
214 Newharbour. Installirung auf den Kriegsschiffen. I.
Aberglauben ein sehr hohes Alter erreicht und in ihrem hundertsten
Lebensjahre diamantene Eier legt.
Wir verabschiedeten uns mit dem Wunsche, dass der alte
Herr noch recht viele Schwalbennester und demantene Eier gemessen
möge, und wurden von seinem ältesten Sohne nach dessen nahgelegenem
Hause geführt, wo ein opulentes europäisches Frühstück
aufgetragen war. Durch die Fenster und Thüren gaffte eine stumme
Menge herein. Die Wirthe nahmen als strenge Mohamedaner weder
Speise noch Wein zu sich, sondern begnügten sich mit kühlendem
Scherbeth. Graf Eulenburg brachte in deutscher Rede ihre Gesundheit
aus, y dann erhoben wir uns, um die nahgelegenen Etablissements
der P. and O. Company zu besehen. Ihre Lage ist köstlich;
die Bucht bildet liier mehrere tiefe Einschnitte, die steilen Ufer
sind malerisch mit dem üppigsten Pflanzenwuchse bedeckt, unter
welchem sich die rechteckigen kahlen Nützlichkeitsbauten gar sonderbar
ausnehmen; das hohe Meer ist nirgend zu sehen und das Wasser
spiegelglatt. Eine vorhegende längliche Insel bricht den Wogenschwall;
die Schiffe können von Osten und von Westen einsegeln.
Rückwärts thront auf dem Hügel eine Batterie von fünf Geschützen,
welche das ganze Becken beherrscht.
Bei der Heimfahrt erblickten wir das Signal eines preussi-
schen Kriegsschiffes am Flaggenmast auf dem Fort, che Elbe war
in S ich tBH Abends gab der Gouverneur dem Gesandten ein solennes
Diner und empfing ihn dabei mit militärischen Ehren.
8. August. Den 8. August hatte der Gesandte, zu seiner formellen Instahirung
auf den Kriegsschiffen bestimmt. Er begab sich deshalb
mit sämmthchen Expeditionsmitghedem und dem preussischen Consul
Morgens um elf Uhr an Bord der Arkona, wo die Officiercorps
aller vier Schiffe versammelt waren. Nach Vorstellung derselben
durch den Geschwaderchef hielt der Gesandte eine kurze Anrede
an die Versammlung, in welcher er hervorhob, welche Wichtigkeit
Seine könighche Hoheit der Prinz-Regent der Expedition beilege,
und dass er AÜerhöchstdemselben in Aller Namen das Versprechen
gegeben habe, in treuester Pflichterfüllung alle Kräfte an die Erreichung
der vorgesteckten Ziele setzen zu wollen. Er schloss mit
einem dreimahgen Hoch auf Seine Majestät den König und Seine
königliche Hoheit den Regenten, in welches die Musik und die in
Parade aufgestellte Mannschaft mit lautem Hurrah einfielen. Gegen
ein Uhr kamen der Gouverneur mit Lady Cavenagh und seinem
I. Politische Conjuncturen. 215
Adjutanten, der Oberrichter der Colonie, und bald nachher der
T u m a n g u n g mit seinem ältesten Sohne, Herr und Frau Moyer und
der mecklenburgische Consul Gramer an Bord. Nach dem Frühstück
wurde das Schiff besichtigt, und einige Exercitien mit dem Zünd--
nadelgeWehr gemacht, welche die Aufmerksamkeit der englischen
Officiere und der malaiischen Fürsten erregten. Der Gouverneur
verliess um zwei Uhr das Schiff unter dem Salntfeuer der Thetis,
welches der englische Kriegsdampfer Assaye mit der preussischen
Flagge im Grosstop erwiederte Die Arkona salutirte unter den
Klängen des Preussenliedes in dem Augenblick, da das Boot des
Gesandten, - als das letzte, — vom Fallrep abstiess.
Ursprünglich war es die Absicht des Gesandten gewesen,
von Singapore aus nach China zu gehen, um dort mit den Vertragsverhandlungen
zu beginnen. Die Ausführung dieses Planes setzte
aber voraus, dass dort die Engländer und Franzosen ihre Zwecke
erreicht!,, ihre Verträge ratificirt, ihre Gesandten in P e k i n g eingeführt
hätten. Erschien das preussische Geschwader unter solchen
Verhältnissen in den chinesischen Meeren, so konnte man günstige
Resultate mit Sicherheit erwarten. So lange aber die Differenzen
mit England und Frankreich schwebten, liess sich der Hof von
P e k i n g auf Unterhandlungen mit anderen Mächten wahrscheinlich
gar nicht ein. Der mit Negocirung eines Handelsvertrages beauftragte
belgische General-Consul D’Egremont war in diesem Sinne
beschieden worden, und Preussen konnte nichts Besseres erwarten.
Am günstigsten wäre der Augenblick unmittelbar nach dem Siege
der Alhirten oder nach der friedlichen Ausgleichung des Streites
gewesen, aber noch schien die Entscheidung weit hinausgerückt.
Der Untergang des Malabar im Hafen von Point de Galle hatte die
Ankunft der beiden Botschafter Lord Eigin und Baron Gros verzögert,
und die Franzosen verloren ein mit nothwendigen Ausrüstungsgegenständen
beladenes Transportschiff. In Folge dessen
waren, wie in Singapore verlautete,, die Streitkräfte noch nicht einmal
von Hongkong und Schanghai nach dem Norden aufgebrochen;
die Nachricht von den Fortschritten der chinesischen Rebellen,
welche S u t s a u genommen hatten und Schanghai bedrohten, erweckte
wieder die Hoffnung, dass der Hof von P e k i n g dem Druck
der Verhältnisse* weichen ünd die Forderungen der Alliirten erfüllen
würde, ohne es zum Aeussersten kommen zu lassen, kurz, Alles lag
im Ungewissen. Der Gesandte hätte, wenn er in diesem Augenblicke