
78 Neues Religionsedict. Verfolgungen.
gekannte Widerstand ihrer Unterthanen scheint bei den japanischen
Mächtigen grosses Missbehagen erregt zu haben: jetzt erst zeigte sich
recht lebhaft, in welchem Maasse das Christenthum das.Bewusstsein
des Volkes geweckt, und wie grosse Macht die Missionare auf die
Gemüther der Bekehrten hatten. J y e y a s erliess, ohne die Lehnsfürsten
zur Verfolgung ausdrücklich aufzufordem, im Jahre 1606
ein Edict, welches die christliche Religion abermals1 verbot: die
Geistlichen mussten ihre Amtstracht wieder ablegen, die Kirchen
schliessen. Im Uebrigen trat er nicht feindlich gegen sie auf, empfing
im Gegentheil in demselben Jahre den neuen Bischof Cerqueira und
im folgenden den Ordens-Visitator Valignan mit dem Pater Rodriguez
sehr ehrenvoll, und veranlasste die Letzteren sogar, seinen Sohn
F i d e - t a d a in Y e d d o z u besuchen; — sie wurden auch an diesem
Hofe glänzend aufgenommen. — In Y e d d o bestand damals eine von
Franciscanern gegründete christliche Gemeinde. —
Das Edict von 1606 veranlasste in den folgenden Jahren neue
Verfolgungen gegen die japanischen Christen von Seiten der Lehnsfürsten
, namentlich auf K iu s id ; man erfand die ausgesuchtesten
Grausamkeiten, gegen deren Schilderung das Gefühl sich sträubt.
Aber die Meisten blieben standhaft: in N a n g a s a k i , das ganz von
Christen bewohnt war, konnte der kaiserliche Statthalter, ein erbitterter
Christenhasser, mit aller Strenge nichts ausrichten, überall
standen die Missionare den Gläubigen tröstend und ermuthigend zur
Seite, ja sie begeisterten sie durch Verheissung himmlischer Freuden
zum Verlangen des Märtyrertodes. Dennoch findet sich nirgend erwähnt,
dass ausser dem nur nominell bestehenden Verbannungsedict
und dem Verbote des öffentlichen Gottesdienstes vor dem Jahre 1610
irgend welche Maassregeln . gegen die europäischen Geistlichen ergriffen
worden wären. Im Gegentheil erhielt der General-Gouverneur
der Philippinen-, Don Rodrigo de Vivero yVelasquo, welcher 1608,s)
79) Adams giebt 1609 an. Seit dem Anfänge des Jahrhunderts ging jährlich ein
grosses Schiff von Manila nach Acapulco; ein solches benutzte Don Rodrigo zur
Heimreise. — Er spricht sich mit der grössten Befriedigung über seinen Empfang,
mit Bewunderung über die geordneten Zustände des Reiches aus, und erklärt, wenn
er keine andere Pflichten hätte, gern sein Leben in Japan beschliessen zu wollen.
Die ganze Ladung des Schiffes wurde freigegeben, obwohl sie nach den Landesgesetzen
der Regierung verfiel. J y e y a s liess' dem Gouverneur durch Adams ein
neues Schiff bauen, auf welchem die Spanier glücklich Acapulco erreichten. Von da
kam 1611 eine Gesandtschaft nach Japan, um für die genossenen Wohlthaten zu
danken und jenes Schiff zu bezahlen; sie scheint aber unter den veränderten
Don Rodrigo de Vivero. Die »Madre de Dios«
auf der Heimreise nach Spanien (über Acapulco und Mexico) an der
japanischen Küste Schiffbruch litt und während seines fast zweijährigen
Aufenthaltes im Lande von J y e y a s und F i d e - t a d a mit der
grössten Auszeichnung behandelt wurde, das Versprechen, dass die
christlichen Priester der verschiedenen Orden künftig des kaiserlichen
Schutzes gemessen und in der freien Verfügung über ihre
Häuser und Kirchen auf keine Weise beeinträchtigt werden sollten.
Sein Ansinnen dagegen, J y e y a s möge die Holländer, welche im
Jahre 1608 zuerst mit zwei Schiffen nach Japan gekommen waren,
auf immer aus s e i n e m Reiche verbannen, wurde höflich abgewiesen.
Bald nach der Abreise des Don Rodrigo und noch im Jahre i
1610 ereignete sich ein Vorfall, der bei den Japanern grosse Erbitterung
gegen die Spanier und Portugiesen hervorrief. Einige von
diesen geriethen nämlich in M iako mit Eingeborenen in Streit, es
kam zum Handgemenge und beide Partheien liessen Todte auf dem
Platze. Die japanischen Behörden verlangten von den Fremden
die Auslieferung der Rädelsführer, diese verweigerten sie und entwichen
nach N a n g a s a k i . Die Sache kam vor J y e y a s , welcher im
Zorn über solch unloyales Benehmen, dem Fürsten von A r im a befahl,
die Uebelthäter in N a n g a s a k i zur Strafe zu bringen. Diese
flüchten auf ein grosses spanisches Schiff »La madre de D io s«,
dessen Befehlshaber auch die übrigen portugiesischen Kaufleute der
Stadt an Bord nimmt und unter Segel geht. Die »madre de D io s«
muss wegen Windstille in einer benachbarten Bucht ankern und
wird dort von einer sehr überlegenen Bootsflotte des Fürsten von
A r im a angegriffen. V I ährend des Gefechtes geräth das Schiff in
Brand, der Capitän sprengt es in die Luft, alle Spanier und
Portugiesen und viele Japaner kommen um. —j So berichten die
Missionare diese Begebenheit, deren nähere Umstände in Dunkel
gehüllt sind. J y e y a s befahl, nach ihrer Aussage, im ersten
Zorn alle Fremden in Japan zu tödten und die Geistlichen zu
verjagen, liess aber diesen Befehl nicht zur Ausführung bringen.
Schon 1611 erhielten die portugiesischen Kaufleute von neuem die
Verhältnissen ungnädig aufgenommen worden zu sein. S. Rundall Memorials of the
Empire of Japon. London 1850. (Hakluyt society.) Appendix. — Der Auszug aus
den Aufzeichnungen des Don Rodrigo wurde zuerst im Asiatic journal, July 1880
gedruckt. Rundall erklärt, dass alle seine Bemühungen, das Original einzusehen,
fruchtlos gewesen seien. ~ Dennoch ist auch ihm die Aechtheit des Documentes aus
inneren Gründen unzweifelhaft.