
der englischen Gesandtschaft zu — unbewaffnet, wie wir Alle in
der ersten Zeit unserer Anwesenheit zu gehen pflegten, — als plötzlich
ein Reiter, mit gerötlietem Gesicht und offenbar betrunken, ihm
in den Weg sprengt. Die Herren Berger und Sachse waren etwa
siebzig Schritte zurückgeblieben, und kamen in diesem Augenblick
grade bei einem der zahlreichen Strassenthore an, wo sie gebeten
wurden abzusteigen, und in das Bureau der Polizeiwache zu treten, —
dort sassen schon drei der begleitenden Y a k C n in o und rauchten
Tabak. Vor dem Polizeihause entsteht ein Volksauflauf; der betrun-,
kene S a m r a i reitet wie besessen hin und her, und als Capitän
Jaclimann seinen .Weg fortsetzen will, greifen zwei B e t t o ’s in die
Zügel des Pferdes und führen es ebenfalls nach dem Polizeihause,
wo der Capitän absteigt und sich in die Thür des Gebäudes stellt.
Der Reiter setzt über die niedrige Umzäunung und spornt sein Pferd
grade in das Haus hinein, .worauf der Polizeimeister, ein bedächtiger
Herr., die Papierthüi'en vorschiebt, was nach dortigem Gebrauche
respectirt zu werden scheint, denn der Feind entfernte sich. Einige
Minuten darauf kamen aus dem nahehegenden Palais des Fürsten
von S a t s ü j i a drei Reiter, welche die Strasse säuberten, die Herren
einluden ihren Weg fortzusetzen, und sich dann höflich verabschiedeten.
Die Mässigung der preussischen Officiere dem Betrunkenen
gegenüber verdient die grösste Anerkennung, denn ein blutiges Rencontre,
bei dem überdies durchaus keine Ehre zu holen war, hätte
leicht zu Verwickelungen führen können die jede Möglichkeit des
Vertrages absclmitten. Die anderen Gesandten und ihr Gefolge
hatten ähnliche Auftritte mehrfach erlebt und klagten bitter über
die Indolenz der begleitenden Y a k u m a c , die, statt Gewalt mit
Gewalt zu vertreiben, die F'remden immer zur Ignorirung solcher
Belästigungen zu bewegen suchten. Das war, so lange es sich nur
um die Drohungen Trunkener handelte, gewiss das Klügste; leider
blieben sie aber 'auch bei ernstlichen Angriffen meist unthätig. —
Graf Eulenburg richtete wegen dieser Begegnung eine Note an den
japanischen Minister der Auswärtigen, worauf die Antwort erfolgte,
dass die beiden schuldigen Y a k u k i n c »verurtheilt und arretirt«,., die
künftigen Begleiter aber zu grösserer Aufmerksamkeit angewiesen
worden seien.
An S in a g a v a schliesst sich die Vorstadt O m a g a v a ; die Häuserreihen
sind nur durch den Richtplatz unterbrochen, wo die Todesstrafe
an schweren Verbrechern öffentlich vollstreckt wird. Der
Platz liegt dicht am Meere, ist mit hohem Grase bewachsen und
mit struppigen Hocken umgeben; an den Grenzen stehen Gebetsäulen,
wo die Verurthciltcn ihre letzte Andacht verrichten.
O m a g a v a zeichnet sich durch eine unglaubliche Menge von
Spielzeugläden aus, hier müssen die Fabriken sein welche ganz
Y e d d o versorgen. Am Ausgange dieser Vorstadt liegt rechts am
Wege der beliebte Theegarten von M e g a s k e oder O m o r i , das
Pflaumenhaus, dessen hübsche Aufwärterinnen grosse Freundschaft
für die Fremden zeigten und besonders von den Officieren und
Cadetten unserer Kriegsschiffe oft besucht wurden; sie waren sehr
heiter und neugierig und lernten manche deutsche Redensart. Die
fremden Gäste nahmen gewöhnlich in einem freundlichen Pavillon
Platz, dessen Zimmer sich nach dem Garten öffnen; die vordere
Wand war entfernt und man sass wie im Freien. Der Garten ist
eine niedliche Anlage mit Goldfischteichen, kleinen Brücken, künstlichen
Felsen und Zwergbäumen aller Art, Alles so sauber und
geschniegelt wie die Mädchen selbst, die geschäftig hin- und
hertrippelten, und Thee, Weintrauben und Eier herbeizubringen
pflegten. Einige betrugen sich etwas ausgelassen, andere mit
naiver Schüchternheit; im Ganzen war ihr Benehmen lebhaft und
zuthulich, aber durchaus anständig und wohlerzogen, srr In einem
stillen Winkel des Gärtchens hegt unter schattigem Gebüsch eine
kleine M i a , w o die artigen Bewohnerinnen ihre Andacht zu verrichten
pflegen.
O m o r i ist etwa anderthalb deutsche Meilen von A k a b a n e
entfernt. Biegt man hier vom T o k a id o rechts in die Reisfelder ein,
so gelangt man bald in das Hügelland. Der Weg durch die Reis-
culturen ist beschwerlich zu reiten, er hegt auf den schmalen die
sumpfigen Aecker durchkreuzenden Dämmen, welche in kurzen Entfernungen
von engen Canälen geschnitten werden; die darüber führenden
Brückenstege aus einer Steinplanke sind den Pferden besonders
gefährheh, für Cavallerie wäre das Terrain ganz unzugänglich.
Bei raschem Reiten in grösser Cavalcade plumpte fast jedes Mal
Dieser oder Jener in den Morast; — man trabte Einer hinter dem
Anderen, und wenn auch der Erste, der allein vor sich sehen
konnte, noch so laut »Brücke« schrie und die Folgenden es wiederholten,
so kam doch häufig die Warnung zu spät. Ernsten
Schaden hat Niemand dabei genommen, aber für den Spott brauchte
man nach dem Schmutzbade' nicht zu sorgen.