
Altäre und Götzen auf die schmutzigste und ekelhafteste Weise, so
dass die Sicherheitsbehörde sie kaum vor der Volkswuth schützen
konnte, -r Wer die Virtuosität des Schiffsvolkes im Erfinden aufregender
Mährchen kennt, wird wissen, was er von den Erzählungen
der über ihre Einschliessung erbitterten Seeleute zu halten
h a t172).
Es war vorgeschrieben, dass alle Schiffbrüchigen an die
Niederländer auf D e s ih a behufs der Einschiffung nach Java ausgeliefert
werden sollten173); die japanische Regierung bezahlte ihre
Üeberfahrt und die Verpflegung an Bord. Der Zweck dieser Verordnung
war die Fernhaltung fremder Schiffe, wie denn auch das
alte Gesetz, dass japanische Schiffbrüchige nur durch die Holländer
in ihre Heimath zurückgeführt werden sollten, noch immer streng
beobachtet wurde. Eigentlich durften überhaupt nur solche nach
Japan zurückkehren, die nicht über ein Jahr im Auslande gelebt
hatten, und auch diese wurden eine Zeit lang in einem von ihrem
Wohnort entfernten Landestheile internirt und von den Behörden
beobachtet, ehe man sie den Ihrigen wiedergab. Von einer Vollziehung
der Todesstrafe an zurückgekehrten Schiffbrüchigen ist
unseres Wissens niemals etwas bekannt geworden, wohl aber sollen
manche, die lange im Auslande gewesen und mit den Sitten und
Gebräuchen fremder Völker vertraut geworden waren, ihr Leben in
der Einsamkeit, in gelindem Gefängnisse haben beschliessen müssen.
Auch nicht den Keim einer fremden Anschauung wollte man dulden.
Die japanische Regierung hatte bei Laxmann’s Anwesenheit den
Grundsatz aufgestellt, dass ihre schiffbrüchigen Unterthanen dem
Reiche angehörten, an dessen Küsten sie ihr Leben gerettet hätten,
und sah lieber, wenn sie fern blieben; trotzdem wurden solche Unglückliche
in der Folge noch wiederholt auf fremden Schiffen mit
Gewalt nach Japan geschleppt, um zum Vorwande der Verkehxs-
I7S) Ein Hauptgegenstand der Unzufriedenheit mag die Verpflegung gewesen sein.
Die Japaner sind in ihren Gewohnheiten sehr massig, essen selten Fleisch irnd auch
dann nur Geflügel. Die üppigste japanische Mahlzeit würde den an kräftige Kost
gewöhnten europäischen Matrosen nicht sättigen. Zudem ist es verboten den Gefangenen
— und als solche wurden die Schiffbrüchigen angesehen — berauschende
Getränke zu reichen. Ein Matrose, der Wochen lang kein Fleisch und keinen
Branntwein erhalten hat, wird die Dinge eben nicht im rosigen Lichte sehen.
1,s) So gewissenhaft waren die Behörden in Auslieferung aller Schiffbrüchigen,
dass sie einst die Leiche eines auf dem Transport nach N a n g a s a k i verunglückten
Matrosen eingesalzen in einer Tonne nach Desima ablieferten.
Anknüpfung zu dienen. So kam 1837 der Morrison, ein von einem
amerikanischen Handelshause in China ausgerüstetes Kauffahrthei-
schiff, mit einigen schiffbrüchigen Japanern an Bord nach der Bai
von Y e d d o und ankerte vor U r a g a 174) . Der Ijefehlshaber hatte
seine Kanonen in Macao gelassen, um sie nicht ausliefern zu müssen,
die .Japaner aber machten, da sie es mit einem Kauffahrer zu thun
hatten, wenig Umstände: sie weigerten sich die Schiffbrüchigen
aufzunehmen, welche nur durch die Holländer zurückgeführt werden
dürften, und vertrieben das Schiff mit Kanonenkugeln. Aehnlich
war die Begrüssung, als der Morrison an der Küste von Kiusin vor
Anker gehen wollte. — Höflicher wurde im Jahre 1845 der amerikanische
Wallfischfänger Manhattan behandelt, der zweiundzwanzig
Japaner theils von einer wüsten Insel, theils aus einer beschädigten
Dschunke gerettet hatte. Der Befehlshaber liess .zwei von ihnen
an der nächsten Küste von N i p p o n landen, um die Nachricht von
ihrer Rettung und ein Gesuch um Wasser und frische Lebensmittel
nach der Hauptstadt zu bringen, und segelte dann nach U r a g a .
Die Japaner Hessen das Schiff ohne Umstände ankern und behandelten
nach Abheferung der Geschütze die Mannschaft mit grösser
Freundhchkeit; die Aufnahme der Schiffbrüchigen erfolgte ohne
Weigerung, da sie nicht in fremdem Lande gewesen waren, und
die Behörden dankten für deren Rettung und gute Verpflegung.
Der Capitän, dem es um keinen ferneren Verkehr zu thun war,
erhielt?unentgeltlich Wasser, Holz und Lebensmittel in Menge. Bei
der Abfahrt übergab man ihm eine holländisch abgefasste Empfangsbescheinigung
über die Geretteten, mit dem Zusatz, dass er
künftig die japanischen Küsten nicht mehr anlaufen, sondern alle
diesem Lande ungehörigen Schiffbrüchigen nach einem holländischen
Flafen bringen möge. Viele Japaner besuchten das Schiff, doch
durfte von den Amerikanern Niemand das Land betreten.
Es wurde indessen dem Bewusstsein der handeltreibenden
Völker immer klarer, dass die Stellung Japans nicht länger so
bleiben könne. Die zunehmende Bevölkerung und der wachsende
Wohlstand, die Fortschritte der Humanität und Bildung in der
civihsirten Welt entwickelten das Bedürfniss nach Kraftäusserung
und Ausbreitung im Raume immer lebhafter, der allgemeine Verkehr
und der freie Austausch der Erzeugnisse wurden zur Nothwendigkeit.
l74V An Bord des Morrison befanden sich die protestantischen Missionare Gutzlaff
und Parker.