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38 E i n i g e Worte über die Botocuden
jung , mit allem Gepäcke. In der Nähe des Quartel Bos Arcos^ wo der
Flufs mehrere Krümmungen macht, befindet sich eine schmale Sandbank,
Coroa do Gentio (Sandbank der Wilden) genannt, iiber welche sie ohne
Brücke setzen. Die Botocuden haben keine Canoen oder Fahrzeuge, dahingegen
die indischen Stämme an der Küste schon dergleichen grofse
Fahrzeuge von Rinde verfertigten, als die ersten Entdecker, C A E R A L und
andere, unter ihnen landeten. Ehe die Europäer (^uartelle oder Militairposten
an den Flüssen im Innern anlegten, verstanden die Botocuden nur
iil^er kleme Flüsse und an schmalen Stellen überzusetzen; hinüberschwimmen
konnten sie zwar immer sehr gut, allein nicht mit ihrem Gepäcke;
nachher sollen sie aber, sowohl am Rio Doge^ als am Belmonte ^ Versuche
mit Canoen gemacht haben. Man sah sie in ausgehöhlten Trögen
von Barrigado-\^Q\L übersetzen, und mit einem Stück Holz rudern; ja
am erstem Flusse will man bey ihnen sogar schon einmal ein schlecht
gearbeitetes Canoe ang^etroiFen haben, ob sie gleich auch jetzt noch nirgends
Canoen besitzen.
Ein Mann hat gewöhnlich so viel Weiber, als er ernähren kann, und
ihre Zahl soll zuweilen bis zu zwölf anwachsen ; ich habe indessen nie
Männer mit mehr als drey bis vier Weibern gefunden. Die Ehen sollen
ohne alle Ceremonien geschlossen, und blos durch den Willen der beyden
Personen und der Eltern bestimmt, aber auch eben so leicht wieder aufgelöst
werden ; eine Frau soll die Abwesenheit ihres Mannes benutzen
dürfen, um zu einem andern zu entfliehen, weil dieser eine grofse Jagdbeute
gemacht hat, ohne dafs eine solche Entweichung für sie unangenehme
Folgen herbeyführt. Findet aber der Ehemann einen andern bey seiner
Frau, so rächt er ihre Untreue gewöhnlich durch heftige Schläge und
ergreift im Zorne das erste beste hiezu taugliche Geräth, oft selbst einen
Feuerbrand, wovon die Weiber häufig Spuren an ihren Körpern tragen.
Viele Männer zeichnen dieselben in solchen Fällen mit dem Messer ; sie
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reifsen ihnen die Arme und Schenkel auf, so dafs man nach vielen Jahren
noch sechs bis acht Zoll lange und einen Zoll breite Narben, eine oft
neben der andern, findet. So schnitt einer ihrer Anführer {Capitam Gipakeiu)
in einem solchen Falle, seiner Frau die Ohrränder und den durch
den Botocfue weit ausgedehnten Lippenrand völlig ab, wodurch ihre Unterzähne
gänzlich entblöst und das Gesicht auf eine scheufsliche Art entstellt
wurde.
Die Ehen der Botocuden sollen zuweilen ziemlich reich an Kindern
seyn, die sie, wenigstens so lange sie klein sind, sehr lieben und mit vieler
Sorgfalt behandeln. Manche Schriftsteller, besonders A Z A R A , haben
uns von den südamerikanischen Völkern die unnatürlichsten Gebräuche
ül3erliefert, von denen man unter den Tapuyas des östlichen Brasiliens,
ob sie gleich noch auf der untersten Culturstufe stehen, keine Spur findet.
Die Guanas{^'^ sollen einige ihrer neugebornen weiblichen Kinder lebendig
begraben; die Botocuden würden bey einem solchen Vorschlage von Abscheu
durchdrungen werden. Von den Mbayas erzählt er, sie brächten
alle ihre männlichen und weiblichen Kinder, bis auf ein Paar, ums
Leben, und die schwangern Weiber liefsen sich von andern mit Fäusten
auf den Leib schlagen, bis das Kind abgehe; auch diese Procedur ist bey
den Botocuden völlig unbekannt und man findet dergleichen unnatürliche
Gebräuche nirgends in ihren Wäldern. Die Guaicurus sollen blos ihr
letztes Kind leben lassen; eben so die Lengoas rnid Machicuys{<^'), auch
sollen die erstem bis auf einen Mann ausgestorben seyn. Wiewohl ich
diese Angaben nicht geradezu für erdichtet erklären kann, so ist mir's
doch sehr wahrscheinlich , dafs sie auf unzulängliche Beobachtungen oder
auf unzuverläfsige Sagen gegründet sind , da ich in den Wäldern des östlichen
Brasiliens unter den rohesten Barbaren, welche nichts dabey fühlen.
(*) AZARA Voyages etc. Vol. II. i>ag. 93. — («) Daselbst pi>g.
— (c) Das. p. 102 und i56.
16. (¿) Das. p. 146,
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