
Japan derartige Zumuthungen westlicher Mächte, mit Erfolg zurückwies;
nun standen ihr aber diese beiden Tractate als unumgängliche
Folge des preussiselien wie Schreckbilder vor Augen und diese
Aussicht bestärkte sie offenbar in ihrem zähen Widerstande.
Am 1. October liess der Minister des Auswärtigen den Gesandten
ersuchen, schon am folgenden Tage, statt am 4. October,
zu ihm zu kommen und nur ein kleines Gefolge mitzubringen, das
bei der Conferenz gegenwärtig sein könne; er bat ferner dass
unsere Flagge vor dem Palais bleiben und nicht, wie das erste
Mal, in den Vorhof gebracht werden möge; das sei gegen den
japanischen Gebrauch, dem sich die anderen Gesandten bisher
gefügt hätten. Der grade in A k a b a n e anwesende Herr von Bellecourt
bestätigte diese Aussage, und so liess der Gesandte dem
Minister entbieten, dass er seine Wünsche erfüllen werde.
2. Octbr. Der Empfang war ähnlich wie das erste Mal. Draussen vor
dem Palais standen längs der ganzen Ausdehnung der Strassenfront
gleichgekleidete Hausofficianten mit weissen Stäben in abgemessenen
Entfernungen. Am Portal empfing M o r iy a m a , im Vorzimmer die .
B u n y o ’s . Bei A n d o - T s u s - s im a - n o - K am i fand der Gesandte wieder
den ihm von der ersten Conferenz bekannten Staatsrath aus der
Versammlung der »Jungen alten Männer«. Der andere Minister
W a k is a k a - N a k a t s u k a s a - NO - T a y u n , hiess es, sei noch immer
krank; nach der Ansicht der Europäer war derselbe in Ungnade
gefallen.
Die Conferenz dauerte drei Stunden; der Minister war in
seinem Wesen weniger förmlich und zurückhaltend als das erste
Mal und wiederholte mehrfach das Anerbieten eines schriftlichen
Versprechens, liess sich aber zu keinem weiteren Zugeständniss
bewegen. Die alten Argumente wurden abermals aufgetischt: die
Nachtheile, welche die Verträge bisher dem Lande gebracht hätten,
die dadurch herbeigeführte Aufregung im Volke, welche besondere
seit Abschluss des Vertrages mit Portugal hervorgetreten wäre, die
Unmöglichkeit so viele Milhonen in kurzer Zeit von den künftigen
Vortheilen des Fremdenverkehrs zu überzeugen. Als Graf Eulenburg
dem Minister die in den Additional-Artikeln vom 30. Januar 1856
und in einem amtlichen Schreiben des folgenden Jahres gegebenen
Versicherungen vorhielt; dass dem Eingehen von Verträgen mit
anderen Nationen und selbst mit Portugal kein Hinderniss im Wege
stehe, wurden diese Documente herbeigeholt. A n d o - T s u s - s im a aber
erklärte, dass alle Bestimmungen dieser Convention durch den
Abschluss der späteren Verträge ausser Kraft gesetzt wären. Auch
seine eigene mündliche Zusage an Herrn Harris, mit Preussen ab-
zuscliliessen, sei nur eine ganz allgemeine gewesen; die Regierung
weigere sich auch durchaus nicht in Vertragsverhältnisse zu treten, sei
im Gegentheil bereit zu einem schriftlichen Versprechen, könne
aber unmöglich im gegenwärtigen Augenblick weiter gehen und
müsse auf dieser Antwort beharren. Ln Eifer des Gespräches ergriff
A n d o - T s u s - s im a den vor ihm stehenden Feuerbecher, — ein zum
Rauchapparat der Japaner gehöriges Geräth von Bronze, in welchem
unter feiner Asche eine Kohle zuin Anzünden der Pfeifen stundenlang
fortglimmt, — und sagte, Japan sei wie dieser Becher; das Feuer
im Inneren glühe fort und fort und verzehre den Inhalt, äussere
Flammen aber könnten dem Gefässe und seinem Inhalt keinen Schaden
thun. Das innere Feuer drückte »die öffentliche Meinung« aus, die
äusseren Flammen das Andringen der fremden Mächte, — Krieg.
Dies war in der That der richtige Ausdruck für die Anschauung
der Regierung; die Furcht vor Verwickelungen mit dem Auslande
hatte sich gelegt, man glaubte selbst ausgesprochenen Drohungen
nicht mehr, da sie niemals von thätigen Aeusserungen der Macht
begleitet wurden, da ferner eine Depesche vom englischen Minister
des Auswärtigen in die Oefi'entlichkeit gelangt war, in welcher der
brittische Gesandte wegen der Androhung kriegerischer Maassregeln
einen Verweis erhielt. Das Gefühl überrumpelt worden zu sein
machte die japanische Regierung jetzt doppelt zähe, und die frühere
Nachgiebigkeit schlug in starre Zurückhaltung um. Man suchte
sich auch den e ing e g äng enen Verpflichtungen zu entziehen, und
fand in dem Benehmen der fremden Ansiedeler, in der Vertheuerung
der Lebensmittel und der politischen Aufregung alle Veranlassung
dazu. Der Minister sprach in seinem Gleichniss ganz deutlich aus,
dass er sich vor äusseren Zerwürfnissen nicht fürchte. Dass aber
seine Besorgniss vor gefährlichen inneren Spaltungen nicht unbegründet
war, haben die neuesten Ereignisse deutlich bewiesen.
A n d o - Tsus - s im a selbst wurde später -«•' im Januar 1862 — wegen
seines gemässigten Auftretens gegen die Fremden von acht fanatischen
Bravo’s auf der Strasse angefallen; es gelang ihm glücklicher Weise
aus dem N o r im o n zu springen und sein Schwert zu ziehen, er erhielt
aber im Handgemenge kämpfend einen Hieb in das Gesicht und
einen Lanzenstich in den Rücken, der nahezu tödtlich geworden