsse an den herumhegenden
Scherben. Dabei herrschte unten tiefe Dunkelheit; der
Boden war glatt wie Eis und man musste sich mit Händen und
Füssen festhalten, um nicht beim Ueberholen über die ganze Breite
des Schiffes geschleudert zu werden. Es war ein unbeschreiblicher
Zustand.
Um neun Uhr ging der Wind nach Süd-Osten herum und
wurde etwas schwächer; zwischen ein viertel und halb zehn stand das
Barometer am niedrigsten, das Quecksilber war.in anderthalb Stunden
um einen Zoll gesunken. Bald darauf erhob sich der Wind, der
indess durch O. S. 0. und S. 0 . nach Süden herumgegangen war,
wieder zu seiner früheren Heftigkeit; alle Seeleute versicherten etwas
Aehnliches nie erlebt zu haben.
Der Theorie der Cyclone gemäss hätte man den Cours nach
N.O. beibehalten müssen, um so in der Richtung, in welcher er
kam, wieder hinauszusegeln; aber auch hier lag das Land in grösser
Nähe, und die Gefahr zu stranden wuchs mit jedem Augenblick.
Da alle am Fockmast aufgebrachten Segel wegflogen, so schickte
Capitän Sundewall die Mannschaft in die Wanten hinauf, um die Luft
zu fangen, aber vergebens, das Schiff konnte nicht zum Abfallen
o-ebracht werden. Der Capitän liess nun die Maschine heizen.
Schon waren die Backbordwanten arg gelockert und die Masten
drohten über Bord zu gehen,.— die Mannschaft arbeitete mit uns
ä g l i c h e r Anstrengung und Gefahr, um sie durch Balken und Tauwerk
zu sichern, — schon standen die Zimmerleute mit den Beilen bereit,
um als letzte Auskunft den Kreuzmast zu kappen, — da machte
gegen halb zwölf die Schraube, unter allgemeiner ängstlicher Spannung,
ihre ersten Umdrehungen: das Schiff gehorchte dem Steuer
und” drehte sich in den Wind. — Schon gegen zwölf liess die
Gewalt des Sturmes wieder nach; um drei Uhr brach die Sonne
durch die Wolken, und gegen vier war das Meer ziemlich ruhig.
Aller Augen spähten nach dem Schooner, aber vergebens
wurde der ganze Horizont mit den Fernrohren abgesucht. Seine
Besorgnisse mochte Niemand aussprechen, doch machten die erfahrensten
Seeleute ernste Gesichter. Die Gewalt des Sturmes und
der Wellen war so gross, dass ihnen ke in Schiff mit Sicherheit
hätte trotzen können. Die Arkona, welche sonst leicht an den
Wind geht, trieb lange steuerlos auf den Wellen, und wurde wahrscheinlich
nur durch ihre Schraube gerettet; der Schooner aber
hatte dieses Hülfsmittel nicht, und mag auf hoher See von der
Gewalt der Wogen zerschlagen worden sein. Nur acht Tage später,
in dem T a if u n des 9. September, sank vermuthlich auf dieselbe
Weise die englische Zehnkanonenbrigg Camilla, welche auf der
kurzen Reise von H a k o d a d e nach Y e d d o spurlos verschwand. -
Die japanische Regierung liess auf Ersuchen des Grafen Eulenburg,
nach dessen Ankunft in Y e d d o , Nachforschungen an allen Küsten
des Landes anstellen, ’ aber ohne Erfolg, es wurde niemals eine
Spur vom Wrack des Frauenlob entdeckt. Die Küsten sind dicht
bevölkert, Tausende von Dschunken befahren die umgebenden
Meere, und es wäre bei der minutiösen Genauigkeit und Wachsamkeit
der japanischen Behörden undenkbar, dass man nicht
Nachricht von ausgespülten Trümmern oder sonstigen Ueberresten
erhalten hätte, — aber bis heute hat sich nichts gefunden. Du;
preussische Marine verlor an dem Commandanten Lieutenant Rehtzke
einen ihrer ausgezeichnetsten Offieiere, und mit ihm eine Mannschaft,
die sich in den furchtbaren Strapazen der Stürme am Cap der Guten
Hoffnung vorzüglich bewährt hatte.
Die Mannschaft der Arkona arbeitete am 2. September von
vier Uhr Morgens bis Mittag unausgesetzt und angestrengt, und