2 I 6 R e i s e von Minas Geraés nach Arrayal da Conquista
ren, besonders die Weiber ^vissen den Faden äufserst nett zu drehen, und
künstliche vierfache Schnüre daraus zu verfertigen. Sie verarbeiten dieselben
zu mancherley Endzwecken, besonders aber zu ihren Kleidungs - oder
Putzgegenständen und zu ihren Waffen. Unter den ersteren ist ein Hauptgegenstand
das Gayhi^ oder die Weiberschürze, Tafel 21. Figur /,. Sie
besteht in einem künstlich mit feinen Schnüren übersponnenen Stricke, mit
ein Paar grofsen <^uasten an den Enden, von welchem eine Menge andere
runde Schnüren herajjhängen, um eine Schürze zu bilden; der Strick wird
von den Weibern um die Hüften gebunden uad es sind diese Schürzen das
einzige Kleidungsstück derselben, da wo sie noch in einem etwas rohen Zustande
leben; früher kannten sie auch dies noch nicht, sondern giengen
völlig nackt, oder späterhin mit einem um die Hüilen gebundenem Stück
Baumbast, lieber die Geschicklichkeit mit welcher diese rohen Menschen
die Schnüre jener Schürzen zu bearbeiten verstehen, kann man sich nicht
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genug wundern : zu gröfserer Verzierung pflegen sie dieselben wohl mit der
Catud'F^vhQ rothbraun und weifs zu färben. Ein zweytes Stück aus der
Hand dieser Waldnymphen, sind die von Baumwollenschnüren geknüpften
Säcke, welche sie jedesmal umhängen, sobald sie die Hütte verlassen. Diese
sind von geknüpfter oder geschlungener Arbeit, und werden weifs oder
gelbUch und rolhbraun abwechselnd mit Cataä gefärbt, dabey haben sie
einen ebenfalls geknüpften Riemen, mit welchem sie über die Schulter getragen
w^erden. Die Männer führen beständig solche Beutel, wenn sie auf
die Jagd ziehen, ich habe dieselben Figur 5 auf der 2iten Platte abbilden
lassen.
Die Waffen der Camacans zeigen, dafs auch selbst die Männer dieses
Volkes mehr angeborene Kunstfähigkeit besitzen, als die der anderen Stämme
d.QV Tapayas. Ihr-Bogen ist stark, schön glatt polirt von dunkel
schwarzbraunem BraäncMoXx, und viel besser gearbeitet als bey den übrigen
Stämmen; längs seiner ganzen Vorderseite hinab führen sie eine Hohl-
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kehle, die indessen etwas weniger tief eingeschnitten ist als bey den Tl^achacaris;
diese Bogen übersteigen die Höhe eines Mannes und sind sehr
elastisch und stark. Die Pfeile {Hoay) sind besonders nett gearbeitet.
Sie unterscheiden sich in ihren drey Arten nicht von denen der übrigen
Stäxtime, allein sie haben, wie bey den Machacaris, unter der Spitze
einen langen Aufsatz von Braana-Yio\z, und unten steht der Ptohrschaft
weit über die Befiederung hinaus, unter welcher sie noch zwey kleine
Büschelchen von bunten Federn anzubringen pflegen. Die Befiederung des
Pfeiles ist von schönen rothen und blauen ^r«ra-Federn gewählt, äufserst
genau gebunden und gesetzt, und die Bunde sind gewöhnlich abwechselnd
mit weifs und rothbraim gefärbter Baumwolle sehr zierlich gewickelt.
Bogen und Pfeil sind auf der 21 ten Tafel, Figur 1 und 2 vorgestellt.
Sie bereiten auch zur Zierde gewisse Pfeile, welche mit vieler Kunst durchaus
von festem schönem Holze so dünn und schlank gearbeitet werden,
wie man es von solchen rohen Händen und bey so schlechten Instrumenten
nicht erwarten sollte. Diese Pfeile sind von dunkelbraunem .öraä/za-
Holz oder von schön rothem Brasilienholz gemacht, äufserst glatt und
glänzend polirt und die Be.vickelung daran ist mit gefärbter Baumwolle,
weifs und rothbraun auf eine zierliche Art gemacht, wie Figur 3 auf der
oitenTafel zeigt. Auf ähnliche Weise verfertigen sie lange glatte Stäbe,
welche man vor Zeiten zuweilen in den Händen ihrer Anführer sah. Bey
feyerlichen Gelegenhelten, besonders bey ihren Tänzen, sieht man auch
jetzt wohl noch auf ihren Häuptern eine Mütze von Papageyfedern, welche
sie Scharó nennen, und die besonders nett gearbeitet ist. Auf einem
Netze von Baumwollenfäden knüpfen sie eine jede Feder einzeln an, so
dafs aiif dem oberen Theile der Mütze ein grofser kronenartiger Busch
von den Schwanzfedern des Jará {Psittacus pulv>erulentus) oder anderer
Arten von Papageyen steht, aus dessen Mitte sie gewöhnlich ein Paar
grofse ^/'«ra-Schwanzfedern hervortreten lassen. Der ganze Busch ist
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