
Y o d o d o n o , einer Frau von seltenen Geistesgaben und grösser
Schönheit, welche trotz vielen Ausschweifungen den Kaiser bis zu
seinem Ende zu fesseln gewusst hatte, in dem festen Schlosse von
O s a k a erzogen. Bings um diese Burg hatte T a ik o - sam a die alte
Stadt abreissen und einen weiten Platz ebenen lassen, wo sich alle
Grossen des Seiches Paläste bauen mussten. Dort waren die meisten
D a im io ’s zur Zeit seines Todes vereinigt.
Es konnte nicht ausbleib en, dass die Fürsten nach dem Hinscheiden
des grossen Usurpators, dessen gewaltige Hand sie niedergehalten
hatte, ihrer alten unabhängigen Stellung wieder gedachten.
Dass die bestehenden Verhältnisse unhaltbar waren, lag auf der
Hand. Die Grossen zogen deshalb in Erwartung eines allgemeinen
Krieges alle ihre Truppen an sich, auch der Fürst von F iu g o
erschien mit seinen kampfgeübten Schaaren aus Korea. Ueber
200,000 Mann sollen damals in und um O sa k a versammelt gewesen
sein; alle Gemüther waren in so heftiger Gährung, dass nur die
strengsten Maassregeln den Frieden unter den Soldaten erhalten
konnten. Die meisten D a im io ’s wünschten sich wohl nur die alte
Selbstständigkeit wieder, deren sic vor N o b u - n a n g a ’s Siegen genossen
hatten; einige aber verfolgten höhere Ziele. Die Geschichte der
verflossenen dreissig Jahre lehrte, dass Japan dem Stärksten gehörte.
Das alte Erbrecht des M ik a d o kam nicht in Betracht, eben so wenig
die K u a n b a k - und Sioeum-Geschlechter: der Mächtigste war zur
Herrschaft berufen. Unter den Thronprätendenten wird auch jener
Enkel des N o b u - n a n g a genannt, welchen T a ik o - sam a einst selbst
als Erben der Herrschaft proclamirt und dann unterdrückt hatte; jtfj| die
Missionare erzählen, er sei Christ gewesen. J y e y a s aber ragte an
Klugheit, Erfahrung und Geistesgrösse weit über alle seihe Nebenbuhler
hinaus. Die Regentschaft der zehn bestand nur dem Namen
nach: er leitete, begünstigt von der Schwäche und dem Sonderehrgeiz
seiner Genossen und gestützt auf eine ansehnliche Haus-
1599. macht, den Staat ganz nach seinem Willen. Schon 1599 kam d i e
Eifersucht zum Ausbruch; einer seiner Mitregenten griff in Gemeinschaft
mit dem Fürsten von F iu g o den J y e y a s an, der sie schnell
besiegte und für diesmal begnadigte. Im folgenden Jahre verbanden
sich alle neun Mitregenten gegen ihn, unter dem Vorwande, ihrem
Eide gemäss den F i d e - y o r i gegen des J y e y a s thronräuberische
Absichten schützen zu wollen. Der Krieg brach los: alle Fürsten
des Landes nahmen Parthei, die der Regenten war bei weitem
die stärkere, aber ihre Uneinigkeit, gab dem Gegner leichtes Spiel.
Jeder arbeitete nur für sich selbst, und so wurden sie alle geschlagen;
zuletzt fiel O s a k a durch Verrath. Der Sieger wüthete diesmal 1000.
mit rücksichtsloser Grausamkeit unter seinen Feinden, die meisten
gaben sich selbst den Tod, der Fürst von F i u g o und andere wurden
hingerichtet76), Ihre Besitzungen gab J y e y a s seinen Getreuen, wies
aber auch die ihm ergebenen Fürsten wieder in ihr früheres
Abhängigkeitsverhältniss zurück und verband die angesehensten
Geschlechter seinem Hause durch Wechselheirathen. Ihre Kassen
waren erschöpft und sie mussten sich in Alles fügen. Dem J y e y a s
dagegen waren alle Umstände günstig: die eben entdeckten Goldminen
der Insel S a n d o lieferten ihm unermessliche Schätze; seine
Macht, sein Ansehn im Lande scheinen unbegrenzt gewesen zu
sein. Bei alledem fuhr er fort, die Herrschaft im Namen und als
Vormund des F i d e - y o r i z u üben, welchen das Land noch immer
als rechtmässigen Erben der Macht ansah — so hatten sich die
Verhältnisse unter T a i k o - s am a consolidirt. Er liess ihm vom M i k a d o
von Zeit zu Zeit die seinem Alter gebührenden Titel und Würden
verleihen, und begnügte sich im übrigen seine vom Vater ererbten
Schätze durch grosse Bauten zu erschöpfen. F i d e - y o r i musste
das Mausoleum des T a i k o - s am a und den von letzterem angefangenen,
aber durch ein Erdbeben zerstörten Tempel des D a i - B u d s bauen;
beide werden von Augenzeugen, unter anderen von dem Gouverneur
der Philippinen Don Rodrigo de Vivero y Velasquo, .der 1609 in
M i a k o war, als Werke von maassloser Pracht und Grösse beschrieben.
Wenn -J y e y a s im Jahre 1603 sich selbst und zwei Jahre
später seinen Sohn F i d e - t a d a zum S i o g u n ernennen Hess, so war
dies kein Eingriff in die’Rechte des F i d e - y o r i , denn auch dessen
Vater hatte diesen Titel nicht geführt, der ein Erbtheil der M i n a m o t o
war und an sich durchaus keinen Anspruch auf die Herrschaft verheil.
J y e y a s wollte offenbar dem Schicksal nicht vorgreifen: starb F i d e -
Yom vor seiner Grossjährigkeit, so fielen ihm dessen Rechte von
selbst zu, ohne dass er als Usurpator erschienen wäre. Jener aber
entwickelte unter der Leitung seiner Mutter ausgezeichnete Gaben
und besass die allgemeine Gunst. Y o d o d o n o war an Klugheit und
76) Die Missionare rühmen die Standhaftigkeit des Fürsten von i i u G O und anderer ✓
christlicher Krieger, welche lieber den entehrenden Tod einer qualvollen Hinrichtung
duldeten, als dass sie Hand an sich gelegt hätten, wie es ihnen nach japanischen
Begriffen die Ehre vorschrieb.