
den Niederländern auch das Begräbniss am Lande verwehren, und
Hess ihre Todten ausserhalb der Bai in die See werfen; später
wurden sie auf einem am Eingänge der Bucht gelegenen Grundstück
eingescharrt. Japanische Boote holten die Särge von D e s im a
ab, kein Holländer durfte sie geleiten. Die Zahl der in der
Factorei zugelassenen Niederländer war von der japanischen Regierung
festgesetzt und auf die zur Betreibung des Handels unbedingt
nothwendigen Personen beschränkt; Frauen durften sie gar nicht
mitbringen. Auf den holländischen Schiffen sollten sich keine
Passagiere befinden; die Musterrolle wurde genau geprüft und dem
Berufe eines Jeden nachgespürt144).
Auf den Höhen am Eingänge der Bai wurde ein beständiger
Auslug auf die See gehalten; sobald von da aus die Wachen ein
fremdes Schiff meldeten, ging ein Boot mit einigen Holländern von
der Factorei hinaus, welche dem Capitän eine versiegelte Instruction
brachten, wie er sich beim Einlaufen zu verhalten habe; die sie begleitenden
japanischen Beamten und Dolmetscher nahmen ihm das
Verzeichniss seiner Ladung, die Liste der Mannschaft und alle
Briefe der Compagnie ab. Das Schiff salutirte beim Einlaufen die
den Eingang der Bucht beherrschenden »Kaiserwachen«14 s) , und
ging dann vor D e s im a , einen Flintenschuss von der Wasserpforte,
zu Anker; zwei Wachtbarken mit Soldaten legten sich daneben, und
bewachten es während der ganzen Zeit seiner Anwesenheit. Zunächst
nahmen dann die japanischen Beamten die Geschütze, Waffen
und Munition in Empfang, welche mit dem sogenannten Bibeltönnchen,
in das alle Andachtsbücher, Crucifixe und Heiligenbilder,
selbst alle europäischen Münzen mit dem Zeichen des Kreuzes
verpackt werden. mussten, am Lande bis zur Abfahrt aufbe-
wahrt wurden. Dann stellten sie in Gegenwart des holländischen
144) Das Misstrauen der Japaner ging so weit, dass die Holländer der Factorei
keine Briefe mit den chinesischen Dschunken absenden durften, ohne den Japanern
Copie davon zu lassen. Alle solche Briefpackete wurden in doppelten Exemplaren
den japanischen Behörden übergeben, welche dann — nach ihrer Auswahl — das
eine abschickten und das andere behielten. Die mit den holländischen Schiffen abgehenden
Privatbriefe wurden mit der Connivenz der Behörden heimlich fortgebracht,
alle officiellen Schreiben aber, ankommende wie abgehende, mussten dem Statthalter
vorgelegt werden. S. Kämpfer.
145) So heissen bei den Holländern zwei militärische Posten am Eingänge der
Bucht, deren Batterieen das enge Fahrwasser bestrichen. Sie standen unter Befehl
und Verantwortlichkeit des Fürsten von F idsen.
Handelsvorstehers eine Musterung der gesammten Schiffsmannschaft
an, und Hessen eine Verordnung über das während der Anwesenheit
im Hafen zu beobachtende Verhalten vorlesen. Die Ladung wurde
unter ihrer Aufsicht gelöscht und auf D e s im a unter Verschluss und
Siegel der Behörden bis zum Verkaufe aufbewahrt. Auch das
Gepäck der mit den Schiffen anlangenden Factoreibeamten wurde
streng visitirt, und alle verbotenen Gegenstände bis zur Abreise des
Besitzers in Beschlag genommen. Nachdem die Ladung gelöscht
war hörte der Verkehr wieder auf, nur mit Pässen versehene Personen
durften sich in Begleitung japanischer Aufseher nach und von
den Schiffen begeben; die ganze Mannschaft wurde täglich gemustert.
Alle, welche die Wasserpforte passirten, mussten sich am ganzen
Körper nach verbotenen Waaren durchsuchen lassen, mit Ausnahme
des Handelsvorstehers und des Schiffscommandanten; und als man
dahinter kam, dass die Capitäne dieses Vorrepht missbrauchten146),
wurde die Untersuchung auch auf sie, zu Zeiten selbst auf die
Handelsvorsteher ausgedehnt. — Die officielle Abreise war durch
kaiserliches Decret auf einen bestimmten Tag des October anberaumt;
dann mussten die Schiffe auch wirklich ihren Ankerplatz vor
D e s im a verlassen, durften aber am Ausgange der Bucht wieder
ankern, und dort so lange bleiben, bis sie ihre Ladung vollständig
eingenommen hatten. So genügt der Japaner häufig zugleich dem
Wortlaut des Gesetzes und den Forderungen der Billigkeit. Bei
der Abfahrt erhielten die Holländer ihre Munition, Waffen und alle
sonstigen in Beschlag genommenen Gegenstände zurück, und wurden
von Wachtschiffen, welche den Schleichhandel verhüten sollten,
weit auf die hohe See hinaus geleitet.
Bei allen diesen Beschränkungen genossen die Holländer des
kostbaren Vorrechtes der Hofreise, deren Zweck war, dem S io g u n ,
dem Thronfolger und den höchsten Staatsbeamten Geschenke zu
überreichen. Der Handelsvorsteher und einige seiner Untergebenen —
146) Die Japaner machten diese Entdeckung 1772, als ein von den Holländern
verlassenes Schiff nach den G otto-Inseln trieb. Sie fanden auf demselben unter
Ändern den künstlichen Anzug des Capitäns, der so eingerichtet war, dass man eine
Menge von Sachen, namentlich vor Brust und Bauch, heimlich darin transportiren
konnte. Thünberg schildert sehr ergötzlich die Verwunderung der Japaner, dass
von diesem Jahre an die Capitäne eben so mager waren, als andere Menschen,
während früher starke Wohlbeleibtheit für eine nothwendige Eigenschaft der Schiffscommandanten
gegolten hatte.