
bergan, tanzen auf dem Seile, zerspringen in Stücke die sich weiter
drehen u. s. w. Ihre Drachen haben die abentheuerlichsten Gestalten
und machen sogar Musik. Mit Kreiseln und Drachen ergötzen sich
vielfach auch Erwachsene, -wie denn die Japaner überhaupt bei
allem Lebensernst grosse Freunde von Scherz und Spiel sind.
Vor den Buch- und Kunsthandlungen hängen bunte Zerrbilder
von köstlichem Humor, zu denen jetzt die Fremden in Y okü-
h am a . vielfach den Stoff liefern müssen; daneben sieht man Landschaften,
Thiere, Mordgeschichten und andere Genre-Sachen, auch schöne
Damen m prächtigem Schmuck. Die Freude an bildlichen Darstellungen
ist allgemein, fast jeder Japaner scheint zu zeichnen.
chon ihre Schrift übt die Hand und das Auge, und da es Erforderniss
ist, mcht nur zu schreiben, sondern schön zu schreiben so
wird von Jugend an viel Zeit und Sorgfalt auf diese Kunstfertig-
oit verwendet. Die Darstellung der chinesischen Schriftbilder in
schönem Schwung und Verhältniss ist eine Hauptbedingung der
japanischen und chinesischen Bildung, und in ihren Gedichten sollen
mcht bloss Sinn und Form, sondern auch der schöne Fluss der
Schriftzuge wirken; sie verlangen für das Auge was wir in Klung
und Silbenfall für das Ohr fordern, und begeistern sich für kaligraphische
Virtuosität etwa wie der Europäer für Bravourgesang
und wohltönende Declamation. Die Bildung des Auges und der
Hand ist -ein wesentlicher Theil der Erziehung und trägt gewiss
neben der natürlichen Lebhaftigkeit und Auffassungsgabe der Japaner
nicht wenig zu ihrer Befähigung und Liebhaberei für bildliche
Darstellungen bei. Man findet in allen Buchläden illustrirte Werke
in unverhaltnissmässiger Zahl und hunderte von blossen Bilderbüchern.
Illustrirt sind die meisten botanischen, zoologischen,
physikalischen, anatomischen, tactischen Bücher J i- sowohl original
einheimische als aus dem Holländischen übersetzte ferner die
Werke über Waffen, Pferde, Jagd und Fischerei, Garten- und
Landbau, Baumzucht, Architectur, über Erdbeben, Astronomie,
Meteorologie, ihre Staatskalender und Genealogieen, Romane’
Geschichtsbücher und historischen Monographieen, ihre mythologischen,
ethnographischen, archäologischen Werke. Die Bilderbücher
enthalten bald landschaftliche Darstellungen, bald Scenen
aus dem täglichen Leben und der. Natur im Kleinen. Es giebt
Bilderfibeln, Fecht- und Reitschulen, und eine Zeichenschule, wo
neben den ausgeführten Vorbildern der Grundbegriff der Form in
mathematischen Linien ausgedrückt ist. Meisterhaft sind vor allen
. ähre Zeichnungen von Vögeln, Fischen, Insecten,g- davon giebt es
viele Sammlungen. Die Mehrzahl der Bilderbücher enthält ein buntes
Allerlei, man findet oft die widersprechendsten Dinge mit ausgelassener
Laune auf einem Blatte durcheinandergeworfen; sie sind
unerschöpflich in drolligem Humor. Andere Bände haben offenbar
nur künstlerische Bedeutung als facsimilirte Skizzenbücher, viele
Blätter vortrefflich, einige freilich, die an Kühnheit und Extravaganz
der Zeichnung Alles übertreffen, was europäische Schulen darin
jemals geleistet haben. Alle ihre Darstellungen sind bei vielen
Zeichenfehlern von unglaublicher Lebendigkeit, und zeugen von
Verständniss und Sinn für die Bedeutung und das Charakteristische
der Formen. Von Schönheitssinn und idealer Auffassung sprechen
nur einige ihrer Götzen- und mythologischen Bilder; die Natur
und das tägliche Leben stehen dem durchaus practischen Volke
viel näher.
Die erwähnten Drucksachen sind in breitem Holzschnitt mit
grauen und röthlichen Tonplatten, vielfach auch in Farbendruck
ausgeführt; es sind Linearzeichnungen in ungezwungener Pinseltechnik,
markig und derb und durchaus malerisch, ohne Rücksicht
auf die R e g e ln der Beleuchtung. Die Japaner benutzen Schatten-
und Lichtflächen willkührlich für die Zwecke der Deutlichkeit und
malerischen Wirkung, und stellen die Localfarben ohne Rücksicht
auf ihren gegenseitigen Werth nebeneinander; — so erscheint die
Sonne oft als dunkelrother Ball auf dem hellblauen Himmel. Die
Richtigkeit ist durchaus Nebensache. Langweilige Stellen, wie
Dächer und dergleichen, werden gewöhnlich durch Wolken verdeckt.
Auch um Linearperspective, welche sie sehr genau kennen,
kümmern sie. sich nur so weit es bequem und zweckmässig ist,
lassen sich aber- niemals davon beschränken, und deuten immer
vielmehr den G ed an k en an, als sie die Wirklichkeit ausdrücken; —
so schwinden ihre perspectivischen Linien zwar nach dem Hintergründe,
aber selten in regelrechtem Verhältniss; kurz, ihre Sachen
sind willkührlich, aber frisch, naiv und derb, niemals langweilig
und bisweilen von grösser Schönheit. Was man in den Läden sieht
ist allgemein zugänglich und spottbillig, aber diese gewöhnliche
Waare beweist ganz deutlich, dass die japanische Kunst auf hoher
Stufe steht oder gestanden hat, dass es vorzügliche Werke geben
muss, von denen diese Drucksachen nur der Schatten und Abglanz