
.Schälchen geschlürft wird, erregte weniger Bewunderung als die
artigen Aufwärterinnen, die halb schüchtern halb schelmisch
blickend auf den reinlichen Matten ab - und zuwatsch eiten, und sich
viel mit den Fremden zu schaffen machten6). — Gegen Abend wurde
in dem Empfangsraume der Gesandtschaft eine Malzeit aufgetragen,
welche die Regierung ihren preussischen Gästen zum Willkomm
sandte; die Aufstellung war sehr zierlich, wie Alles was die Japaner
ordnen: obenan ein Tischchen für den Gesandten allein, daneben
ein anderer für drei und weiter eine lange Tafel für. sechszehn
Personen. Vor jedem Platze standen zwei schwarz lackirte Untersätze,
und auf jedem derselben fünf zugedeckt'e Schälchen, welche
die verschiedenen Suppen und Speisen, enthielten; ausserdem lag
auf Porcellantellern für jede Person ein Fisch. Dieser und das
Zuckerwerk waren das Beste, die übrigen Speisen, wenn auch nicht
schlecht, doch für den europäischen Gaumen etwas fade. Vielleicht
ist die japanische Zunge durch Gewöhnung ganz anders gestimmt
als die der westlichen Völker, und schmeckt Feinheiten heraus die
der Europäer nicht zu schätzen weiss, - d e n n dass auch unser
Geschmacksorgan »conventionel gebildet« und vom Wege der Natur
weit entfernt ist darf nicht bezweifelt werden. Dass aber ein Volk
von so hocheigenthümlicher und durchgebildeter Gesittung auch
seine besondere und in ihrer Art sehr vollkommene Küche hat;
lässt sich nicht nur vermuthen, sondern aus manchen Einzelnheiten
beweisen, in welchen ihr Geschmack zufällig mit dem unseren zusammentrifft.
Ganz vorzüglich war ein Gericht Ibachs, der ganz
roh und frisch gesalzen mit Soya gegessen wird, eine Speise die
jedem Gourmand zu empfehlen ist; freilich gehört die fr i sch
g e g o h r en e Soya dazu, die wir nicht haben. Als Getränk wurden
kleine Schälchen S a k i herumgereicht, ein starkes Reisbier von
fuseligem Geschmack, das man dem Geruch und Ansehn nach
eher Branntwein nennen möchte; die Holländer aber, welche die
Fabrieation genau kennen, versichern es sei eine Art Bier. Neben
jedem Couvert lagen zwei kleine Stäbchen, — die Fremden im Orient
6) Die Theehäuser, » T s a - y a » , sind Restaurationen, wo man Thee, Saki und
andere Getränke und Speisen erhält, und wohl zu unterscheiden von den » D z o r o - y a «,
deren Bestimmung minder unschuldig ist. In den meisten Büchern über Japan werden
sowohl die T s a - y a als die D z o r o - ya »Theehäuser. genannt/wodurch das Wort
eine verfängliche Bedeutung erhalten hat, die für die T s a - ya unrichtig ist, Weib-
liehe Bedienung findet man in beiden.
nennen sie »Chopsticks«, - ein sehr einfaches Instrument dessen
sich alle Japaner und Chinesen statt der Messer, Gabeln und Löffel
bedienen. Ihre Handhabung erfordert viel Geschicklichkeit oder
lange Uebung, wenige Europäer haben sie gründlich erlernt. Man
zerschneidet alle consistenten Gerichte schon in der Küche zu
kleinen Bissen; die Suppen und Saucen werden aus Näpfen geschlürft.
— Die Chopsticks und das Zuckerwerk brachten die Hausdiener
nach dem Essen den Gästen in ihre Zimmer - so verlangt
es die japanische Sitte. .. . à . .
Das von der Gesandtschaft bewohnte Grundstuck liegt nn
südlichen Theile von Yeddo, im Stadtviertel Akabane. Vom Landungsplätze
führt eine lange, grade, von Krämern bewohnte Strasse
dahin, die sich etwa eine Viertelmeile vom Seeufer auf einen freien
Platz öffnet. Der Anblick ist durchaus ländlich. Links liegt die
lano-e Façade eines Yamaske - so heissen die Sitze der Daïmio’s , -
vor5 sich hat man ein Flüsschen mit grünem Ufer, dessen Garten
sich drüben an eine prächtig bewachsene Höhe lehnen. Aus dem
dunkelen Sammtgrün ehrwürdiger Cryptomerien ragt ein hohes
thurmartiges Mausoleum, roth lackirt, mit schweren, vorkragenden
Dächern über jedem Stockwerk - die ganze Anlage ist ein Be-
«räbnissplatz der TAÏKÜNe. - Man tritt, eine hölzerne Brücke
überschreitend, wieder in die sich verengende Strasse ein, m
welcher links das Portal des Gesandtschaftshauses hegt. Das
Thorgebäude ist aus mächtigen Balken gezimmert und hat ein
schweres Ziegeldach ; rechts springt erkerartig eine Portierloge
vor, welche den Eingang nach der Strasse und dem Hofe beherrscht.
In der Thorhalle hängen die drei üblichen Instrumente
zum Haschen der Diehe und Verbrecher: eine zweizackige breite
Gabel, mit der man den Schächer an die Wand klemmt, em harken-
artio-es Geräth, das man ihm zwischen die Beine steckt, und eine
Stange mit mehreren Reihen fingerlanger gekrümmtër Spitzen, welche
man drehend in seine Kleider nestelt. Diese Werkzeuge sind von
Eisen und haben lange hölzerne Griffe, man findet sie bei jedem
Thürhüter und auf den zahlreichen Polizeiwachen. - Zu den Seiten
des Portals hegen inwendig zwei offene Schuppen zum Unterstellen
der Pferde; der Hof ist dick mit losen faustgrossen Feldstemen
bedeckt, sehr reinlich anzusehen aber sehr unbequem für die Füsse,
doch führt eine breite Bahn aus Quadersteinen von dem Portal auf
den Eino-ano- des Wohngebäudes zu, über welchen ein leichtes auf