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168 A u f e n t h a l t zu Vareda und Pieise bis Minas Geraes
päischen Wiesen bewahrt zu haben schienen: finsterer Wal d rund umher
hob angenehm die hellgrüne Flache. In dem hohen Grase weidete ein bunter
Haufe von Stuten mit ihren Füllen, welche bey dem ungewohnten Anblick
unserer vorüberziehenden Tropa schnell entflohen-
Hier blüheten am Rande des Waldes Bäume von 20 bis 3o Fufs Höhe
aus der Syngenesia, Streifen von Wald wechseln mit Wiesen , ab und
Lagoas ziehen sich in der Tiefe derselben hinauf. Unter manchen neuen
Gegenständen, die hier unsere Aufmerksamkeit auf sich zogen, nenne ich
die einzeln überall vertheilten hohen Cactus-Stämme mit ihren stachlichen
Kanten, welche oft eine bedeutende Höhe erreichen; ihr unten verholzter
Stamm trägt nur noch undeutlich das Gepräge der Ecken, womit ihn die
Natur in früheren Jahren bezeichnet- dies zeigt sich sodann um so deutlicher
an den gleich Girandolen ausgebreiteten Zweigen, die jetzt mit
ihren rundlichen Früchten überhäuft waren. Dieser Cactus scheint hexagonus
oder octogonas zu seyn, er treibt am oberen Ende seiner Zweige
sehr grofse weifse Blumen, und die Früchte werden begierig verzehrt von
einer noch unbeschriebenen Art von Papageyen, dem Perikit mit orangefarbenem
Bauche, welchen ich Psittacus cactoram{^^ genannt habe. Er
frifst das blutrothe Fleisch der Frucht, und erhält davon den Schnabel roth
gefärbt. Mit jenen steifen Gestalten der Cactus contrastiren hier recht auffallend
einzelne starke Bäume der gelbblühenden Cassia, In diesen für uns
neuen Triften zeigten sich unseren Jägern bald mancherley interessante Jagdgegenstände.
Zwischen dem grasenden Rindviehe flog am Ufer Lagoa
(*) Psittacus cactoram; 9 Zoll 8 Linien lang, i5 Zoll und einige Linien breit; Schwanz
rerlängevt und l^eiirörmig; alle oberen Theile des Vogels schön lebhaft jDapageygrön, auf Scheitel
und Hinterhals etwas graubraun gemischt, der erstere beynahe gaiiz von dieser Farbe; Backen,
Kinn und Kehle hell oliven-graubräunlich, nach der Brust hinab immer mehr ins Olivenfarbene
übergehend^ Brust, Seiten und Bauch bis zum After lebhaft orangefarben; Schwungfedern an
der Spitze und Yorderfahne el>vas himmelblau: Schwanz hellgrün, die mittlem Federn
schmutzig, alle an der inneren Fahne gelblich.
A u f e n t h a l t zu Varéela und Reise bis Minas Geracs 1 6 9
oder Wasserpfütze der Ja b i r ú {Mycteria americand) auf; hier
belegt man diesen grofsen schönen Vogel, welcher der seltenste der grofsen
Sumpfvögel dieser Gegend ist, mit dem Nahmen Tuyuyú', an seinem blendend
weifsen Gefieder und dem lang ausgestreckten Halse unterschied man
im F!ue-e das rothe Halsband recht deutlich. Bald erhoben sich in Menge
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die Waldpelikane (Tantalus Localator, LINN.) und die Störche {Ciconia
americana) beyde hier ebenfalls Jabirú genannt. Alle diese Vögel sind
grofs und haben weifses Gefieder, daher verwechseln sie die Brasilianer
mit einander, und da sie gewöhnlich nicht geschossen werden, so wissen
auch geübte Jager sie öfters nicht richtig zu unterscheiden. Die Bedeutungen
der von M A R C G R A V E angegebenen Thiernahmen passen meistens erst
nördlich von Bahía in Pernambuco.
Eine sehr laute Vogelstimme erregt in diesen Waldtrifften sogleich die
Aufmerksamkeit des ins Freie tretenden Jägers; Flüge der Curikake {Tantalus
alhicollis){¿^ steigen mit helltönender Stimme in weifs und schwarzbunten
Geschwadern auf, und ziehen über die niederen Waldrücken hinweg
Lagoas, Gewässern und Viehtrifften hin, welche ihr beständiger
Aufenthalt sind. Dieser Vogel trägt hier den Nahmen, welchen ihm
M A R C G R A V E in seiner Naturgeschichte von Brasilien beylegt; er ist im
Fluge sehr kenntlich durch seinen weifsen Hals, und seine schwarzbunten
Flügel, wie durch seine laute verschieden modulirte, nicht übel klingende
Stimme. Hier beobachtet man zuweilen auch die in prachtvoll rosenrothen
(*) Den Vogel, welchen MAUCGHAVE Cixricaca nennt, hielt; man gewöhnlich für LINMES
Tantalus Loculator, bis Herr Prof. L i c ) ITE s STEI N in seiner Erläuterung des MAHCGKAVsciiEN
Werks durch die wieder aufgefundenen Original-Abbildungen diesen Irrthum berichtigte.
Aller angewWten Mühe ungeachtet habe ich diesen Vogel nie erhalten können ; er zeigte sich
uns täglich in kleinen Gesellschaften, wo er einen schwärzlichen oder schwarzbunten Körper
und wcilslichen Hals zu haben schien. Das hier Gesagte reicht aber hin zu bestätigen, dais
die Curikake des Sertam. ron Bah¿a und die Caricaca des MARCGRÄVE ein und derselbe
Vogel sind.
Th. IL ^^
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