
geschliffen oder laekirt und mit .Buckeln und anderen Zierrathen
von Bronze beschlagen. Der Eingang besteht aus einem breiten
Mittelthor, das nur für Standespersonen geöffnet wird, und zwei
bis drei kleineren Thüren zu jeder Seite; die ganze Construction
ist symmetrisch. Die Schwelle hat bei allen japanischen Thoren
fast zwei Euss Höhe; der Stimbalken springt bis unter das Üach-
gesims hervor und trägt das Wappen des Besitzers, erhaben und
massig in Bronze oder schwarzem Stuck, g e a r b e it e t .D ie s e Portale
sind die besten Erzeugnisse der japanischen Baukunst, eine
w ir k li c h e , wenn auch sehr einfache A r c h it e c tu r , denn alle
Theile haben Zweck und Bedeutung und verbinden' sich zu einem
organischen Ganzen; der Charakter ist ganz eigenthümlich und von
allem sonst Bekannten verschieden. Sie haben bei aller Schwere
der Structur ein schönes Ebenmaass der Verhältnisse und tragen
das Gepräge vornehmen Ernstes und herrschaftlicher Würde. Die
bronzenen Balkenknäufe, Sockelund sonstigen Beschläge sind meist
von vortrefflicher Zeichnung; ihre dunkelgrüne goldige Farbe stimmt
schön zu dem natürlichen Dunkelbraun oder Grau,; zu dem schwarzen
oder tiefrothen Lack des Holzwerkes, und erhöht den Eindruck
der ernsten Einfachheit und Strenge man glaubt trotz aller
Unähnlichkeit mit europäischen Bauwerken Arbeiten des frühen
Mittelalters zu sehen.
Einen guten Ueberblick über den südwestlichen Theil von
Y e d d o gewinnt man auf dem A t a n g o - y a m a , dem nördlichen Ausläufer
des Höhenzuges, welcher das Stadtviertel A k a b a n e von dem
Soxo-Smound den centralen Handelsquartieren trennt. Schwindelerregende
Treppen ■ eine ununterbrochene Flucht von über hundert
steilen Stufen führen zur Höhe hinan, oben hegen Tempel und
Theehäuser, und am langgestreckten Rande des Flügels strohgedeckte
offene Hallen mit vielen Bänken und Tischen für die Gäste-
man fühlt sich an einen Vergnügungsort der deutschen Heimath
versetzt. Unten breitet sich die weite vom Meere begrenzte Ebene
aus: im Vordergründe einige aristokratische Strassen, dahinter und
nördlich die vom T o k a i d o durchschnittenen gewerblichen Quartiere,
links die Mauern und vorspringenden Thorbauten des S o t o - S iko
und des Sifeo, und entfernter in derselben Richtung die den kaiserlichen
Palast beschattenden Baumwipfel. Diese Aussicht ist ebenso
einförmig wie ausgedehnt, man sieht ein Meer von gleichartigen
grauen Dächern, aus dem nur hier und da einer der viereckigen,
nach oben verjüngten Holzthürine hervorragt, wo die Feuerwachen
postirt sind; — in der Ferne die Rhede mit den Forts.
Unsere Tagesordnung in A k a b a n e blieb während des ganzen
Aufenthaltes ziemlich dieselbe. Sehr unterhaltend war der Verkehr
mit den Krämern, die uns täglich besuchten und an den von den
Kriegsschiffen herüberkommenden Ofiicieren und Mannschaften immer
neue Kunden fanden. Diese Volksclasse ist gutherzig, fröhlich
und dienstfertig, aber verschlagen und geldgierig; der japanische
.Kaufmann nimmt eben jeden Vortheil den er erreichen kann.
Man darf sich nicht scheuen ihm ein Viertel, ja ein Zehntel seiner
Forderung zu bieten, er thut dann sehr entrüstet, lässt sich nur
langsam und anscheinend mit grösser Selbstüberwindung herabdingen,
streicht aber schliesslich lachend und ohne alle Scham den zehnten
Theil des Verlangten ein. Man hat auch dann wahrscheinlich noch
zu viel bezahlt. Die Händler bestanden oft mit eiserner Zähigkeit
Wochen lang auf den unsinnigsten Forderungen und schleppten ihre
Sachen immer wieder mit fort; wer aber beharrlich blieb, fand das
Gewünschte eines Tages plötzlich in seinem Zimmer zu dem gebotenen
I ’reise. Merkwürdig ist dabei ihre Unfähigkeit im Kopfe zu
rechnen; bietet man ihn herunter, so holt der Verkäufer seine Rechenmaschine
heraus, ein flaches offenes Kästchen, in welchem Holzringe,
die Einer, Zehner u. s. w. bedeutend, an parallelen Stäben hin und
her geschoben werden. Nach langem Handthieren und Kopfschütteln
blickt er dann wehmüthig gen Himmel, holt, die Luft durch die
Zähne schlürfend, aus tiefer Brust Athem, und nennt mit halb
feierlicher, halb spitzbübischer Miene das Ergehniss seiner Anstrengungen,
das gewöhnlich sehr unbefriedigend ist. Bei jedem
neuen Gebot wird diese Procedur wiederholt. Nicht selten kam es
vor, dass mehrere Gegenstände zusammen mehr kosten sollten als
die Summe der für jeden einzelnen geforderten I’reise; man musste
es auf jede Weise versuchen. Bei diesem Verkehr pflegten die
japanischen Händler auf dem Boden zu knieen und grüssend oder
dankend mit der Stirn häufig die Erde zu berühren; sie betrugen
sich überhaupt, namentlich anfangs, sehr demüthig und mit grinsender
Unterwürfigkeit, die bei näherer Bekanntschaft einer weniger
knechtischen Zutraulichkeit Platz machte. Sie müssen, so wohlfeil
uns auch Alles erschien, doch sehr gute Geschäfte gemacht haben,