
die mit aller Macht zu rudern anfingen, langsamer auf als man
erwartete. Die Sonne senkte sich schon als wir in Schussweite
kamen, und der Wind wurde immer schwächer. Der Capitän liess
aus dem grossen Pivotgeschütz am Buge Granaten werfen; einige
crepirten dicht über und hinter den Dschunken, welche unter
mächtigem Rudern in einen engen Canal zwischen zwei Felsinseln
Hefen. In dieses unbekannte und gefährhche Fahrwasser durfte
ihnen die Fregatte nicht folgen, zumal bei einbrechender Nacht, —
so wurde denn gegen Sonnenuntergang abgeschlagen und Cours
gesteuert. — Wir kamen erst spät Abends zum Mittagsessen, denn
sobald der Generahnarsch ertönt, müssen alle Feuer gelöscht
werden.
So war denn der Tag ohne blutige Erfolge vergangen —- die
Aufregung wich einer nüchternen Abspannung. Wir schwatzten
bis tief in die Nacht, — Jeder hatte seine Ansichten, Wünsche,
Vermuthungen, namentlich über die räthselhafte Begegnung am
Morgen. Es wäre dem Commandanten ein leichtes gewesen die
grosse Dschunke zum Streichen der Segel zu zwingen, aber was
konnte bei einer Untersuchung ohne Dolmetscher herauskommen? Sie
anzugreifen, lag keine Veranlassung vor. Die Nachmittags gejagten
vier Dschunken aber waren gleichsam auf der That ertappt —
der »Oriental«, so hiess die enghsche Brig, verlor sie seit ihrem
Angriff nicht aus den Augen — und hätten bei gutem Gewissen
wohl nach dem ersten Schüsse die Segel gestrichen. Wir übten
liier also nur pflichtmässige SeepoHzei. Die Spannung war gross,
aber bei Manchem gewiss nicht ohne Beimischung von peinlichem
Gefühl, denn so nützlich und wiinschenswertli es scheint, solch
ruchloses Gesindel aus der Welt zu schaffen, so ist es doch kein
angenehmes Amt, weh r lo s e Verbrecher zur Strafe zu ziehen.
Einen Kampf durfte man es nicht nennen, denn gegen unsere Acht-
undsechszigpfünder konnten sich die Räuber nicht wehren, und ein
Bootsangriff, der bei Verfolgung der grösseren Dschunken in Aussicht
genommen wurde, musste der einbrechenden Nacht wegen
unterbleiben. Es war ein herrlicher Nachmittag, wie man ihn
nur an den Grenzen der Tropen erlebt, das Firmament glänzend in
mildem Blau, die See leicht gekräuselt; Das majestätische Schiff
legte sich unter einer Last von Segeln in die Brise und gütt ohne
Schwankung über die. purpurblaue Fläche. Man hörte deuthch das
sausende Pfeifen und Brummen jeder Kugel, und wo sie einschlug
spritzte weisser Gischt thurmhoch in die Luft. Der Pulverdampf
wälzte sich in schweren weissen Wolken über das Wasser der
chinesischen Küste zu, die westheh im rosigen Dufte lag, unsere
Zerstörungsgelüste contrastirten sonderbar mit der milden warmen
Herrlichkeit der Natur.
Am dreissigsten Nachmittags hielten abermals einige grosse 30. August
Dschunken auf die Fregatte zu. Capitän Jachmann Hess diesmal die
Stückpforten schHessen, um die Piraten zum Angriff zu verlocken;
sie müssen aber ihren Irrthum frühzeitig gemerkt haben, denn die
Dschunken änderten schon in grösser Entfernung plötzlich ihren
Cours und suchten das Weite.
Am 31. August Hefen wir unter leichter Nordbrise aus der 31. August.
F u k i a n - Strasse heraus, kamen aber in den folgenden Tagen wenig
vorwärts. Das Wetter war schwül und drückend, der Wind ver-
änderheh und schwach. Am 2. September eine kleine Böe mit
Gewitter, in der Feme einige Wasserhosen; die vulcanischen Inseln
T i a o g u - s u und H o a p i n - s u in Sicht. Am fünften ging der Wind
durch Osten nach Süden herum, und am sechsten früh segelten 6. Supftr.
wir zwischen den hohen Inseln Y o k o s im a und K a m i n o n e südlich
und T a k o e a s im a nördHch durch unter 29° 12' n. Br. und 130° 32
östl. L. in den Stillen Ocean. Hier zeigte sich bei frischem
nördlichen Winde eine starke Dünung aus Osten, das Schiff stampfte
und arbeitete unerträglich und machte wenig Fahrt. An demselben
Tage sank das Barometer plötzHch bedeutend, und man glaubte es
sei ein Orkan im Anzug; die Segel wurden gerefft und das Schiff
sturmfertig gemacht. Am siebenten und achten wehte es noch
heftiger, so dass die Pforten der Batteriekammern an Backbord
zugeschraubt werden mussten. Dadurch war uns Passagieren aües
Licht entzogen, und wir lebten bei Kerzenschein in keiner angenehmen
Atmosphäre; denn durch die Ritzen der nicht ganz dicht
schHessenden Stückpforte rieselte das Seewasser herein, und die
kühlere Luft condensirte die Feuchtigkeit an den durchhitzten Schiffswänden,
die wie ein Ofen Wärme strahlten. Es war wie ein mit
tausend lieblichen Gerüchen gewürztes rassisches Bad, und damit
es auch an der Douche nicht fehle, spritzte hin und wieder von
Steuerbord eine See in die Batterie. Das Zwischendeck aber gHch
einem Backofen.
Vom neunten bis zum elften herrschte wieder Windstille bei 9. s«Ptbr.
starker Dünung und bewölktem Himmel, so dass keine genauen