
zu erringen. Bald hat die eine Familie die Oberhand, bald die
andere; das Land wird von allen Seiten gebrandschatzt, Morde
und massenhafte Selbstentleibungen sind an der Tagesordnung.
Im Jahre 1568 warf sieh Y o s i - a k i , der vierzehnte S io g u n
aus dem Hause des T a k a - u d s i , dein Od a - n o - N o b u - n a n g a , einem
Sprössling der alten berühmten Familie T a ik a , dem mächtigsten unter
den kämpfenden Häuptlingen, in die Arme. Dieser bezwang, unter-
stützt'von M in a m o t o - s o - J y e y a s , Fürsten von M ik a w a , dem Stammvater
der jetzt regierenden S io g u n -Dynastie, den grössten Theil des
Reiches. Er brach die Macht der übermüthigen Priester, die er,
ihre Tempel verwüstend, zu Tausenden abschlachten liess, und trat
überall mit durchschlagender Gewalt auf. Im Jahre 1574 entsetzt
er den gegen ihn conspirirenden Y o s i - a k i seiner Würde, lässt ihn
zum Priester scheeren und usurpirt die oberste Macht. — Dass
N o b u - n a s g a selbst zum S io g u n ernannt sei ist nirgend gesagt, doch
wird er in den Annalen zuweilen so bezeichnet. Seine Herrschaft
sollte von kurzer Dauer sein40).
Im Jahre 15435'), also zur Zeit da das Ansehn der Central-
Regierung am tiefsten gesunken war und der Krieg unter den Lehnsfürsten
am ärgsten wüthete, kamen die ersten Europäer nach Japan
portugiesische Abentheurer, welche der Sturm nachKiusiu verschlug.
Ueber ihre Namen52) und die Art der ersten Berührung sind die
60) Seine Hauptstadt war A s u t s l a ; dort häufte N o b u - n a n g a grosse Reichthümer
an, baute, nach der Aussage der Jesuiten, sich selbst einen prächtigen Tempel und
forderte göttliche Verehrung.
51) Man hat keinen Grund, dieses in den japanischen Quellen genannte Datum
anzuzweifeln; es ist die einzige urkundliche Zeitbestimmung, die wir von diesem
Ereigniss haben. Auch Siebold nimmt sie als richtig an, — sagt aber freilich an
einer anderen Stelle seines Werkes, offenbar auch auf japanische Quellen fussend,
das erste »schwarze«, d. h. europäische Schiff sei, geschichtlich erwiesen, im Jahre
1530 an die Küste von B u n g o gekommen. Wahrscheinlich hatte difeser Besuch keine
weiteren Folgen.
52) Die Namen der Abentheurer werden verschieden angegeben. Maffeus, dem
die meisten späteren Schriftsteller gefolgt sind, nennt sie Antonio Mota und Francisco
Zeimoto, und lässt sie in einem portugiesischen Schiffe an die Küste der Landschaft
B u n g o (auf K iu s iu ) verschlagen werden. In neuerer Zeit hat der Bericht des Fernan
Mendez Pinto vielfach Glauben gefunden, der mit zwei Gefährten auf einer chinesischen
Seeräuberdschunke nach der Insel T a n e g a s im a getrieben zu sein vorgiebt; von
da gelangt er nach B u n g o . Man könnte glauben, dass beide Landungen unabhängig
Angaben verschieden, so viel aber ist gewiss, dass die Eingeborenen
sie mit offenen Armen aufnahmen und dass sich schnell ein lebhafter
Handelsverkehr der in China und Malacca ansässigen Portugiesen nach
den Häfen von K i u s i u entwickelte. Vor a l l e n waren die japanischen
von einander stattgefunden hätten, wenn nicht auch Pinto den Zeimoto als einen-
seiner Gefährten und B u n g o als den Schauplatz seiner Abentheuer bezeichnete. Es
ist also wahrscheinlich dasselbe Ereigniss, das verschieden berichtet wird. Pinto
hat sich den Namen eines »Fürsten der Lügner« erworben und durch die Erzählung
seiner Abentheuer auch verdient; aber seine Schilderungen von Japan, seine Beobachtungen
sind zum grossen Theile so richtig und treffend, dass man an der
Wirklichkeit seines dortigen Aufenthaltes kaum zweifeln kann. Das Bild, das er von
den Bewohnern entwirft, ist, wenn man der seiner Muttersprache eigenen blumenreichen
Ausschmückung Rechnung trägt, noch heute ähnlich. Nach seinem Berichte
fanden die Abentheurer, welche aus der chinesischen Gefangenschaft kamen, besonders
deshalb ehr<#ivolle Aufnahme, weil sie bewaffnet gingen und keinen Kaufhandel trieben,
man sah sie für Leute von Stande an. Tausend Fragen müssen sie beantworten,
denn in Japan hat sich durch denVerkehr mit China schon längst der Ruf des fernen
westlichen Wunderlandes verbreitet. Die unglaublichsten Mahrchen sind darüber in
Umlauf: Portugal ist viel grösser als China, sein König hat sich den grössten Theil
der Welt unterworfen und besitzt unermessliche Schätze. Die Abentheurer — sie
bedienen sich eines Bewohners der L iu k iu - Inseln zum Dolmetscher bekräftigen
Alles und binden ihren leichtgläubigen Zuhörern neue Mährchen auf. Sie werden
endlich reich beschenkt entlassen und erreichen mit den Chinesen den Hafen L ia m p o o
(wahrscheinlich N in g p o ) . Dort, erzählt Pinto weiter, hätten seine Berichte die
Habgier der Portugiesen erweckt. Jeder will der erste sein, die neue Goldgrube
auszubeuten, denn jener Seeräuber hatte an seiner Ladung gegen 1200 Procent
gewonnen; in Eile werden neun Dschunken ausgerüstet und befrachtet. Sie gehen
sämmtlich im Sturme unter; Pinto, der die Expedition begleitet, rettet sich scheiternd
auf Gross - L iu k i u . Nicht lange nachher finden wir ihn auf einem portugiesischen
Schiffe abermals auf der Fahrt nach Japan — dies ist die letzte Reise dahin, von
der Pinto selbst erzählt; — er schrieb seine Lebensereignisse erst nieder, nachdem
er für immer nach Portugal heimgekehrt war, und zwar fast ohne alle Zeitbestimmungen.
Einige Schriftsteller lassen ihn nun im Jahre 1554 nochmals mit dem
Jesuiten Melchior Nunez, dem Vorsteher der indischen Ordensprovinz, und zwar
als Gesandten des Vicekönigs von Indien an den Fürsten von B u n g o nach Japan
gehen. In den sehr ausführlichen Berichten des Pater Melchior findet sich kein Wort
davon — es wäre auch sonderbar, wenn Pinto, dessen Werk mit seiner Rückkehr
nach Portugal schliesst, diese Reise, auf der ihm die glänzendste Rolle zugetheilt
ist, gar nicht beschreiben sollte. Er sagt an einer Stelle nur ganz beiläufig, »er
sei auch einmal als Gesandter in Japan gewesen«, —. anderes hat wenigstens der
Verfasser in den ihm zugänglich gewordenen spanischen Ausgaben nicht gefunden, -gp
Dass Pinto ohne Scheu sich selbst die Erlebnisse Anderer aneignete und einen
grossen Theil seiner Abentheuer aus fremden Berichten geschöpft hat, lässt sich
beweisen.