
unentbehrlich geworden. Einen eigentlichen Iiafen hat es nicht;
grössere Schiffe müssen in beträchtlicher Entfernung vom Ufer lie-
gen, doch ist dev Ankergvund überall gut, und die Rliede durch
die vorliegenden Inseln geschützt so dass selbst bei stürmischem
Wetter der Seegang massig bleibt. Von grösser Bedeutung für die
Colo nie ist eine kleine Bucht mit felsigen Uiern geworden, die in
geringer Entfernung westlich von der Stadt hegt; von der Rhede
aus führt ein schmales Fahrwasser dahin. Diese Bucht ist von
allen Seiten umschlossen, und so tief, dass die grössten Schilfe
sich an die Bolhverko legen können; sie erscheint mit ihren grünen
hügeligen Ufern wie ein stiller Landsee, nur die mächtigen Schilfe
lassen die Nähe des Meeres ahnen. Hier hat die »Peninsular and
Oriental Steam Navigation Company« — deren langen Namen die
Engländer- »the P. and O.« aussprechen — welche die englische
Post durch ganz Ostindien, und nach Mauritius, China und Australien
besorgt, eine Niederlassung gegründet, wo Kohlendepots, Trockendocks,
grosse Magazine für Schilfsbedarf, und alle zur Ausbesserung
von Schiften und Maschinen erforderlichen Anstalten zu finden sind.
Die stattlichen Vorrathshäuser und Werkstätten contrastiren sonderbar
mit den malerisch verfallenen Hütten malaiischer Fischer,
welche hier und da das Ufer säumen. — Der Ort heisst New-
harbour.
Die ganze Insel ist hügelig, von einigen Flüsschen durchschnitten
und mit undurchdringlichem Walde bedeckt. Vom Festlande
trennt sie nur ein schmaler Meeresarm, welchen die Tiger
mit Leichtigkeit durchschwimmen; sie finden in dem Waldesdickicht
einen sicheren Zufluchtsort und sind durchaus nicht von der Insel
auszurotten. Hunderte von Menschen fallen ihnen jährlich zum
Opfer, vor Allen Chinesen, die jetzt den grössten Theil der Bevölkerung
ausmachen und sich auch auf dem Festlande — als
Pfeffer- und Gambiapflanzer — schon in grösser Anzahl niedergelassen
haben. Nach Berichten zuverlässiger Pflanzer waren in
jenen Ansiedelungen in dem kurzen Zeiträume vom Januar 1859 bis
zum April 1860 mehr als 1500 chinesische Arbeiter von ihnen verzehrt
worden. Auf der Insel selbst rechnet man ihre jährliche
Beute auf etwa 400, auch hier meist Chinesen, und die Unsicherheit
soll in der letzten Zeit, obgleich die Regierung 100 Dollar für
jedes Tigerfell zahlt, eher zu- als abgenommen haben. Die Landleute
sind bei ihren Feldarbeiten, wo sie oft Stunden lang nah
dem Waldesrande auf einem Fleck emsig beschäftigt bleiben, ihren
Ueberfällen am meisten ausgesetzt; der Tiger kann sie ungestört
belauschen, und langsam herankriechend den günstigsten Moment
zum Sprunge wählen. Aber auch bis dicht an die Stadt kommen diese
Räuber und die Europäer wagen selten sich aus den belebten Gegenden
zu entfernen. Man zeigte uns auf der Landstrasse ganz in
der Nähe eine Stelle, wo sich vor Kurzem ein Tiger im Angesichte
der Wohngebäude auf einen Wagen mit vier Chinesen gestürzt
und einen davon fortgeschleppt hatte. Einzelne Individuen unter
den Tigern sind besonders gekannt und gefürchtet; sie hausen oft
lange in demselben Revier, merken sich die Gewohnheiten der
Bewohner — so zu sagen die Wechsel — und betreiben Monate
lang ihre Jagd mit ungestörtem Erfolg, ohne dass man ihnen beikommen
kann. — Das ganze hinterindische Festland, namentlich die
malaiische Halbinsel, scheint von diesen Bestien zu wimmeln. In
Penang hörten wir viel davon erzählen, und die Umgegend von
Malacca soll ein gefährlicher Aufenthalt sein. Die Begegnung, eines
ausgewachsenen Tigers ist für den Kaltblütigsten bedenklich: ein
Missionar in Penang sieht bei einem Spaziergang in der Umgegend
plötzlich einen solchen vor sich, in Ermangelung anderer Waffen
spannt er rasch seinen Regenschirm auf, — der Tiger erschrickt,
entflieht; aber auch ihm selbst ist der Schreck in die Glieder gefahren,
er geht nach Hause, erkrankt und stirbt nach wenigen Tagen. —
Bei Malacca gingen drei Malaien durch den .Wald. Ein Tiger überfällt
sie und schleppt den einen fort, die beiden anderen jagen
ihm seine Beute wieder ab und bringen ihren übel zugerichteten
Gefährtön nach einer verlassenen Strohhütte in der Nähe. Während
nun einer von diesen nach der Stadt zurückgeht, um Hülfe zu holen,
bleibt der andere bei dem Verwundeten; Abends aber beschleicht
sie ihr Feind, durch die Blutspuren geführt, von neuem, bricht in
die Hütte ein und erwürgt beide. — Aehnliche Geschichten hört
man viele.
Die Stadt Singapore hegt lang am Ufer hingestreckt. Ungefähr
in der Mitte ihrer Länge ergiesst sich ein Flüsschen in die
See, das sie in zwei an Charakter und Physiognomie sehr verschiedene
Hälften theilt. In der östlichen hegen die Kirchen, die
Regierungs - und Gerichtshäuser und die Wohngebäude der Europäer,
jedes abgesondert, von freundlichen Gartenanlagen umgeben, von
Mauern oder Gittern eingeschlossen. Am Strande zieht sich eine
13"