
ganz auf den Umgang der Japaner angewiesen, von denen er unausgesetzt
die rührendsten Beweise des Wohlwollens und freundschaftlicher
Zuneigung erhielt. Mr. Harris blickte in späteren
bewegten Zeiten noch immer mit Befriedigung auf seinen einsamen,
durch keinerlei Misshelligkeiten getrübten Aufenthalt in S im o d a
zurück; er hat seine gute Meinung von der Aufrichtigkeit und
Loyalität der japanischen Regierung auch später unter den allertraurigsten
\ erhältmssen lange bewahrt, und dem oft übertriebenen
Argwohn der Vertreter anderer Mächte in versöhnender Weise das
Gleichgewicht gehalten. Er selbst sowohl als sein Secretär und
Dolmetscher Herr Iieusken, ein Holländer von Geburt, haben es
verstanden, sich in die japanischen Zustände einzuleben wie Wenige,
und durch geschickte Combinationen und Benutzung der Umstände
Erfolge erreicht, die man sich zuvor nicht geträumt hatte.
Im Sommer 1857 erhielt Herr Harris ein eigenhändiges Schreiben
des Präsidenten der Vereinigten Staaten an den S io g u n . Er zeigte
dies den Behörden von S im o d a mit dem Bemerken an, dass er den
Brief nur dem S io g u n selbst oder dessen Ministern einhändigen könne,
und dass er diesen mündlich wichtige Mittheilungen zu machen habe.
Die Hindernisse, welche man ihm in den 'Weg legte, schienen unüberwindlich,
aber Mr. Harris verweigerte standhaft die Ablieferung
des Schreibens, auch wenn besondere Bevollmächtigte von der
Hauptstadt zur Empfangnahme desselben nach S im o d a kämen. Die
japanische Regierung gab endlich nach; der amerikanische Consul
ging mit Herrn Heusken zu Ende des Jahres 1857 nach Y e d d o , wo
bald nachher auch Herr Donker Curtius aus N a n g a s a k i eintraf.
Ihren Bemühungen gelang es die Minister des S io g u n zu überzeugen,
dass die Zeit zu ferneren Zugeständnissen und zur Eröffnung des
Landes für den Verkehr der westlichen Völker gekommen sei, dass
die Ehre und der Vortheil Japans die Abschliessung neuer Verträge
auf friedlichem Wege und ohne die drohenden Demonstrationen
anderer Nationen abzuwarten, dringend erfordere. Das gleichzeitige
Auftreten der Engländer und Franzosen, welche damals in den nordchinesischen
Meeren bedeutende Streitkräfte zusammenzogen, gab
diesen Vorstellungen Nachdruck, und die japanische Regierung willigte
ein. Die Verhandlungen dauerten mehrere Monate und wurden,
nachdem alle Paragraphen von beiden Seiten angenommen waren,
im April 1858 geschlossen; aber die Unterzeichnung der Verträge
konnten die Bevollmächtigten nicht erlangen: der S io g u n , hiess es,
und seine Minister hätten den besten Willen, aber es lägen Umstände
vor, welche die Unterzeichnung für jetzt unmöglich machten; die
Bevollmächtigten könnten nicht wünschen eine Staatsinnwälzung,
einen Bürgerkrieg hervorzurufen, dessen Ausgang nicht abzusehen
wäre; man möge sie nicht drängen, sie hofften die Schwierigkeiten
noch vor dem Herbst zu überwinden. — Die Hindernisse zeigten
sich für den Augenblick unbesiegbar; so reisten denn die Herren
Harris und Donker Curtius, nachdem die Verträge fertig aufgesetzt
waren, doch unverrichteter Sache von der Hauptstadt wieder ab.
Mr. Harris war noch nicht lange in S im o d a zurück, als dort
eine amerikanische Fregatte mit der Nachricht von der Einnahme
der T a k u - Forts und der Unterzeichnung des Friedens von T ie n t s in
eintraf, durch welchen die V/"estmächte das Hecht der diplomatischen
Vertretung in P e k in g erhielten. Er begab sich nun sofort mit dieser
Nachricht nach K a n a g a v a ; die Regierung sträubte sich nicht länger,
sondern vollzog, in der Ueberzeugung, dass die siegreichen Flotten
sich jetzt gegen Japan wenden würden, die Unterzeichnung des
während des Winters verhandelten Tractates. Sie wich auch dieses
Mal nur dem Drange der Ereignisse und fügte sich den Amerikanern
freundschaftlich, um bei der Ankunft der Engländer und Franzosen
nicht den Schein einer Niederlage zu haben. Am 10. August traf
Lord Eigin mit einem englischen Geschwader im Hafen von S im o d a
ein. Alle Bemühungen des dortigen Gouverneurs, ihn von der
Weiterreise nach der Hauptstadt abzuhalten, blieben fruchtlos; die
Schiffe stachen schon am zwölften wieder in See und gingen, nachdem
die Japaner sie noch bei U r a g a vergebens aufzuhalten gesucht
hatten, an demselben Nachmittage auf der Rhede von Y e d d o z u Anker.
Die Aufnahme von Seiten der Behörden war sehr zuvorkommend
und die Verhandlungen gingen durch die Hülfe des Herrn Heusken
rasch und ohne Anstoss von Statten, schon am 26. August wurde
der mit dem amerikanischen fast gleichlautende Vertrag unterzeichnet.
Er gab den Engländern das Recht, einen diplomatischen Vertreter
in Y e d d o und Consuln in den zu eröffnenden Häfen anzustellen; ihr
Vertreter sollte die Befugniss haben, überall im Lande frei umherzureisen.
Ausser den Häfen von N a n g a s a k i , H a k o d a d e und K a n a g
a v a M 9), welche vom 1. Juli 1859 an dem Verkehr zu eröffnen
waren, sollten die Häfen von N e a g a t a am 1. Januar 1862 und
F io g o am 1. Januar 1863 freigegeben werden. Auch in Y e d d o
179) S im o d a war als für den Handel unzweckinässig ganz aufgegeben worden.