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l 3 o Reise von S. Pedro d'Alcantara durch die Urwälder
platz, so wie eine andere mit herrlichen lebhaft orangefarbenen Blunien;
lange Cocoswedel dienten uns eine leichte Hütte gegen den Thau zu erbauen.
Um von dem angreifenden Marsche des vergangenen Tages uns zu erholen,
beschränkten wh' uns am gten auf eine kürzere Reise von 3 Legoas,
auf welcher wir in dem dichten Walde eine Menge interessanter Pflanzen
und schöne Blüthen unseren Herbarien einverleibten. Die Wildnifs war
dicht mit dem kleinblättrigen Taqaara-Rohr verflochten ; einige kleine
Coi^regos enthielten klares frisches Wasser, an ihren Ufern blühte die
scharlachfarbige Bignonia. Kleine Hügel und Vertiefungen wechseln hier
beständig ab; auf den Höhen ist der Wald Catinga, in den Thälern findet
man noch Hochwald. Hier erfrischt eine Uebliche Kühlung um so mehr, da
auf den Hügeln der Boden trocken und erhitzt ist. Unsere Jäger ei-legten
an einem kleinen Bache, in der Kühlung eines mit Hochwald erfüllten Thaies
mehrere Alfen, unter anderen den gelbbrüstigen, den wir schon am Belmonle
kennen gelernt hatten, und es fand sich bey näherer Besichtigung,
dafs er durch den Pfeilschufs eines jagenden Wilden noch unlängst verletzt
worden war. In dieser Gegend erreicht man den Corrego da Piahanha^
welchen man für die Gränze angiebt, bis zu welcher etwa die Patachos
von der Seeküste aus streifen; von hier an nach dem inneren Sertamhm
erstreckt sich das Gebiet der Mongoyös oder Cömacan-Indianer. Wir
fanden von nun an an der Nordseite der großen Waldstämme sehr häufig
den gi'öfsten mir in Brasilien vorgekommenen Schmetterling ( - ) [Phalaena
Agripjjina)^ der die Breite von 9 P a r i s e r Zollen erreicht, und auf einem
schmutzig weifsgrauen Grunde mancherley schwärzliche Zeichnungen trägt.
Dieser Schmetterling bringt hier in der Kühlung den Tag hin und vcz^äfst
seinen Aufenthalt in der Abenddämmerung. Um ihn zu fangen, mufste
man sich demselben mit gröfster Vorsicht nähern, und dennoch flog er
uns oft davon; wir ersannen daher ein sicheres Mittel, indem wir den
( * ) Siehe Cramer s Schmetterlinge Vol. I. Tab. 87. Fig. A. undMF.nrA-iy Sur. Ins. Tab. 30.
R e i s e von S. Pedro d'Alcantara durch die Urwälder i 3 i
jungen Botocuden Quäck nahe hinzutreten und denselben mit einem stumpfen
Pfeil schiefsen liefsen, wodurch er betäubt zur Erde fiel. QUÄCK hatte
sich in dieser sonderbaren Art von Jagd eine grofse Fertigkeit erworben.
W i r erreichten nun eine Bergkette (5erra) , in welcher viel Barrigudo}^
o\z und andere starke Stämme wachsen, fanden aber viele umgestürzte
Bäume in der Strafse, welche uns nöthigten einen Pfad durch das
Dickicht zu bahnen, wodurch wir bedeutend aufgehalten wurden. Da wo
Catinga war, beobachteten wir oft colossale Stämme von vier bis fünfechigtem
Cactas , unter andern einen derselben, der 5o bis 60 Fufs hoch
zwischen allen andern Waldbäumen hinaufgewachsen war, und über 2 Fufs
im Durchmesser hielt. Auch andere Arten dieses sonderbaren Pflanzen-
Geschlechts werden oft bedeutend hoch in diesen Tropenwäldern gefunden,
zum Beyspiel der hier sehr gemeine Cactas brasiliensis ^ welchen Piso
auf der igiten Seite abgebildet hat. Unter den zoologischen Gegenständen
dieser Region der Wälder fanden wir häufig in dem feuchten den Boden
bedeckenden Laxibe die gehöi^nte Kröte oder Itannia (Bufo cornutus) von
welchen wir viele noch sehr kleine junge Individuen fiengen, die sich durch
die Lebhaftigkeit ihrer schön glänzend hellgrünen und bräunlichen Zeichnung
vor den ältern sehr auszeichneten ). An einem Baumstamme
ward eine Eidechse gefangen, die unter dem Halse einen grofsen
( * ) Herr Hofrath T i l e s i ü s hat in dem Magazin der Gesellschaft naturforschender Freunde
zu Berlin im 3tcn Jalirgange 1808, Tafel III. die Abbildung dieser Kröte gegeben. Die Zeiclinung
ist ziemlich gut \ allein die Colorirung sehr unrichtig, denn die lebliaft violette und
Orangefarbe habe ich nie an diesen Thicren gefunden. Dennoch ist diese Abbildung von allen,
eiche ich kenne, bey weitem die beste 5 denn alle übrigen, die man bisher in den naturhistorischen
Werken davon gegeben hat, sind wahre Carricaturen. Herr T i l e s i ü s hat seine
Abbildung nach einem weiblichen Thiere gemacht, denn das Männchen ist sehr verschieden
geiärbt.
( * * ) Biese Art ist ein Anolis, welchen ich für neu halte und Anolis gracilis benannt habe
E r hat einige Aehnlichkeit mit Daudins Anolis a points blancs^ von dem er indessen dennoch
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