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erzählten Begebenheiten. Spätere Usurpatoren versuchten niemals,
sich die W ü rd e , den Rang des M ik a d o anzumaassen, sie begnügten
sich, ihm die M a ch t zu nehmen und übten auch diese nur in seinem
Namen. DieW ürde ist nach japanischen Begriffen etwas e r b lic h e s ,
von der Abstammung untrennbares — dieses Erbrecht war zu allen
Zeiten heilig und unantastbar — keine äusseren Umstände können
ein Geschlecht jemals seines angestammten Ranges berauben, selbst
das grösste Elend nicht, wie die japanische Geschichte vielfach
beweist; — nur ehrlose Handlungen des Familienhauptes, wenn sie
nicht durch Selbstopferung gesühnt werden, rauben dem Gesehlechte
seinen Rang. So oft in der späteren Geschichte die Herrschaft auf
ein anderes Haus übergegangen ist, hat dieses niemals den Titel
seiner gestürzten Vorgänger angenommen, sondern einen anderen
neuen. Aber die Erfahrung hat die Japaner gelehrt, dass die K ra ft
nicht immer mit der W ü rd e vereint ist, deshalb gewöhnten sie sich,
die Macht als etwas rein thatsächliches anzusehen. Dem grossen
Usurpator T a ik o - sam a gelang es im sechszehnten Jahrhundert das von
Bürgerkriegen zerrissene Reich unter seinem Scepter zu vereinigen,
und trotz seiner niedrigen Abstammung seine H e r r s c h e rm a c h t
zur vollsten Anerkennung nicht nur heim Volke, sondern auch bei
den Grossen zu bringen; er konnte aber trotz allen Bemühungen den
SioGtm-Titel, welcher von uralters her der Familie M ijmamoto eiOsen
war, nicht erlangen, und musste sich, um durch eine andere alte
Würde seinem Throne Glanz zu verleihen, von einem Mitgliede der
Familie F u d s iw a r a , welche den K u a n b a k - Titel seit Jahrhunderten
erblich besass, förmlich adoptiren lassen. Der M ik a d o gab auch
dann nur widerstrebend seine Zustimmung; es war eine Anomalie
wegen T a ik o - säm a ’s niedriger Geburt und wurde als etwas unerhörtes
angesehen, weil nach japanischen Begriffen nur die Adoption Ebenbürtiger
statthaft ist; seine M a ch t aber wurde als rechtmässig anerkannt,
sobald sie thatsächlich begründet war.
Nach der Ermordung des I r u k a (645) dankte die Kaiserin
K u o g o k 23) z u Gunsten ihres Bruders K o t o k ab, bestieg aber nach
dessen Tode nochmals den Thron. Erst im Jahre 662 erhielt Prinz
23) K u o g o k war, wie wahrscheinlich alle anderen weiblichen M ik a d o ’s , eine
Fürstin aus dem kaiserlichen Geschlecht. Die Abstammung jedes einzelnen M ik a d o
wird in den Annalen weitläufig erörtert. Sie heiratheten vielfach die Töchter ihrer
Binder und Vettern.
N a k a - n o - O s i unter dem Namen T e n t s i die Krone. Sein Freund
und Mitverschworener K am a t a r i stand seit I r u k a s Tode an der
Spitze der Staatsverwaltung. In der Familie des K a m a t a r i , welche
vom Kaiser den Namen F u d s iw a r a erhielt, wurde später die K u a n b
a k -Würde24) erblich; ihr Einfluss war schon im achten Jahrhundert
am Hofe vorwiegend. — Dieses Geschlecht hat sich auch später,
nachdem es die Macht verloren, durch alle Zeiten im Besitz der
höchsten Hofämter erhalten.
K a m a t a r i scheint sich um die inneren Einrichtungen des
Staates verdient gemacht zu haben; er theilte das Reich in acht
Provinzen, regelte die Verwaltung und gab den Beamten feste
Besoldung; durch das ganze Land wurden Postrelais eingerichtet,
Kataster aufgenommen, das Steuerwesen geordnet. Das Heerwesen
erhielt eine festere Gestaltung; eine stehende Kriegsmacht hatte man
seit lange im Westen des Reiches — gegen Korea — unterhalten,
einzelne Abtheilungen davon bildeten, sich ab lösend, die Garnison
der Residenz. K a m a t a r i baute Arsenale und Magazine, brachte auch
die Hofhaltung in eine feste Ordnung, regelte die Etiquette und
führte die offentlichen Audienztage ein. Der grösste Theil des noch
jetzt am Hofe des M ik a d o üblichen Ceremoniels, sagen die Annalen,
datirt aus jener Zeit25)..
24) Die F u d s i w a r a fuhren ihren Stammbaura noch höher hinauf und auf das
Geschlecht des M i k a d o zurück, -fr. Die eigentliche Bedeutung des Titels K u a n b a k
ist schwer zu ergründen: in den meisten Fällen scheint die Uebersetzung Regent
zu passen, zuweilen kommt aber in der Klaprothschen Uebertragung ■ der Annalen ein
Regent neben dem K u a n b a k vor. Kämpfer sagt: Q u a n b u k u ist die andere Person
dieses geistlichen Hofes und des D a i r i ( M i k a d o ) Vicekönig und Premier - Minister
in Regierungssachen. — Auch der K u a n b a k - Titel wird, gleichwie alle anderen
erblichen Würden, vom M i k a d o jedes Mal ausdrücklich verliehen, aber immer nur
•an den Berechtigten. Daneben giebt es andere nicht erbliche Ehrentitel und Aemter,
die ebenfalls der M i k a d o verleiht — und die Rangstufen und Classen, durch welche
die Hof- und Staatsbeamten allmälich emporsteigen, sind wieder von jenen Titeln
unabhängig — so scheint es wenigstens nach, den Annalen. Der ganze Organismus
ist höchst künstlich und bis jetzt noch sehr räthselhaft. — Der höchste Ehrentitel,
den der M i k a d o häufig nur sich selbst ertheilt, ist D a i - s i o - d a i - s i n . Z u derselben
Rangclasse soll die K u a n b a k -Würde gehören. Die Titel der zweiten Gasse sind
0 - d a i - s i n , U - d a i - s i n und N a - d a i - s i n , die der dritten D a i - n a g o n und Tsu-
n a g o n . Alle diese werden nur an e in e Person verliehen, die der folgenden Classen
an mehrere.
25) Klaproth bezeichnet in einer Note zu den Kaiserannalen die Eintheilung der
japanischen Verwaltung auf folgende Weise. Es giebt acht Administrationen: