
freundlich aufgenommen und mit Thee bewirthet wurden; wir sassen
umgeben von einem dichten Menschenhaufen, der sich allmälieh
aus der Nachbarschaft angesammelt und bis in die Zimmer, gedrängt
hatte. Es erregte hier grosses Gelächter, als wir die Pferde von der
linken Seite bestiegen. Der Rückweg - wurde in der Dämmerung
zurückgelegt, und der T o k a id o war so voll dass man' nur Schritt
reiten konnte.
Ein anderer Tempel im nördlichen Theile des H o n d zo ist
durch seinen Eingang merkwürdig. Man tritt durch das Portal in
einen viereckigen Vorhof, dessen Areal ein Wasserhassin fast ganz
ausfüllt; darin liegen im Radius der ganzen Anlage zwei Inselchen,
durch Brücken mit einander und mit den Ufern verbunden. Der
grade Weg nach dem Tempel hegt über diese Brücken, von denen
die äusseren so hoch gewölbt sind, dass man nur darüber kl e t tern
kann; der gezimmerte Brückenbogen bildet einen vollständigen
Halbkreis. Glücklicherweise für Solche, die Turnübungen nicht
liehen, führt ein schmaler Gang längs den Seiten des Hofes um
das Bassin he rum. - Die Bonzen und die zugeströmte Bevölkerung
waren auch in diesem von Fremden noch nicht besuchten Tempel
sehr neugierig und höflich.
So verstrich die zweite Hälfte des September; der Gesandte
. verkehrte viel init den Herren Harris und de Bellecourt, welche
im Stande waren mancherlei Aufschlüsse über das Land und seine
Zustände zu geben. Heusken begleitete den Grafen Eulenburg
täglich auf seinen Spazierritten und blieb dann gewöhnlich zu Tisch
und den Abend über in A k a b a n e . Auch der Umgang des Abbe
Girard, eines viel gereisten kenntnissreichen Mannes, der lange auf
den Liu-kiu-Inseln gelebt und sich mit dem Studium des Japanischen
beschäftigt hatte, war. sehr lehrreich und erfreulich. Wir
fanden hei den Vertretern von Frankreich und Amerika erwünschte
Gelegenheit, durch Anschauung der von ihnen gesammelten kunstreichen
Arbeiten undLandesproducte unsere Kenntnisse zu erweitern;
sie bewirtheten die preussische Gesandtschaft mehrfach in ihren
Tempeln. Der Koch des Herrn von Bellecourt, ein Chinese, hätte
sein Glück in Paris machen können, und die heitere Laune des
Wirthes, der seine Verbannung aus dem schönen Frankreich mit
jovialer Schwermuth trug, erhob das Gastmal zu einem wahren
Feste. — Bei einem von Herrn. Harris gegebenen Frühstück pro-
ducirten sich Jongleure, welche das Unglaubliche und Unbegreifliche
leisteten. Besonders anziehend sind ihre Kreisel- und Schmetterlingsspiele;
bei letzterem lässt der Jongleur zwei durch einen Seidehfaden
verbundene Stückchen Papier durch die Bewegungen seines Fächers
das Flattern und Spielen zweier Schmetterlinge so täuschend nachahmen,
dass man es wirklich zu sehen glaubt; ein sehr anmuthiges
Kunststück, das sich hei stiller Luft auch im Freien ausführen lässt
und dann gewöhnlich damit schliesst, dass einer der Schmetterlinge
hoch in die Luft gejagt wird und sich, langsam herabsinkend, auf
eine von dem Jongleur gehaltene Blume ‘ niederlässt. Die Kreiselspiele
erfordern einen grösseren Apparat, sind aber sehr künstlich
und sinnreich erfunden; der Jongleur lässt den Kreisel von der
Hand über den Arm, über Schultern und Rücken bis in die andere
Hand hinablaufen und mit unglaublicher Geschicklichkeit die wundersamsten
Sprünge völlführen.
Unterdessen wurden die Aussichten auf den Vertrag wenig
besser; die Regierung fuhr fort die fremden Vertreter zu versichern,
dass sie jetzt keine weiteren Handelstractate abschliessen könne.
Die am 21. September eintreffende Nachricht von der Einnahme
der T a k u - F oH s und T ie n t s in ’s durch die englisch-französische
Armee machte gar keinen Eindruck; offenbar wirkte das Schreckbild
eines auswärtigen Krieges nicht mehr wie früher, die Regierung' des
T a ik ü n fürchtete wahrscheinlich einen Aufstand der D a im io ’s mehr
als alles Andere. Graf Eulenburg hatte die B u n y o ’s bei ihrem Besuche
am achtzehnten ernstlich aufgefordert, ihm den definitiven Bescheid
der Minister bald mitzutheilen; sie erschienen schon am einundzwanzigsten
wieder in A k a b a n e , sagten, eine schriftliche Instruction in
der Hand, nochmals alle schon zum Ueherdruss wiederholten Argumente
her, um den Gesandten von der Unmöglichkeit des Vertragsabschlusses
im gegenwärtigen Moment zu überzeugen, und äusserten
schliesslich die Bitte irgend ein Auskunftsmittel zu finden, welches
die japanische Regierung der unangenehmen Nothwendigkeit enthöbe,
die Anträge des Gesandten zurückzuweisen. Graf Eulenburg hatte in
der Unterhaltung am achtzehnten, um sich der asiatischen Auffassung
anzupassen, ein Gleichniss gebraucht: Vier Personen hätten mit
einer fünften Freundschaft geschlossen, und diese erkläre ihnen, dass
sie gern aufch noch mit anderen anständigen Leuten Bekanntschaft
machen würde. Die vier Freunde erzählten das einer anderen
Person, und versprächen entgegenkommende Aufnahme, wenn sie