
Japaner verachten allen Anstrich, die Gebäude der Vornehmen
zeichnen sich nur durch kostbare Holzarten, zuweilen durch etwas
Schnitzwerk aus; aber die Arbeit ist selbst an den Pfeilern und
Balken -so sauber und zierlich’, wie bei uns an guten Möbeln, kein
Fleckchen, kein Riss, kein Sprung, kein schiefer Winkel sichtbar.
Die einzigen Zierrathen waren geprägte und gravirte Metalllmöpfe
oder Buckel an den Verbindungspuncten der Balken, von eleganter
Form und Zeichnung. Der Findruck des Ganzen ist sehr angenehm,
helle, luftige, behagliche Räume, in denen man sich wohl fühlt.
Das durchscheinende Papier hat durchaus die Wirkung von matt-
geschliifenem Glase und erzeugt ein mildes ruhiges Licht.
Unmittelbar an diese Gemächer lehnt sich ein langes Gebäude
mit den Wohnräumen des Gesandten und . der übrigen Reisenden,
einer Reihe von Doppelzimmern, wovon das innere auf den Corridor,
das äussere wieder auf einen grünen Hof geht; eine bedeckte
Veranda läuft auch vor diesen entlang. Auf der änderen Seite des
Ganges hegen mehrere grössere Räume: das gemeinsame Esszimmer
des Gefolges und zwei Stuben zur Aufnahme der See-Officiere,
von denen immer einige als Gäste des Gesandten in Akabane weilten.
Vorn war eine Wachtstube für die Seesoldaten eingerichtet,
welche bei Tage einige Posten bezogen. Nach dem abgesonderten
Küchengebäude, wo Heerde nach europäischem Muster-;gemauert
waren, führte seitlich von dem Corridor ein bedeckter Gang. —
Das ganze Haus hatte früher in Simoda gestanden, wo man die
fremden Gesandtschaften abzufertigen dachte, und sollte nun in
Yeddo demselben Zwecke dienen. *
An Möbeln kein Ueberfluss. Der Japaner sitzt, liegt und
schläft auf den weichen Binsenmatten des Fussbodens, und bewahrt
seine Habseligkeiten meist in einfachen Kasten. Einige Tische und
Stühle, keineswegs in hinreichender Anzahl, und roh gezimmerte
Bettgestelle hatte die japanische Regierung für ihre Gäste machen
lassen; alles Uebrige mussten wir mitbringen. Die Expedition Zoomit
Koch und Kegel ein und machte es sich so behaglich als möglich;
es -blieb aber doch ein Lagerleben und .war nur bei schönem "Wetter
recht angenehm. Vor Allem fehlte die Hausfrau ; einer der Atta ches,
welcher holländisch sprach, übernahm deren Functionen, hatte aber
die grösste Mühe den Japanern unsere Bedürfnisse begreiflich zu
machen und lag beständig in heissem Kampfe mit dem » Iseya «
oder Comprador, und den » Kodzugaü’s «, den Hausdienern. Durch
Jenen mussten alle Einkäufe besorgt werden, und da der Koch des
Gesandten, ein unterwegs engagirter Engländer, sich durchaus nicht
zu helfen wusste, so fiel die ganze Last der Bestellungen auf die
Schultern des haushaltenden Diplomaten. Jeden Morgen fanden
sich der japanische Dolmetscher F u k u d z i mit dem I s e y a und einem
Hausbeamten bei ihm ein, Ersterer um die Aufträge an den Comprador
zu übersetzen, Letzterer um aufzupassen dass dabei der
japanische‘Staat nicht verrathen würde. Dieser Process war sehr
weitläufig, denn die im Privatverkehr so anstelligen Japaner b e trugen
sich hier äusserst schwerfällig; sie verstanden nicht oder
wollten nicht verstehen was gewünscht wurde, und es schien fast
als solle der Gesandtschaft auf Befehl der Regierung der Aufenthalt
nach Möglichkeit verleidet werden. Was man forderte war
meist nicht zu haben - von dem Vorhandensein hatten wir volle
Gew isshe it,:^ und für die gelieferten Sachen wurden unmässige
Preise verlangt. Die Japaner sind von Natur wahrheitshebend, aber
wo die Regierung befiehlt, lügen die Beamten mit unverwüstlicher
Ruhe und lassen sich nicht aus der Fassung bringen. Es war eine
harte Geduldsprobe. Der I s e y a schleppte die verschiedenen Küchen-
bedürfnisse - Hühner, Enten, Fische, Ferkel, Gemüse — unserem
haushaltenden Freunde in sein Zimmer, und nun ging das Feilschen
los. Wollten Holländisch und Japanisch nicht mein: fruchten, so
begann er deutsch zu wettern, — dann schallte manch wohlbekannter
Kraftausdruck durch das Haus; und da alle Wände von Papier
sind, so drangen diese Ausbrüche der Entrüstung, die von weitem
etwas sehr komisches hatten, zu den Nachbarn nah und fern;
sie brachen mitunter alle zugleich in helles Lachen aus und der^
joviale Urheber pflegte aus volle» Kehle mit einzustimmen. Zuweilen
a-ab es auch scherzhafte Missverständnisse, denn die japanische
Sprache ist reich an vieldeutigen Worten welche erklärender Zusätze
bedürfen, und der I s e y a brachte oft die wunderbarsten Sachen,
die bestellt zu haben Herr v. B. nicht ahnte. Solche Arbeit war
die Haushaltung. Allmälich ging es besser; die Hausbeamten wurden
bei näherer Bekanntschaft viel gefälliger, und gaben später unzweifelhafte
Beweise wohlwollender Gesinnung. Was den I s e y a betrifft,
so gehört er dem Handelsstande an — die 'YAKUNme der Gesandtschaft
waren S a m k a i , zum Theil vielleicht nur gemeine Soldaten,
aber lauter zweischwertige Männer aus der Adelsclasse - und ist
deshalb nach japanischen Begriffen berufen soviel V ortheil zu nehmen