a 6 2 R e i s e v on C o n q u i s t a n a c h d e r Ha u p t s t a d t B a h í a
Bevölkeruno- ist in drey Kirchspiele g^etheilt, es befindet sich aber nur die
einzige Povoagäo oder f^illa hieselbst, das übrig-e Land ist im Inneren von
einzelnen Pflanzern und an der ganzen Küste gröfstentheils von Fischern
bewohnt. Die f^iila hat einige gute Gebäude, Magazine für den Wallfischfang
und einige Kirchen. Die Märkte sind mit Fischen und Früchten aller
Art angefüllt; man zieht viele Orangen, Bananen, Mangos , Cocosnüsse,
J a c a s , Weintrauben , deren Stämme hier zweymal Frucht tragen u. s. w.
und verschifft alle diese Früchte nach Bahía. Der Wailfischfang ist in
manchen Jahren in den Gewässern von Brasilien sehr einträglich; zu lta~
parica sind beynahe alle Umzäunungen der Gärten und Hofräume von
Wallfischknochen gemacht. Man führt etwas Zuckerbranntwein aus und
bereitet Stricke von Piagaba, welche sehr dauerhaft seyn sollen. Aehnliche
Schiffsthaue verfertigt man auf Amboina und anderen ostindischen Inseln
aus den langen Fäden der Palmen, welche an den Wurzeln der Blattstiele
wachsen ( - ) . — Von der nördlichen Spitze der Insel Taparica^ an welcher
die J^illa erbaut ist, hat man eine schöne Aussicht ringsum auf die
Küsten des von mannichfaltig geformten Gebürgen eingeschlossenen und
mit kleinen weifsen Segeln bedeckten Reconcavs, Dieses Binnenmeer, das
durch die frühere Geschichte Brasiliens merkwürdig geworden ist, hält
in der Ausdehnung von Norden nach Süden 6'/, und in der Richtung von
Osten nach Wes ten mehr als 8 Le goa s ; es ist von allen Seiten durch
Berge beschützt, und nicht gar weit von seiner Mündung liegt am nördlichen
Ufer die Hauptstadt S. Salvador^ die man gewöhnlich blos mit dem
Nahmen Qidade oder Bahía belegt. In der entferntesten Gegend dieses
Meerbusens mündet der Paragaagü^ gewöhnlich Peruacá genannt, an
welchem etwa 8 Legoa s aufwärts die P^illa da Cachoeira de Paraguagá,
im Range nach der Hauptstadt der bedeutendste und blühendste Ort dieser
Gegend, erbaut ist, Sie ist grof s , sehr volkreich und treibt einen starken
(*) Siebe L A B i L L A n D I K R E yojage á la rccherclie de LA PÉRODSE Vol. I. pag. 3o2.
R e i s e v o n C o n q u i s t a n a c h d e r Ha u p t s t a d t B a h i a 2 6 3
Handel nach der Hauptstadt, indem daselbst alle Tropas aus dem Inneren
ankommen, ihre Thiere dort zurücklassen, und die Wa a r en zu Schiffe
nach Bahía bringen. Wöchentlich gehen von da mehrere Barcos nach
der Hauptstadt. In jener Gegend wohnten vor Zeiten die Hiriri oder
Cariri^ ein Stamm der Urbewohner oder Tapuyas, Pater L u i s VINC
E N C i o M A M I A N I hat die Grammatik ihrer Sprache bekannt gemacht , die
\xv Lisboa gedruckt worden ist Diese Leute sind jetzt völlig civilisirt;
die Ueberreste von ihnen, die man Cariri da Pedra Branca nennt, dienen
sämmtlich dem Staate als Soldaten. Wenn ihr Gommandant den Befehl
erhält eine Unternehmung zu machen, so ziehen We ibe r und Kinder
mit. Am Abend lagert man s ich, und der Gommandant hat seine Hütte
vor den übrigen; zum Ave Maria kommen sie zusammen und dabey werden
ihnen die nöthigen Befehle ertheilt; doch soll dieses Militär von Indiern,
die noch steif an ihren Eigenheiten hängen, sehr stark essen und
wenig thun, dem Staate daher mehr Kosten als Nutzen bringen.
Ueber die alte Geschichte des Reconcacs oder der Bahía de Todos
OS Santos finden wir in den älteren Schriftstellern viele Nachrichten; sie
ist besonders durch die Kinege mit verschiedenen wilden Volkerstämmen
merkwürdig geworden. Die Jesuiten rotteten hier nach einer langen Reihe
von Jahren mit den gröfsten Gefahren und Aufopferungen den grausamen
Gebrauch der Anthropophagie unter jenen wilden Horden aus. In früheren
Zeiten machten mancherley Nationen einander diese Gegend streitig.
Ursprünglich sollen Tapuyas die Ufer des Reconcaos bewohnt haben,
diese wurden vom Rio S. Francisco her von den Tapínaés und den Tupinambas
vertrieben, welche die Portugiesen bey ihrer Ankunft in der
neuen Wel t im Besitze dieser schönen Ufer vorfanden; C R I S T O V A M J A O U E S
( * * ) Unter dem Titel: Arte de Grammalica da Lingua Brasilica da Nacam Kiriri, coniposla
pelo P. L U I S V I N C B N C I O MAIMIAINI , da Cooipanhia de Jesu, Mission ario nas Aldeas
da dita Nacáo. Lisboa. 1699-
kB.
Í
f .
F Á