T
4o E i n i g e Wor t e über die Botocuden
E i n i g e Wor t e über die Botocuden
wenn sie das Fleisch ihrer Feinde braten und essen, nie etwas ähnliches
bemerkt oder gehört habe.
Die Botocuden nehmen die Nahmen ihrer Kinder von körperlichen
Eigenschaften, Thieren, Pflanzen und dergleichen her; so zum Beyspiel
Hetom-cudgi (Kleinauge), Cupilick (Brüllaffe). Sie behandeln dieselben im
allgemeinen gutmüthig, das heifst, sie lassen ihnen allen Willen; nur das
Schreyen derselben macht sie ungeduldig-, alsdann sieht man wohl, dafs
sie dieselben beym Arme fassen und weit fortschleudern , auch wohl mit
der Hand oder einem Stocke schlagen. Die Geburten der Weiber sind
bey ihnen, wie bey allen wilden Völkern, sehr leicht und man sieht keine
Verkrüppelte unter ihnen. Liebe oder wenigstens Sorgfalt für Kinder und
hülflose Eltern, ist diesen Menschen nicht ganz fremd; man findet oft Beyspiele
davon. Am Quartel Dos Arcos sah man einen jungten Mann seinen
blinden Vater mit vieler Sorgfalt umherführen , und ihn nie verlassen.
Einer der Anführer freute sich ungemein, als man ihm seinen achtzehnjährigen
Sohn wieder zuführte, der lange bey den Portugiesen abwesend
gewesen war; er drückte ihn an die Brust, und soll sogar Thränen in den
Augen gehabt haben. Dafs aber, wie Herr S E L LOW beobachtet haben
will, die Botocuden bey ähnlichen Bewillkommungen einander die Pulsadern
am Handgelenke beriechen, habe ich weder bey dieser, noch bey
andern Gelegenheiten bemerkt. Gegen die mehr herangewachsene Jugend
scheinen die Wilden g-leichgültiger zu seyn, wovon wir, wie früher erzählt
worden, unter den Paris zu S. Fidelis am Parmba ein auffallendes Beyspiel
gesehen haben. Das eben Gesagte stimmt zwar ganz mit dem Charakter
des Menschen im rohen Naturzustande überein ; es ist indessen
auch wahr und gegründet, dafs das Zartgefühl der Botocuden so grofs
nicht ist, alsLAFiTAuC'O es in der Erzählung von einem brasilianischen
Missionair angiebt; von solcher feinen Empfindung ist keine Spur zu finden.
( * ) SOUTHEY'S history of Brazil Vol. I. pag. 642.
Man darf zwar bey dem Naturmenschen nicht die sanfteren Empfindungen
und Gefühle suchen, welche Bildung und Erziehung unter uns hervorbringen,
eben so wenig darf man aber auch glauben, dafs der Vorzug je in
ihm ganz unterdrückt werden könne, den die Natur dem Menschen als auszeichnendes
Geschenk vor dem Thiere gab.
In müfsigen Stunden pflegen sich die Botocuden mit Gesang und Scherz
die Zeit zu verkürzen, und dies soll besonders nach einer guten Jagd oder
einem glücklichen Gefechte geschehen. Die Tonkunst ist bey ihnen jedoch
noch auf einer sehr niedern Stufe der Ausbildung. Der Gesang gleicht bey
den Männern einem unartikulirten Gebrülle, das beständig in drey bis vier
Tönen, bald hoch bald tief abwechselt, auch wird tief aus der Brust Athem
geholt, sie legen dabey den linken Arm über den Kopf hin, stecken auch
wohl einen Finger in jedes Ohr, besonders wenn sie sich vor Zuschauern
hören lassen wollen, und reifsen den vom Botoque furchtbar entstellten
Mund weit auf. Die We ibe r singen weniger laut und unangenehm; man hört
aber gleichfalls nur wenige Töne, die beständig wiederholt werden. Ihren
Gesängen sollen sie zum Theil Wor t e ül^er den Krieg oder die Jagd unterlegen;
alles was ich indessen von diesem Gebrülle zu hören Gelegenheit
gehabt habe , schien ohne Wor t e zu seyn. Ihre Sprache ist von der aller
benachbarten Stämme sehr verschieden, und hat bey vielen Nasentönen
keine Kehllaute: sie ist arm, wie bey allen diesen Völkern, und dasselbe
Wort hat mancherley Bedeutungen, Sie haben nur einige wenige Zahlen:
Eins heifst mokenam, Zwey hentiatä^ mehr oder viel uruhd (=•-); nachher
nehmen sie Finger und Füfse zu Hülfe. Viele Sylben sprechen sie im Gaumen,
zum Beyspiel Bacan (Fleisch), das an dabey im Gaumen undeutlich
(*) Bey den Arowacken in Gxdana hat dieser Begriff eine sehr ähnliche Benennung: ujixhu^
obgleich die Sprachen übrigens keine Aehnlichkeit zeigen. Ueberhaupt kommen an der Küste
von Guiana yiele brasilianische Wor t e vor, indem viele Indier aus dem portugiesischen Amerika
dahin auswanderten. Siehe hierüber B AB HER B Beschreibung von Cayenne.
Th. II. 6
I I !
m ü