
zweiundfunfzigste, dreiundfunfzigste M ik a d o in der Kraft ihrer Jahre
und ziehen sich in das Privatleben zurück. F u d s iw a r a - n o - Y o s i - e u sa
wird Regent bei der Thronbesteigung des sechsundfunfzigsten M ik a d o ,
der sein Tochtersohn und nur neunjährig war. Auch dieser dankt
in seinem sechsundzwanzigsten Jahre zu Gunsten seines achtjährigen
Sohnes ab, welcher herauivachsend Begabung und Thatkraft zeigt,
aber von M o t o - t s u n e , dem Sohne und Nachfolger des Y o s i - e u sa ,
entthront wird. M o t o - t s d n e nahm zuerst den Titel K u a n b a k an
und setzte einen Greis auf den Thron; in ähnlicher Weise schalten
seine Nachfolger durch mehrere Generationen. Die K u a n b a k -Würde
vererbt vom Vater auf den Sohn, das Haupt der F u d s iw a r a steht in
Wirklichkeit an der Spitze des Staates. Nur Greise und Unmündige
werden auf dem Throne geduldet; die höchste W ü r d e hleibt den
M ik a d o ’s , aber alle unter ihnen, die Fähigkeit und Thatkraft zeigen,
müssen abdahken und sich in das Privatleben zurückziehen. Die
E x -M ik a d o ’s bewohnen prächtige Paläste in und um M ia k o , wetteifern
mit den Grossen in glänzenden Festlichkeiten und vergeuden
ihre Kraft in Mummereien und anderen rauschenden Vergnügungen.
M ia k o wird ein Sitz des Reichthums und verfeinerter Sitten: die
vornehme Jugend übt die Jagd und ritterliche Spiele, Musik und
Poesie, sie wirbt um zarte Frauenminne und Waffenruhm, und
sucht Abentheuer gleich den Kämpen des Westens. So erscheint
in Japan das neunte und zehnte Jahrhundert als ein Zeitalter ritterlicher
Romantik3").
Die Berührungen mit dem Auslande wurden seit dem Anfänge
des neunten Jahrhunderts seltener: nur in langen Zwischenräumen
gingen einzelne Priester und Gelehrte nach China, von Gesandtschaften
dahin berichten die Annalen in diesem Zeiträume gar nicht.
Die japanische Gesittung stand jetzt auf eigenen Füssen und
entwickelte sich selbstständig zu immer höherer Blüthe. Die Be-
935 n. ehr. Ziehungen zu Korea blieben die alten bis ran das Jahr 935, in
30) Selbst die Annalen, welche doch nur Auszüge der grösseren Geschichtswerke
sind, enthalten eine Menge Erzählungen von den galanten Abentheuern der E x -M ik a d o ’s ,
der K u a n b a k ’s und anderer Vornehmen, welche schönen Prinzessinnen Serenaden bringen,
und vor den Fenstern der Qeliebten mit ihren Nebenbuhlern die Klingen
kreuzen, ^ und romantische Geschichten von Eifersucht und Grossmuth, von treuer
Freundschaft und Selbstverleugnung. Sie erzählen viel von den Wettkämpfen der
Poesie und Musik in schönen Gärten, unter blühenden Bäumen, am Ufer rieselnder
Bäche oder stiller Seen.
welchem ein Fürst von K a o l i das alternde Königshaus von S in r a
stürzte. Von da bis zum Jahre 1392 hatte Japan gar keinen Verkehr
mit Korea. Gegen das Ende des neunten und zu Anfang des
zehnten Jahrhunderts verwüsteten Corsaren von S in r a vielfach die.
japanischen Küsten und bemächtigten sich auf kurze Zeit der silber-
reichen Insel T s u s - s im a .
Die Ruhe im Inneren des Reiches wurde in dieser Blüthe-
periode nur durch die hochmüthigen ränkesüchtigen Priester und
Mönche der Umgegend von M ia k o zuweilen gestört. In hunderten
reichdotirter Klöster angesiedelt befehdeten sie einander mit Feuer
und Schwert, und zogen oft, mit den zur Schlichtung ihrer Kämpfe
getroifenen Entscheidungen unzufrieden, in hellen Haufen nach der
Hauptstadt, legten Feuer an die Paläste der K u a n b a k ’s und selbst
an die Wohnung der geheiligten Erbkaiser, und mussten mit Waffengewalt
vertrieben werden. Die Annalen erzählen viel von der
Unbeugsamkeit und Zügellosigkeit dieser Priester; ihr Reichthum und
Einfluss wuchs noch bedeutend in den folgenden Jahrhunderten.
Sie wohnten in zahlreichen Corporationen zusammen, die sich
später, zur Zeit der inneren Kriege, vielfach an den Kämpfen betheiligten
und eine politische Macht wurden, welche die Partheien
nicht verachten durften.
Um die Mitte des zehnten Jahrhunderts begegnen wir einer
Rebellion, angestiftet von einem Abkömmling des Kaisers K u a n - m u ,
der sich im Osten von N i p p o n zum M ik a d o ausrufen liess und eine
zahlreiche Parthei zu gewinnen wusste. Erst nach mehreren Feldzügen
bewältigten ihn die Heere der K u a n b a k ’s . Dies war die
Blüthezeit ihrer Herrschaft, welche in den Annalen bis zu Ende
des zehnten Jahrhunderts als gerecht und weise gepriesen wird.
Den Erbkaisern gegenüber behaupteten sie ihr Ansehen auch
noch durch die beiden ersten Drittheile des elften Jahrhunderts:
von dem neunundsechszigsten M ik a d o wird ausdrücklich gesagt,
dass er, obgleich sehr fähig und unterrichtet, sich doch in allen
Regierungsangelegenheiten in den Willen der K u a n b a k ’s habe fügen
müssen; aber ihre Autorität im Lande sank immer mehr. Das
Geschlecht war entkräftet und den inneren Zuständen, die sich im
Laufe der Zeit herangebildet hatten, nicht mehr gewachsen. Die
einzelnen Landschaften wurden ursprünglich von Statthaltern des
M ik a d o regiert, welche allmälich das Amt in ihren Familien erblich
gemacht zu haben scheinen. Die Souverainetätsrechte, die sie