
Fürsten T a ir a -n o -M a s a -m o r i gegen die M in a m o t o : dies war die erste
feindliche Begegnung der Familien M in a m o t o und T a ir a (G e n s i und
F e ik e ) deren erbitterte Kriege bald darauf eine Umgestaltung aller
Verhältnisse herbeiführen sollten. Zwei Heerführer aus diesen Geschlechtern,
M in a m o t o - n o -Yosi - t om o Fürst von S im o t s k e und
T a ir a - n o - K iy o - m o r i gewannen dem M ik a d o G o - Dsrno - k a w a den
Sieg über seinen Halbbruder S iu t o k und wurden die einflussreichsten
Männer im Staat. Ihre und ihrer Nachkommen Kämpfe um die Herrschaft
bilden die Geschichte der nächsten fünfundzwanzig Jahre.
Auf das Zeitalter der Romantik, in welchem sich die japanische
Gesittung, die Begriffe von Liebe, Ehre, Freundschaft und Loyalität
in sehr eigenthümlicher Weise entwickelten, folgen zunächst blutige
Fehden, welche das ganze Land erschüttern und die Nation zum
vollen Bewusstsein ihrer Kraft bringen. Dann kommen die Jahre
der männlichen Reife, in welchen unter einem gemässigten und kräftigen
Regiment denn so kann man die Herrschaft der S io o u n ’s
und der S it s k e n von K am a k u r a und die der S io g u n ’s von M ia k o
während des dreizehnten und vierzehnten Jahrhunderts wohl nennen
— der Wohlstand und die Cultur des Landes wuchsen, Handel und
Gewerbe blühten, und das bürgerliche Leben einen hohen Grad der
Ausbildung erreichte. Unter den herrschenden Classen zeigen sich
namentlich im Anfang dieser Periode die Extreme von Tugend und
Laster, zu denen gesteigerte Hingebung und Selbstsucht, Loyalität
und Ehrgeiz zu führen pflegen. Das Ansehn der M ik a d o ’s sinkt
immer tiefer; um die verlorene Macht wieder zu erlangen verbünden
sie sich bald dieser, bald jener Parthei unter den Grossen und müssen
deren ehrgeizigen Zwecken dienen, denn ihre Autorität ist Jedem
nothwendig, der sich die Herrschaft über das Reich gewinnen will.
G o -D s ir o - k a w a , der gegen S iu t o k siegreiche M ik a d o , abdicirte
nach dem Beispiel seinef Vorgänger schon nach zweijähriger Re-
1168. gierung (1158) um die Leitung des Staates zu übernehmen; bald
darauf kam die Feindschaft zwischen den M in a m o t o und T a ir a zum
Ausbruch. Jene unterhegen: von den Söhnen des Y o s i - t om o entgeht
nur der jüngste Y o r i - t om o dem Tode. T a ir a - n o - K iy o - m o r i
wird allmächtig: der ränkesüchtige G o -D s ir o - k a w a bedient sieh seiner
zunächst, um den eigenen Enkel zu entthronen und seinen Sohn
T a k a - k u r a zum M ik a d o zu erheben, conspirirt dann aber mit einigen
Grossen zum Sturze des übermächtigen Ministers. K iy o - m o r i entdeckt
die Verschwörung, lässt die Rädelsführer hinrichten und sperrt den t
G o - D s i r o - k a w a ein. Auch der regierende Kaiser muss nun zu
Gunsten seines dreijährigen Sohnes A n t o k , welchen ihm eine Tochter
des K iy o - m o r i geboren hatte, abdanken. Eine neue Erhebung von
Seiten der M in a m o t o und eines kaiserlichen Prinzen scheitert, mehrere
angesehene Fürsten müssen in die Verbannung. Dem gefangenen
G o - D s ir o - k a w a aber gelingt e s, durch einen Priester den geschriebenen
Befehl, ihn zu befreien, an den unterdess herangewachsenen
M in a m o t o - n o - Y o r i - tom o gelangen zu lassen, der im Osten von
N ip p o n verborgen lebte. Dieser bedient sich des kaiserlichen Schreibens
um Truppen zu sammeln, bemächtigt sich zunächst des K u a n t o
und bedroht M ia k o . T a i r a - n o -M u n e - m o r i , der Sohn und Erbe des
K i y o - m o r i , entführt fliehend den gefangenen G o - D s i r o - k a w a und
den regierenden Kaiser A n t o k , Y o r i - tom o aber lässt den G o - T o b a ,
einen Sohn des T a k a - k u r a , als M ik a d o proclamiren. G o -D s ir o - k a w a
entkommt nach M ia k o und spricht öffentlich allen Besitz der T a ir a
den M in a m o t o zu . Das ganze Land nimmt Parthei für die G e n s i
oder die F e ik e , und es entspinnt sich ein blutiger Vertilgungskrieg
zwischen den beiden Geschlechtern, der nach vielen Wechselfällen
mit der gänzlichen Ausrottung der F e ik e ( T a ir a ) endigt: die letzten
ertränken sich fliehend mit dem achtjährigen M ik a d o A n t o k hei
SlMONOSEKI (1185)34). u85-
Damit war die Herrschaft der M in a m o t o gesichert. Yo r i - t om o
hatte zunächst noch die Prätensionen einiger Stammgenossen3') zu
bekämpfen, die, von dem unruhigen G o - D s i r o - k a w a aufgewiegelt,
M) Der berühmte Krieg der G e n s i und F e i k e ist in ausführlichen Werken beschrieben,
die voll von blutigen Schrecknissen und romantischen Abentheuern sein
sollen. Er bildet einen Hauptabschnitt der japanischen Geschichte und steht gewisser-
maassen auf der Grenze der alten und der mittelen Periode.
K) Der bedeutendste war Y o s i - t s u n e , ein Bruder des Y o r i - t o m o , der, nach
dem W a - k a n - n e n - k e i , sich nach dem Verluste der entscheidenden Schlacht entleibte.
Herr von Siebold sagt, dass, nach der Ansicht japanischer Historiker diese Angabe
verbreitet worden sei, um Y o r i - t o m o z u beruhigen, dass Y o s i - t s u n e nach Y e s o
entflohen, von da nach T a t t a u übergesetzt und dort Stammvater der YuEN-Dynastie
geworden sei. Siebold stellt die Vermuthung auf, dass Y o s i - t s u n e und D s e n g i s -
ICh a n eine Person seien. D s e n g i s - K h a n erhob die weisse Fahne — das Feldzeichen
der M in a m o t o war weiss; der Titel K h a n wäre vielleicht identisch mit dem japanischen
K a m i . Die tartarischen Hofsitten sollen den japanischen ähnlich sein. S. Siebold .
N i p p o n Bd. I. Anm. 148.