
Grossen auf die europäischen Erzeugnisse53) und den Umgang der
Portugiesen lüstern, und untereinander auf den Besuch der fremden
Schiffe sehr eifersüchtig; der Handel brachte ihnen grossen Gewinn.
Die Portugiesen verkehrten, soweit es die fortwährenden Kriegswirren
zuliessen, frei und ungehindert wo sie wollten; viele Hessen
sich schon damals ganz in Japan nieder und heiratheten die Töchter
des Landes.
Mit einem der ersten portugiesischen Schiffe, die Japan besuchten,
kam ein angesehener Mann aus der Landschaft S a t su m a ,
wahrscheinlich wegenTodtschlages landflüchtig, nachMalacca und von
da nach vielen merkwürdigen Schicksalen nach Goa54). H a s s ir o —
so hiess der Flüchtling — liess sich mit seinem Diener in dem dortigen
Jesuitencollegium taufen und erhielt den Namen Pablo de
Santa Fe. Seine Erzählungen weckten in Franz Xaver* dem da-
maHgen Oberhaupte der ostindischen Ordensprovinz, das Verlangen,
in Japan das EvangeHum zu predigen, und in der That kann es
kaum jemals einen günstigerep Boden für die Aussaat des Christen-
thumes gegeben haben.
Der alteinheimische K a m i - oder SiNTO-Cultus war theils
Natur-, theils Heroendienst und entbehrte wie es scheint jeder
53) Pinto und Andere sagen, dass die Portugiesen das erste Feuergewehr nach
Japan gebracht und dort die Bereitung des Schiesspulvers gelehrt hätten. — Schon
beinahe 400 Jahre früher, bei den Kriegen des Yori- tomo, kommt eine Stelle in
den Kaiserannalen vor , die nach Klaproth auf den Gebrauch von Feuerwaffen
schliessen lässt. Siebold, welcher glaubt, dass auch die Chinesen das Schiesspulver
von den Europäern erhalten haben, sagt, dass sich die ersten Spuren von Feuerwaffen
unter dem Mikado Go- kasi- bara (1501 —1527) bei den Japanern finden, und
dass sie dieselben wahrscheinlich von dem benachbarten Festlande erhielten. Yon der
Mitte des sechszehnten Jahrhunderts an verbreitete sich der Gebrauch des Feuergewehrs
rasch über ganz Japan, gegen Ende des Jahrhunderts muss schon ein
grösser Theil des Fussvolkes mit Luntenilinten bewaffnet gewesen sein.?— Yon den
Kanonen sollen die Japaner schon 1528 durch den Verkehr mit China Kenntniss
erhalten haben; 1551 brachte ein portugiesisches Schiff dem Fürsten von B ungo
eine Kanone als Geschenk.
M) Pinto eignet sich unter ändern auch das Verdienst an, den Hansiro aus
Japan nach Ost-Indien geführt zu haben; damit streiten aber die ausdrücklichen
Angaben des Japaners selbst , die uns in Briefen an seine Freunde unter den Jesuiten
in iGoa erhalten sind, und die Berichte des Franz Xaver. Letzterer nahm selbst
den Hansiro von Malacca mit nach Goa. S. Cartas que los padres y hermanos de
la compania de Jesus que andan en los Reynos de Japon escribieron a los de la
misma compania etc. Alcala 1575.
theosophisohen Grundlage. Die Lehren des Confucius sind ethischer
Art und haben in d ie s e r Richtung den grössten Einfluss auf die
japanische Gesittung gehabt. Der Buddismus stützt sich auf eine
Art geoffenbarter Gottes Weisheit, lehrt aber eine Theorie von Welt
und Ewigkeit, die in ihren wesenthchen Sätzen fast durchaus verneinend
ist. Er fand wohl deshalb so viele Anhänger unter dem in
der Gesittung vorgeschrittenen Volke, weil er bestimmte Glaubenssätze
lehrt und zum Denken, zur Betrachtung anregt. Was die
japanischen Theologen durch eigenthümhche Ausbildung und Umgestaltung
allmäHch aus diesen Elementen gemacht haben, wissen
wir nicht genau: das Resultat muss aber, nach seinen in der Gesittung
des Volkes zu Tage Hegenden Wirkungen zu urtheilen, etwas
von dem indischen und chinesischen Buddismus sehr abweichendes
sein. Es gab viele Secten55), unter denen einige erwähnt werden,
die keine Tempel besuchten, keine Bilder verehrten und ein reines
Leben, innere Zufriedenheit und Heiterkeit als höchstes Ziel und
Beruf des Menschen darstellten. Alle Bekenntnisse wurden vom
Staate als gleichberechtigt® angesehen, ja sie hatten nach den Berichten
einiger Missionare ein gemeinsames Oberhaupt56), das in
M ia k o residirte. So heftig die Bonzen unter einander über die
Vorzüge ihrer Lehren stritten, so weit war das Volk von aRem
ReHgionsfanatismus entfernt. Jeder wählte sich die Lehre, die ihm
am meisten zusagte; die christHchen Bekehrer staunten, die Mit-
gheder einer und derselben FamiHe den verschiedensten Secten
angehören zu sehen, ohne dass Frieden und Eintracht darunter
geütten hätten.
Zur Zeit der Ankunft der Europäer war der rehgiöse Bildungs-
process bereits vollendet, die Formen erstarrt. Es gab zwar noch
redliche Denker unter den Priestern — die ersten Missionare erwähnen
deren mehrere, die sich zum Christenthum bekehrten und
ihre eifrigsten Helfer wurden — auch waren theologische Disputationen,
an welchen sich gebildete Laien aus den höheren Ständen
oft betheihgten, an der Tagesordnung, aber es handelte sich dabei
nicht um Erforschung der Wahrheit, sondern um theologische
Spitzfindigkeiten, Paradoxen, um die Siege der Beredsamkeit und
55) Ihre Zahl wird auf mehr als dreissig angegeben.
56) N ic h t den M i k a d o . Dieser ist in gewissem Sinne eine Incarnation der
Gottheit, aber nicht Priester. Der M ik a d o muss sogar abdanken, sobald er in den-
geistlichen Stand tritt:
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