
als irgend möglich7); man brauchte sich gar nicht zu scheuen ihm
den vierten, ja den zehnten Theil seiner Forderung zu bieten, und
war schliesslich vielleicht doch noch geprellt. Unsere meisten Iseya’s -v,
denn die Regierung stellte oft aus Gründen, die uns räthselhaft blieben,
plötzlich einen neuen an — waren hei aller Gewinnsucht und Verschmitztheit
gutmüthige Menschen, die uns gern jeden Gefallen
thaten und trotz allem Schelten immer aufgeweckt und dienstfertig
blieben. "Wir lebten bald ganz vortrefflich: an Fischen und anderen
, Seethieren war in Y e d d o - kein Mangel; Gemüse und Flüchte gab
es mancherlei, auch Federvieh, Enten, Hühner und Fasanen; alle
anderen aber, besonders die consistenteren Fleischarten an welche
der europäische Magen gewöhnt ist, mussten aus dem etwa vier
Meilen entfernten Y o k u h am a herb eigeschafft werden, der seit dem
1. Juli 1859 den Fremden geöffneten Hafenstadt, wo schon viele
Kaufleute ansässig waren. Ein dortiger Lieferant übernahm es die
Schiffe und die Gesandtschaft in Y e d d o mit dem nöthigen Fleisch
zu versehen; AB man war hier freilich von Wind und Wetter
abhängig, da der Proviant zu Wasser von Y o k u h am a nach den
Kriegsschiffen und von da erst nach A k a b a n e geliefert wurde. Wo es
fehlte nahmen wir unsere Zuflucht zu Herrn Heusken, welcher den
Gesandten täglich besuchte und mit grösser Liebenswürdigkeit und
Umsicht für Alles Rath schaffte. Ohne seine Hülfe wäre die
Haushaltung wohl schwerlich so rasch in Gang gekommen.
Die japanische Regierung hatte der preussischen Gesandtschaft,
wie allen übrigen, eine Abtheilung 9 zweischwertiger Beamten
niederen Ranges — unter dem Befehle eines Ober-Officiers beigegeben,
welche für ihre Sicherheit und vor Allem wohl für ihre
Aufführung verantwortlich waren. Sie hatten unseren ganzen Verkehr
mit den Japanern in und ausser dem Hause zu beaufsichtigen und
uns auf allen Spaziergängen zu Pferde oder zu Fuss auf Schritt
und Tritt zu begleiten. Alle Mittheilungen der Regierung gelangten
an die Gesandtschaft durch den obersten Beamten des Hauses, der
aber niemals mit dem Dolmetscher allein, sondern begleitet von
einem dritten Y a k u n in , dem 'METSKE oder Aufpasser bei dem Attache
du jour erschien. Die beständige Begleitung der Y a k u n in b bei
allen Ausgängen war besonders in der ersten Zeit störend, da sie
uns mit Misstrauen behandelten und hindernd zwischen allen Verkehr
mit den Eingeborenen traten. Wollte man in den Läden etwas
7) Heber die Stellung der Kaufleute in Japan s. S. 121.
kaufen, so blickte der Händler erst fragend nach dem begleitenden
Beamten und versteckte oft auf dessen Wink den gewünschten
Gegenstand, oder forderte unerschwingliche Preise. Nach kurzer
Bekanntschaft aber besserte sich das Verhältniss. Die preussischen
Gäste gewannen durch freundliche Behandlung das Vertrauen der
von Natur gutmüthigen Japaner; die -- - vielleicht auch auf besondere
Erlaubniss der Regierung 9 sich später sehr dienstfertig und aufmerksam
zeigten und ihnen, oft mit Geduld und Aufopferung jeden
möglichen Gefallen erwiesen. Es waren grossentheils joviale und
aufgeweckte Männer, unermüdlich in Wind und Wetter, immer
liebenswürdig, bescheiden und guter Laune, und freundlich dankbar
für jedes kleine Geschenk, jede Bewirthung. Geld nahmen sie nicht
an, aber eine Cigarre, ein Bleistift oder Taschenmesser erregten
kindliche Freude. Dass ihre .Begleitung, wenn auch noch so zahlreich,
im Falle eines Angriffes keine« Schutz gewährt, hat sich
leider in allen Fällen gezeigt; dass sie aber für die Sicherheit und
Bequemlichkeit der Fremden in Y e d d o unter gewöhnlichen. Umständen
vortheilhaft und nothwendig ist, und nicht, wie vielfach behauptet
worden, a l l ein deren Beaufsichtung und die Hemmung des Verkehrs
mit den Eingeborenen bezweckt, unterhegt keinem Zweifel.
Dem Vo lke gegenüber gemessen sie ohne Ausnahme unbedingter
Autorität; jeder leiseste Wink findet schnellen, ehrerbietigen
Gehorsam. Der Pöbel ist in jeder grossen Stadt dem fremdartig
erscheinenden Ausländer gefährlich oder mindestens unbequem; m
Y e d d o aber fällt im grössten Volksgedränge in Gegenwart der
YAKUNINe selten eine Ungehörigkeit vor.
Da nicht alle Mitglieder der Expedition in A k a b a n e untergebracht
werden konnten, so zögen immer einige nach Y o k u h am a
und K a n a g a v a ; die in Y e d d o wohnenden waren sämmtlich Gäste
des Gesandten. Morgens in der Frühe wurde man häufig durch
den schweren Tritt der Matrosen auf dem Corridor geweckt ,>’»4;
denn die Schiffe standen in beständigem Verkehr mit der Gesandtschaft
und die Abfahrt der Boote musste sich nach der Fluthzeit
richten,’: - oder durch das Gequiek eines Schweines, das, unserem
betrunkenen Koch entwischend, von den Küchenjungen verfolgt
durch die Gänge rannte. Auch die Hühner hatten grosse Zuneigung
zu unseren Zimmern gefasst , und nahmen besonders gern auf den
Bettpfosten Platz. - Gegen acht pflegten sich eine Menge Krämer
einzufinden, die aus hunderten von Kisten und Kästchen allerlei