
Was sich nach der Anwesenheit des preussischen Geschwaders
zugetragen hat, liegt ausser dem Bereiche dieser Arbeit. Eine richtige
Beurtheilung der gegenwärtigen Entwickelung wird erst nach
einer Reihe von Jahren möglich sein; die Zeitungsnachrichten über
Japan enthalten mindestens eben so viel Falsches und Unverständiges
als Richtiges und Bedeutsames — und eine Kritik ist bei der
grossen Entfernung sehr schwierig.
Sicher ist, dass das ernste Auftreten Perry’s, welcher dem
S io g u n sechs Monate Bedenkzeit gab und dadurch jede Möglichkeit
einer ausweichenden Antwort abschnitt, eine grosse Gährung in Japan
hervorgerufen hat, und dass die Regierung sowohl den Vertrag
von K a n a g a v a (1854) als den mit Harris nur unter dem Druck der
Verliältnisse und in dem Wahne abgeschlossen hat, dass ihre Weige-
rung das Reich in einen Krieg mit den westlichen Mächten stürzen
würde. Später erfuhren die Japaner, dass Perry die bestimmte
Der Berichterstatter der Revue des deux Mondes (1. Mai 1863) beginnt seine
Darstellung mit einer Uebersicht der Verhältnisse unter T a iE T o - s a m a und J y e y a s ,
welche schwerlich mit den bisher aus japanischen, holländischen und den Berichten
der Missionare bekannt gewordenen Thatsachen in Einklang zu bringen sind,
imd giebt dann ein Bild der japanischen Staatsverfassung: eine Versammlung der
mächtigsten D a T m io ’s votirt alle Gesetze und Verordnungen, welche der S i o g u n nur
zur Ausführung bringt, nachdem sie die Sanction des M i k a d o erhalten haben. —
Was die Zulassung der Fremden betrifft, so hätte M i d s u n o Y e t s i z e n - n o - k a m i
(der Gegner der Ausländer bei Herrn Alcock) dieselbe schon 1842 beantragt. I k a m o -
n o - k a m i und der Fürst von K a n g a ( s . oben) waren den westlichen Nationen sehr
günstig; der letztere liess sogar eine Schrift für die Eröffnung Japans herausgeben,
die viel Aufsehn machte. M i t o war gegen die Zulassung; seine Bemühungen,
Y e t s i z e n - n o - k a m i z u stürzen, scheitern am Einflüsse K a n g a ’s und I k a m o ’s ; er verlässt
Y e d d o , kehrt aber beim Erscheinen der Amerikaner (1853) dahin zurück. Der
S i o g u n I y e y o s i wird von einem Vertrauten M i t o ’s umgebracht — der Mörder entleibt
sich. M i t o entweicht vor den Drohungen I k a m o ’s . Der letztere ändert jetzt
seine Gesinnung gegen die Fremden, sucht aber vergebens dem Perry’sehen Vertrage
auszuweichen, der o h n e Zuziehung der Lehnsfürsten abgeschlossen wird. V o r dem
A b s c h lü s s e m it H a r r is d a g e g e n (1858) berufen der Regent und das G o r o d z i o
eine Versammlung von D a T m io ’s . Der Fürst von M i t o bleibt mit einigen der mächtigsten
Lehnsfürsten in der Minorität und verlässt die Versammlung — der Tractat
wird unterzeichnet. An die Spitze des Ministeriums wird aber M i t o ’s Freund, der
fremdenfeindliche V o k i s a k u N a k a t s u K a s a n o T a T r a berufen. Der S i o g u n stirbt,
wahrscheinlich von M i t o vergiftet. I k a m o bringt den Fürsten von K n auf den Thron,
V o k i s a k u zieht sich zurück.
Ueber die Glaubwürdigkeit dieser Darstellung kann man sich durch Vergleichung
mit den von Herrn Alcock wiedergegebenen Berichten ein Urtheil bilden. —
Weisung liatte, keine Gewalt zu brauchen, und dass auch die anderen
Nationen aus ihrer blossen Weigerung, Verträge abzuschliessen,
keinen Kriegsfall gemacht haben würden. Sie haben das Bewusstsein,
überrumpelt worden zu sein und werden es den Fremden niemals
vergessen. Selbst die Parthei, welche ursprünglich, sei es aus
staatskluger Ueberzeugung, sei es aus Neigung, die Zulassung der
Fremden durchsetzte, kann jetzt kaum noch mit günstigen Augen
ihr Werk anßehen, welches die Landesregierung in so ernste Verwickelungen
gestürzt und wahrscheinlich das Fortbestehen der alten,
in den Augen der Japaner wohlbewährten Verfassung unmöglich
gemacht hat.
Obgleich die Bevollmächtigten des S io g u n die vertragsehlies-
senden Mächte gebeten hatten, vor dem Jahre 1863 keine diplomatischen
Vertreter nach Y e d d o zu schicken, da ihr früheres Erscheinen
leicht zu unangenehmen Zusammenstössen mit der dortigen Bevölkerung
führen könnte, so trafen doch schon im Juni 1859 dei
grossbritannische Gesandte Mr. Alcock und bald darauf der zum
Minister-Residenten der Vereinigten Staaten ernannte Herr Harris
in der Hauptstadt ein. Gegen Ende desselben Jahres liess sich
auch der Vertreter des Kaisers von Frankreich, Herr Duchene de
Bellecourt, dort nieder.