
42 Verhältnis* zu Korea. Wachsende Macht des Lehnsadels.
liessen es sicli gefallen, von ihnen als Könige von Japan angeredet
zu werden. Sie nahmen unter den Gegengeschenken auch chinesische
Kalender an und bekannten sich dadurch zu Vasallen des Reiches
der Mitte. Ein wirkliches Abhängigkeitsverhältniss scheint nicht
bestanden zu haben, die Anerkennung der chinesischen Oberherrschaft
von Seiten der S iogxjn’s — denn mit den Erbkaisern kamen
die Gesandtschaften niemals in Berührung48) — war vielleicht nur
Courtoisie, vielleicht auch Staatsklugheit, den mächtigen Nachbarn
gegenüber. -— Gegen 1403 beginnen die Klagen der Chinesen
über japanische Corsaren, und später nahm die Seeräuberei eine
grosse Ausdehnung an. Zu Anfang des sechszehnten Jahrhunderts
, wo alle politischen und bürgerlichen Verhältnisse des Landes
in voller Auflösung waren, verwüsteten japanische Piraten fast
jährlich die Küsten des mittelen China, namentlich die Umgegend
von N in g p o .
Mit Korea, wo im Jahre 1389 ein Usurpator die herrschende
Dynastie gestürzt und unter Anerkennung der chinesischen M in o
das neue Reich T s a o s ie n gegründet hatte, schloss Japan gleich
nach Herstellung des Friedens 1392 einen Vertrag, demzufolge bei
dem jedesmaligen Thronwechsel im Plause des S io g ü n eine Gesandtschaft
nach M ia k o geschickt werden sollte. Dieser gesandtschaftliehe
Verkehr dauerte bis 1573.
Einige unbedeutende Rebelhonen abgerechnet, herrschte unter
Y o s i - m it s i und seinem Sohne Y o s i - m o t s i im Inneren von Japan
noch Ruhe: aber mit der Einigkeit des Regimentes und der festen
politischen Ordnung, die unter den Regenten von K am a k u r a das
Reich zusammengehalten, Sicherheit, Wohlstand und Gesittung verbreitet
hatte, war es vorbei. Während des langen Krieges musste
die Centralregierung, für ihre Existenz kämpfend, unablässig um die
Gunst der Lehnsfürsten buhlen, welche das Waffenhandwerk zu
ihrem Beruf gemacht und sich mit geübten Kriegerschaaren umgeben
hatten, die sie auch nach Herstellung des Friedens nicht entliessen.
Die Unterhaltung einer starken Heeresmacht blieb seitdem Brauch
und Sitte bei den Grossen und ein Attribut ihrer Würde; ihre
Selbstständigkeit ruhte jetzt auf einer festen materiellen Grundlage.
—- Im K u a n t o , jenem östlichen Th eile von N i p p o n , der,
Seit des Y o r i - t o m o Zeit wurde keine fremde Gesandtschaft mehr von den
M ik a d o ’s empfangen. — Die Fosio übten während ihrer Herrschaft auch dieses Recht
mit Uebergehung der S io g u n ’s .
Verfall der S io g ü n - Herrschaft in M ia k o . 43
südlich und östlich vom Meere umflossen, gegen Westen und M ia k o
von hohen Gebirgen begrenzt, seit lange der Sitz der kriegerischen
M in a m o t o war, finden wir schon seit 1350 wieder einen S io g ü n
von K a m a k u r a , dessen Haus durch vier Generationen herrschte und
zu den Sioocks von M ia k o , den Nachkommen des T a k a - ü d s i , nur
in einem losen Vasallenverhältniss gestanden zu haben scheint.
M in a m o t o - n o -M o t s i - u s i , der vierte S io g ü n dieses Hauses, wollte
die Oberherrlichkeit des Hofes von M ia k o ganz abschütteln, wurde
aber bezwungen und musste sich 1439 mit seinen Anhängern entleiben. ms.
Aber so gross war die Anhänglichkeit an dieses Fürstenhaus, dass
vierzehn Jahre später, als ein überlebender Sohn des M o t s i - ü s i in das
Mündigkeitsalter trat, die Bewohner des K u a n t o seine Ernennung
zum S io g ü n von K am a k u ra verlangten und man ihnen willfahren
musste, um die Ruhe im östlichen N i p p o n z u erhalten. In einem
ähnlichen Vasallenverhältniss wie die S io g ü n ’s von K am a k u r a mögen
die übrigen Lehnsfürsten zur Regierung von M ia k o gestanden haben.
Die volle Herrschermacht übten die S io g ü n ’s um diese Zeit schon
wahrscheinlich nur über die M lako zunächst gelegenen Landschaften,
aus deren Ertrage seit uralter Zeit die Kosten der kaiserlichen
Hofhaltung bestritten wurden.
Das Ansehn der Erbkaiser sank immer mehr, aber auch die
Selbstständigkeit der S io g ü n ’s gerieth seit 1440 in schnellen Verfall.
Um nicht wie die Nachkommen des Y o r i - t om o die Opfer eines
mächtigen Ministergeschlechtes zu werden, hatten die Herrscher aus
dem Hause des T a k a - ü d s i die Würde des S it s k e n oder K u a n r e i
an drei Familien erblich übertragen, aus denen sie abwechselnd
gewählt wurden. Diese, die vornehmsten Geschlechter des Landes,
stiegen rasch zu bedeutender Macht und suchten einander zu überflügeln.
Im Jahre 1439 ermordete der Minister A k a m a t s -M i t s ü - sü k e
den S io g ü n Y o s i - n o r i , der sich durch Willkühr und Grausamkeit
verhasst gemacht hatte. Er wurde von seinen Nebenbuhlern besiegt
und entleibte sich mit seinem ganzen Anhänge. Darauf begannen
zunächst die Fehden zwischen den beiden ändern Ministerhäusern
F o s o - k a w a und F a t a k e - y a m a , aus denen sich ein allgemeiner Krieg
der Grossen untereinander entwickelte. Die blutigen Fehden setzten
sich durch mehrere Generationen fort und dauerten mit kurzen
Unterbrechungen bis über die Mitte des sechszehnten Jahrhunderts
hinaus. Das Ansehn der Centralgewalt war gänzlich geschwunden, die
Grossen herrschten in ihren Districten mit schrankenloser Willkühr,