
ihre Zahl wurde von den Japanern immer mehr und zuletzt auf drei
beschränkt — begaben sich zu Lande nach K o k ü r a , von da zu
¡schiffe nach S im o n o s e k i und O s a k a , und weiter zu Lande nach
Y e d d o , und kehrten nach kurzem Aufenthalt in der Hauptstadt
wieder zuruck. Die Handelsvorsteher genossen auf diesen Reisen
gleicher Ehren wie die Landesfursten: sie bedienten sich derselben
Art Sänften, übernachteten in denselben Herbergen, und Hessen
sich statt der bei Jenen übhchen Hellebarden und Piken einen Degen
und einen Rohrstock als Insignien der "Wurde vorauftragen; ihre
Quartiere wurden nach Landesgewohnheit mit Schanztüchern behängt,
auf denen das W"appen der ostindischen Compagnie prangte,
auch musste ihnen die Bevölkerung dieselbe Ehrfurcht erweisen wie
den D a im io s -l||aber sie wurden von den sie begleitenden japanischen
Beamten wie Gefangene bewacht, und an jedem Verkehr mit
den Eingeborenen verhindert. In O s a k a , M ia k o und Y e d d o durften
sie ihre Herberge nur zu der Audienz und den vorgeschriebenen
Besuchen verlassen, und mit den sie besuchenden einheimischen
Beamten, Gelehrten und Kaufleuten nur unter Aufsicht und in Gegenwart
der ihnen beigegebenen Regierungsspione verkehren. Die
Audienz im kaiserhchen Palast war sehr kurz und bestand nur in
einer Verbeugung nach Landesart, welche dem Handelsvorsteher,
der allein zur Gegenwart des S io g u n Zutritt erhielt, von den Hofbeamten
vorher sorgfältig eingeübt wurde 147j. Seine Begleiter bHeben
gewöhnlich in einem Vorsaal; AHe mussten am Portal des Palastes
ihre Degen abgeben und aus den Sänften steigen. Vor der Audienz
durften die Holländer weder ihre Herberge verlassen noch Besuche
empfangen, um desto mehr wurden sie nachher von Neugierigen
bedrängt, namenthch die Aerzte, welche regelmässig die Hofreise
mitmachten und den japanischen Gelehrten tausend Fragen natur-
wissenschafthchen und medicinischen Inhalts beantworten mussten.
Viele dieser Gelehrten sprachen holländisch. Bald nach der Audienz
U7) ZurZeit des T suna- yosi wurden nach der feierlichen Audienz des Handels-
Vorstehers auch seine Begleiter tiefer in den Palast in ein Gemach geführt, wo hinter
einem Gitterschirm der S iogun mit seiner Gemalin sass. Kämpfer beschreibt, wie
sie bei dieser Gelegenheit auf kaiserlichen Befehl .ordentliche Affenpossen ausüberi
mussten; man hiess sie u. a. aufstehen und hin- und herspazieren, bald einander
kömplimentiren, dann tanzen, springen, einen betrunkenen Mann vorstellen, japanisch
stammeln, malen, holländisch und deutsch lesen, singen, die Mäntel ab- und wieder
wegthun u. dgl.« Der Handelsvorsteher allein »blieb von diesen Sprüngen verschont«.
statteten die Reisenden auch den höchsten Hof- und Staatsbeamten,
welche ebenfalls Geschenke erhielten, die herkömmHchen Besuche
ab, und wurden von diesen Herren' oder ihren Secretären bewirthet.
Sie bequemten sich hier vielfach, zur Belustigung der hinter Wandschirmen
versteckten Frauen zu singen, zu tanzen, auf europäische
Weise zu sTÜssen u. s. w. — Der S io g u n sowohl als seine Grossen
erwiederten die Geschenke der Holländer nach landesübhcher Art
durch Uebersendung einer grossen Anzahl seidener Röcke. Gleich
nach der Abschieds - Audienz *48) , welche sich von der ersten
wenig unterschied, mussten die Reisenden Y e d d o verlassen und
wurden auf dem oben bezeichneten Wege wieder nach N a n g a s a k i
zurückgeführt.
Ln Jahre 1790 bestimmte die japanische Regierung aus
ökonomischen Rücksichten, dass die Holländer nur alle vier Jahre
nach Hofe kommen, und in den dazwischen liegenden Jahren die
Geschenke von ihren eigenen Beamten nach Y e d d o gebracht werden
sollten. Die Ausgaben der Reise wurden nämhch von der Geldkammer
für ein jährhch von den Niederländern an sie gezahltes
Pauschquantum bestritten, das in alter Zeit festgesetzt und für die
späteren Verhältnisse ganz unzureichend war, aber nach japanischen
Begriffen nicht geändert werden konnte. Wenn auch aus dieser Beschränkung
den HoUändern wesentMche Geldersparnisse erwuchsen,
so verloren sie doch ein Bedeutendes an dem Vortheil des häufigeren
unmittelbaren Verkehrs mit den höchsten Staatsbeamten, denn in
N a ñ o a s a k i hingen sie ganz von der Willkühr der Statthalter ab,
welche sich wohl hüteten, ihre Beschwerden nach Y e d d o gelangen
zu lassen.
Natürlich hatte die PersönHchkeit, sowohl der japanischen als
der holländischen Beamten, immer viel Einfluss auf die Lage der
Gefangenen in D e s im a ; zuweilen war sie unerträglich, zuweilen
148) Nach der Abschieds-Audienz wurden dem Handelsvorsteher im Palaste noch
die auf den holländischen Handel bezüglichen kaiserlichen Befehle vorgelesen. Es
hiess darin, man habe den Holländern seit alter Zeit erlaubt, nach Japan zu kommen;
wenn sie sich diese Erlaubniss erhalten wollten, möchten sie sich hüten, den christlichen
Gottesdienst in Japan zu verbreiten. Wenn sie von Anschlägen oder Unternehmungen
fremder Regierungen auf Japan hörten, sollten sie es dem Statthalter von N añoasaki
melden. Sie sollten die nach Japan fahrenden chinesischen Dschunken nicht angreifen.
Sie sollten auch die Bewohner von L iu - kiu als Unterthaneh von Japan auf der See
unbehelligt lassen.