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l 4 4 Heise von S. Pedro cVAlcantara durch die Urwalder
Gewehrschlösser nicht in dem besten Stande, und gaben zum Theil nicht
Feuer; einig-e Schützen fehlten, und unsere Hunde wollten die heftig um
sich beifsenden Thiere nicht angreifen; auf diese Art entkamen die geängstigten
Ottern bis auf eine einzige, welche einer meiner Leute, MANGEL,
mit einem gewaltigen Facao-Hiebe erlegte, als sie über ein Felsstück entfliehen
wollte. Die brasilianischen Fischottern haben ein sehr schönes Fell,
welches aber in diesem Lande bey weitem nicht so sehr geschätzt wird,
als bey uns ein europäischer Otterbalg; sie sind häufig in Süd-Amerika,
und werden sehr grofs, daher mögen sie wohl zuweilen Anlafs zu dem
Glauben an Meer-und Flufsweibchen gegeben haben, deren Existenz selbst
Q U A N D T (Seite 106) und andere Schriftsteller annehmen; glaubt man doch
in unsei^em gebildeten Europa hier und da noch an Seeweibchen und andere
ähnliche Ungeheuer. Da ich nun, nachdem die Hoffnung, auf der
Alclea der Camacans Mais zu erhalten, fehlgeschlagen war, keine Aussicht
hatte meine Thiei-e hier mit besserer Nahrung stärken zu können, so
gab ich am lyten Morgens das Zeichen zum Aufbruche. Unsere beyden
Wilden, die uns nicht mehr weiter begleiten wollten, kehrten nach ihren
Hütten zurück, überliefsen uns aber gegen Messer und andere Kleinigkeiten
ihre Bogen und Pfeile, Bey der starken Hitze dieses Tages fanden wir die
mit Catinga bewachsenen Höhen äufserst trocken, und das Trinkwasser
war sehr selten. Dagegen fanden wir viele Isara-Blkltev, die wir mitnahmen,
um uns davon für die Nacht einen Schirm zu errichten. Nachdem
wir einen We g von etwa 2/, Legoas zurückgelegt hatten, lagerten
wir gegen Abend an einem guten hellen Corrego, und zogen am i8ten
wieder etwa drey Legoas weit fort. Um die Mitte dieses Tages erreichten
wir ein Thal, Buc/ueiräo genannt, angefüllt mit Hochwald, in welchem
ein kleiner ziemlich ausgetrockneter Bach sich dahin schlängelte: seine Ufer,
so wie der ganze Boden des Thaies, waren von mancherley verschieden
gebildeten Farrenkräutern mahlerisch bedeckt. Hier wuchsen viele Arten
R e i s e von S. Pedro d'Alcantara durch die Urwälder i 4 5
der Anemia^ und besonders eine noch unbekannte PterisQ'^, deren sterile
Blätter (//-oniZes steriles) pfeilförmig, die fructificirenden aber von völlig
verschiedener, tief eingeschnittener Bildung sind, so wie viele andere schöne
Arten dieser interessanten Familie. Mein Hühnerhund suchte eifrig in diesem
Gesträuche und brachte plötzlich eine grofse Macuca völlig unversehrt
hervor, welche er wahrscheinlich auf dem Neste erhascht haben mufste.
Zu dieser Jagdbeute gesellten unsere vorangezogenen Jäger noch eine
zweyte Macuca^ einen Gigö und einen Sahele {Tinamus noctivagus').
Der sanfte Berghang, welchen wir aus dem Baqueiräo hinaus zu ersteigen
hatten, wurde einigen unserer abgematteten Maulthiere so schwer, dafs sie
alle Schläge nicht mehr achteten, und weit hinter den übrigen zurückblieben;
sie zerflossen daJ^ey im Schweifs, denn die Hitze war sehr drückend,
und die ganze Luft mit electrischer Materie überfüllt, welche sich durch
eine Menge von Gewittern ins Gleichgewicht zu setzen suchte; auch donnerte
es häufig, als wir zwischen zwey klaren Corre^os, von denen diese
Gegend den Nahmen der Duos Riachos erhalten hat, unser Lager aufschlugen.
Bey dem drohenden Donner, welcher ununterbrochen über den
dunkeln Urwäldern hinrollte, sahen wir mit Besorgnifs der Nacht entgegen,
die wir hier ohne Schutz unter freyem Himmel zubringen sollten. Wir
suchten deshalb tinsern Lagerplatz so gut es möglich war, mit Ochsenhäuten
zu einer Art von Hütte einzurichten, die uns jedoch keinen besonderen
Schutz gegen die Gufsregen der Tropengev\dtter gewährt haben
würde; es fiel jedoch zum Glück kein Regen, und die Gewitterwolken
vertheilten sich. Das Holz, welches wir in der Nähe unseres Lagerplatzes
abhieben , verbreitete einen äufserst aromatischen Zimmetgeruch,
weshalb es von den Brasilianern Canella genannt wird. Blüthen
und Früchte desselben habe ich nicht erhalten können, ohne Zweifel
(*) Herr Professor SCUKADER ZU Göttingen hat diese neue interessante Pflanze Fteris
paradoxa benannt.
xh. II. 19