q 8 Reise vom Piio Grande de Belmont e zum Rio dos Ilh^os
ungemein, als er mich einige Wort e seiner Sprache reden horte. Noch
mehr ward seine Freude und Neugierde rege, als ich ihm sagte, dafs ich
einen jungen Botocuden beständig mit mir führe; er bedauerte unendlich
ihn nicht sehen zu können, da ich ihn in der f^illa zurückgelassen hatte,
und redete beständig von demselben. Zum Andenken an die vergangene
Zeit hält dieser alte Mann seinen Bogen und Pfeile noch immer in Ehren.
Er ist abgehärtet, noch fest und brauchbar im Walde, ob er gleich schon
ein hohes Alter hat. Den Branntwein liebt er über alles, daher ist ihm
jetzt in der Person des kürzlich hier angekommenen Herrn WEYJ L ein
Glückstern aufgegangen, denn in dessen Hause pflegt er nie die Zeit zu
verfehlen, wo ihm dieser Göttertrank freygebig gespendet wird. Bessere
Zeiten hat Capitam MANOEL ZU Almada wohl schwerlich erlebt.
Herr W E Y L , welcher erst kürzlich diesen Platz zu den von ihm
anzulegenden Pflanzungen sich erwählt hat, besitzt jetzt das Stück Land
von einer Legoa im (Quadrate, welches man den Guerens zu Anfang ihrer
Niederlassung angewiesen hatte. Noch hat er nicht Zeit gefunden ein
Wohnhaus für sich und seine Familie zii^erbauen, daher behalf er sich
bis jetzt in einem der kleineren Gebäude, welche, zwey oder drey an
der Zahl, den ganzen Piest der f^illa de Almada ausmachen. Herr W E Y L
ist gesonnen hier eine grofse Fazenda anzulegen, wozu, wie es scheint,
alle Umstände ihn begünstigen. Er wird vorzüglich Baumwolle und Fiaffee
pflanzen, welche beyde hier vortrefflich gerathen; überhaupt gedeihen
die meisten Gewächse in dem günstigen Boden und Clima dieser Gegend,
wo auch die Waldungen mit den schönsten Holzarten angefüllt sind. Der
neue Ansiedler will hier auf einer Anhöhe sich Wohnhaus und Kirche
erbauen, wo er in der That einer unendlich reizenden Aussicht geniefsen
wird. Nach Norden eröffnet sich der Blick nach dem glänzenden blauen
Spiegel der grofsen, zwischen mahlerischen Waldbergen slill da liegenden
Lagoa^ hinter ihr die Gebürge, welche man O Qaeimado (das Verbrannte)
R e i s e vom Rio Grande de Belmonte zum Rio dos llheos 99
nennt, und wo die Mineiros eine Zeit lang viel Gold und Edelsteine
gesammelt haben sollen; den Horizont begränzt aber noch hinter diesen
Höhen die Serra Grande, eine Bergkette, welche nach dem Meere hinabzieht,
und dem Auge die Urwälder verbirgt, durch welche der Rio das
Conlas hinabströmt. Zur linken eröffnet sich dem Auge, von diesem herrlichen
Standpunkte aus, eine weite erhabene Gebürgs-Aussicht in den,
Minas Geraes begränzenden Sertam, wo grüne Gebürgsketten einander
überhöhen und eine weite Aussicht in jene wilde erhabene Natur gestatten.
Dort in südwestlicher Richtung, durchschneidet jene Urwälder die Strafse,
welche der Tenente-Coronel FILISEERTO GOMES D A S ILVA h\s Minas
Geraes hin eröffnete, und welche zu bereisen ich den Entschlufs gefafst
hatte. Allein auch in der Nähe ist die Gegend von Almada sehr mahlerisch.
Der Taipe theilt sich hier schon in mehrere kleine Arme und Gewässer,
die ihm aus engen finstern Waldthälern über Felsen und Gestein
zurauschen, und kleine Cachoeiras bilden. Unter einer steilen Wand der
Höhe, auf welcher das Wohnhaus stehen soll, rauscht der Flufs über Felsen
hinab und bildet nicht weit von diesem einen kleinen Fall. Der Anblick
dieser grofsen wild erhabenen Natur wird Herrn W E Y L dafür entschädigen,
dafs er sich, weit von seinem Vaterlande, in jenem entfernten Winkel
der Erde, blos auf den Zirkel seiner Familie eingeschränkt sieht! Ueberall
auf der Erde findet der gebildete Mensch Unterhaltung und Beschäftigung,
doch gebührt unter allen Klassen der Menschen hierin dem Naturforscher
der Vorrang, denn ihm würde der einsam wilde Wohnsitz an dem Ursprünge
des Ta:ipe, ein reiches Feld für Beobachtungen und eine unerschöpfliche
(Quelle von geistigen Genüssen bieten.
Ich brachte hier in der Gesellschaft des Herrn W E V L und seiner Familie
einen Tag sehr vergnügt zu, und eilte alsdann zur P^illa zurück, wo
ich nun sogleich die nöthigen Anstalten traf, um von hier aus auf der vor
zwey Jahren angelegten Minas-Strafse den Sertam zu bereisen. Diese