
10 Minerale. — Isolirung.
führen den Küsten die Bewohner fast aller Zonen zu, an einigen
Stellen wird auch die Perlenmuschel gefischt. - Als Hausthiere
findet man Hunde, Katzen, Pfercle, Rindvieh, viele Enten- und
Hühnerarten. Esel giebt es nicht, und die Schaafzucht einzuführen
hat man vergebens versucht.
Ueberaus reich ist Japan an werthvollen Mineralen, seine
Bergwerke liefern Gold, Silber, Zinn, Blei-und Eisenerze, vor allen
aber goldreiches Kupfer in grösser Menge — es soll das feinste und
geschmeidigste der Welt sein. Edelsteine scheinen nicht gewonnen
zu werden — der Japaner achtet sie nicht — wohl aber herrliche
Bergkry stalle. Steinkohlen finden sich an vielen Orten, und Schwefel
liefern die zahlreichen Vulcane und Solfataren.
So reich und glücklich von der Natur ausgestattet liegen
die japanischen Inseln fern und einsam in einem der unwirthb'arsten
Meere der Welt. Wirbelorkane, die gewaltigsten die man keimt,
durchwühlen die japanischen Meere fast zu allen Jahreszeiten, Nebel
und Regengüsse verhüllen die klippenreichen Küsten, wechselnde
Winde und heftige Strömungen machen alle Berechnungen des vorsichtigen
Schiffers zu nichte. Die Natur selbst scheint das schöne
Land zur Isolirung bestimmt zu haben. Die Japaner, haben sich
durch eigne Kraft zu einer bedeutenden Stufe der Gesittung emporgeschwungen
und sind niemals einem anderen Volke unterthan
gewesen. Sie haben sich die koreanischen Reiche unterworfen und
von da die Elemente der chinesischen Bildung in ihr eigenes Land
verpflanzt, aber in freier und eigenthümlicher Weise verarbeitet.
Nur in diesen Feldzügen und ausser Landes haben Massenberührungen
der Japaner mit anderen Völkern stattgefunden, im übrigen wurde
der Verkehr immer nur durch Einzelne vermittelt, durch Gesandtschaften
von und nach China, durch buddistische Reformatoren,
durch japanische Priester und Edelleute, die sich des Studiums wegen
nach dem Festlande begaben. Niemals erlitt die Entwickelung der
Cultur und des staatlichen Lebens eine gewaltsame Unterbrechung
von aussen. K u b l a i - K h a n war der einzige, der jemals ernstliche
Anstrengungen zur Eroberung des Reiches gemacht hat: seine Flotten
versanken im Meere und die ausgeschifften Truppen fielen unter dem
Schwerte der Japaner. Die Europäer wurden im sechszehnten Jahrhundert
mit offenen Armen aufgenommen, die lernbegierigen Japaner
griffen mit Lust nach den neuen Ideen und Elementen der Bildung,
das Christenthum fand Eingang bei allen Ständen. Sobald aber
Abstammung. 11
die staatliche Selbstständigkeit des Reiches dadurch gefährdet schien,
verbannten die Herrscher die schädlichen Gäste, rotteten die kennende
Saat ihrer Lehre mit eiserner Strenge bis auf den letzten Hahn aus
und umgaben sich mit einer Mauer, die ein erneutes Eindringen
unmöglich machte. Während das chinesische Reich durch die tar-
tarische Invasion in den tiefsten Verfall gerieth, haben sich die
Japaner nicht nur volle politische Selbstständigkeit, sondern auch
ihre innere Lebenskraft bewahrt. Ihre Nationalität erlangte Festigkeit
und Kraft in mehrtausendjähriger ungestörter Fortbildung, wie
sie kaum ein anderes Volk gehabt hat; das japanische ist zur Race
geworden. Dass sie starr am Alten festhalten und sich in den
Verkehr mit den Westvölkern nicht schicken können, ist natürlich.
Der Japaner ist conservativ und patriotisch, nicht nur die herrschenden
Stände, die Nachkommen derer, welche die japanische Geschichte
gemacht haben, sondern auch das Volk, das in der eisernen Zeit
der Bürgerkriege in das tiefste Elend versunken war und auch jetzt
noch, bei äusserem Wohlstände und sonst glücklichen Verhältnissen,
in engen Schranken gehalten wird. Japan ist ein durchgehildeter,
wenn auch ein sehr künstlicher Organismus.
Wie sich -die erneute Berührung des wenig veränderten
Reiches mit dem im Laufe zweier Jahrhunderte durchaus umgewandelten
Europa gestalten wird, ist das merkwürdige Problem der
nächsten Jahrzehnte.
Das japanische Volk ist wahrscheinlich ein ureingeborenes,
oder in vorhistorischen Zeiten, vor Bildung der Sprachen eingewandertes.
Der Punct ist controvers gewesen: sowohl unter
den europäischen Gelehrten als in Japan hat die Ansicht Anhänger
gefunden, dass die Bevölkerung in historischen Zeiten von China
eingewandert sei; aber die geschichtliche Ueberlieferung, die Sprache
und die Götterlehre liefern den stärksten Beweis für das Ge-
gentheil.
Der Ausgangspunct der japanischen Geschichte ist die Ver-
einigung des Reiches unter Dsm-Mu im Jahre 660 v. Chr. Dieses
Datum halten die Japaner für historisch sicher. Von Dsm-Mu leitet
sich die lange Reihe der Erbkaiser her, deren Geschlecht in ununterbrochener
Folge bis. auf den heutigen Tag den Thron der M ik a d o ’s
inne gehabt hat. Nun ist selbst aus chinesischen Quellen bewiesen